Neue Austauschregeln sind fernab der Apothekenrealität |
Die auf der Liste aufgeführten Arzneistoffe sind wiederum Grundlage für eine Datenbank von drohenden und bestehenden Lieferengpässen. Diese Datenbank beruht auf Meldungen der Hersteller: Sobald ein Hersteller einen Lieferengpass voraussehen kann und der betroffene Arzneistoff auf der vom Beirat erstellen Liste der versorgungskritischen Arzneistoffe aufgeführt ist, soll der Hersteller die notwendigen Daten in die Datenbank eintragen. (Hier finden Sie die Liste der versorgungskritischen Arzneistoffe, hier finden Sie die Datenbank der gemeldeten Lieferengpässe.)
Allerdings eignen sich weder die Datenbank noch eine laut Referentenentwurf neu geplante »aktuelle Liste der Lieferengpässe bei Arzneimitteln mit versorgungsrelevanten und versorgungskritischen Wirkstoffen« für die Anwendung der vorgesehenen neuen Austauschregeln auf Apothekenebene. Das liegt in erster Linie daran, dass es nicht möglich sein wird, beispielsweise nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel (mit ihren PZN!) tagesaktuell abzubilden und dies Retax-sicher in der Warenwirtschaft abzubilden. Viele Präparate, mit denen es zuletzt massive Probleme gab (beispielsweise Fiebersäfte für Kinder) werden daher weder jetzt noch zukünftig gelistet sein – selbst wenn die Fiebersäfte für Kinder ärztlich verordnet werden können. Bis zum 7. April laufen noch die während der Pandemie gelockerten Abgaberegeln, die für alle Arzneimittel gelten. Beschließt der Bundestag die an die BfArM-Liste gekoppelte Regelung, müssten die Apotheken gerade bei solchen, nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln wieder mehr Arbeitsaufwand einplanen, wenn sie nicht verfügbar sind. Zudem wäre ein Austausch der Darreichungsform, also beispielsweise Zäpfchen statt Saft, nicht möglich.
Denn das ist eine weitere Schwäche der Listen-Regelung: In den Aufführungen sind nur Wirkstoffe gelistet. Eine Unterscheidung in Darreichungsformen gibt es nur in Einzelfällen. Auch dadurch werden nicht lösbare Diskrepanzen zwischen in den Warenwirtschaften der Apotheken gemeldeten Defekten (PZN) und der geführten Engpass-Liste beim BfArM bestehen. Und auch die Aktualität könnte besser sein: Der Lieferengpass-Beirat des BfArM kommt in der Regel einmal pro Quartal zusammen. Im vergangenen Jahr gab es – trotz kritischer Versorgungslage – ganze fünf Treffen (davon zwei Sondersitzungen). Bei der im Referentenentwurf erwähnten möglicherweise neue, aktuelle Liste der Lieferengpässe bleibt offen, wie und von wem diese geführt und aktualisiert werden soll. Ohnehin soll diese nur Kinderarzneimittel beinhalten.