Neuartiges Akne-Medikament kurz vor der Zulassung |
| Daniela Hüttemann |
| 28.08.2025 13:00 Uhr |
Die Creme Winlevi soll zweimal täglich dünn auf die von Akne betroffenen Stellen aufgetragen werden. / © Getty Images/Yuliya
Clascoteron ist laut EMA Vertreter einer neuen Wirkstoffklasse, der Androgen-Rezeptoren lokal in der Haut blockiert. Die Anwendung soll als Creme in einer Konzentration von 10 mg/g erfolgen. Indiziert ist das Präparat mit dem Namen Winlevi® für Erwachsene und Jugendliche ab zwölf Jahren mit Akne vulgaris für die Behandlung im Gesicht.
In vitro hebt Clascoteron die Androgen-Wirkung auf humane Sebozyten auf. Dadurch sollen die Talgproduktion und die Anreicherung von Entzündungsmarkern in der Haut gesenkt werden. In zwei Phase-III-Studien wendeten die Teilnehmenden die Creme über drei Monate zweimal täglich an. 19,5 Prozent erreichten auf einer Skala mit fünf Punkten einen Score von 0 (reine Haut) oder 1 (beinahe reine Haut). Unter dem wirkstofffreien Vehikel waren es nur 7,7 Prozent. Dabei lag die Erfolgsrate bei Patienten mit zuvor moderater Akne (Basiswert 3) bei 18,9 Prozent (versus 6,6 Prozent) und bei schwerer Akne (Basiswert 4) bei 10,4 Prozent (versus 1,8 Prozent).
Die häufigsten Nebenwirkungen waren lokale Hautreaktionen wie Erytheme, Trockenheit, Hautabschälungen, Juckreiz und ein stechendes oder brennendes Gefühl.
Für Clascoteron war es der zweite Anlauf: Noch im April hatte der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA den Zulassungsantrag für Winlevi abgelehnt. Es bestehe das Risiko, dass der Wirkstoff in das Blut aufgenommen wird und die Funktion des Hypothalamus, der Hypophyse im Gehirn sowie der Nebennieren unterdrückt. »Die Unterdrückung dieser Organe (sogenannte HPA-Achsen-Suppression) könnte zu Wachstumsstörungen und einer beeinträchtigten Geschlechtsreife führen, was bei Jugendlichen ein großes Problem darstellt«, fürchtete die EMA.
Die anfangs vorgelegten Daten und vorgeschlagenen Maßnahmen zur Risikominimierung reichten der Behörde nicht aus, um das Arzneimittel für Patienten im Alter von zwölf bis unter 18 Jahren zur Zulassung zu empfehlen.
Hersteller Cassiopea schlug daraufhin weitere Maßnahmen zur Risikoreduktion vor. Vergangene Woche kam der CHMP nun zu dem Schluss, dass unter Beachtung dieser Maßnahmen der Nutzen die Risiken überwiege. Dazu gehören eine Limitierung der Dosis, die Anwendung ausschließlich im Gesicht, ein Monitoring der Behandlung und die Bereitstellung von Schulungsmaterial für die Heilberufe. Auf Arztpraxen und Apotheken könnte damit eine besondere Beratungspflicht zukommen. Winlevi darf nur von Ärztinnen und Ärzten mit Erfahrung in der Diagnose und Therapie von Akne vulgaris verschrieben werden.
Nun muss noch die Europäische Kommission über die Zulassung entscheiden, die jedoch in der Regel dem Votum der EMA folgt. In den USA ist das Präparat bereits seit 2020 zugelassen. Laut einem Sicherheitsreview der US-Arzneimittelbehörde FDA aus dem Jahr 2022 traten bislang keine Sicherheitssignale auf. Dort wird den Anwendenden empfohlen, bei Symptomen wie Dunkelwerden der Haut, Durchfall, Benommenheit, Ohnmacht, Appetitverlust, Depression, Übelkeit und Erbrechen, Hautausschlag, ungewöhnlicher Müdigkeit oder Schwäche direkt ihren Arzt aufzusuchen.