Nemolizumab im Handel |
Sven Siebenand |
03.04.2025 07:00 Uhr |
Die empfohlene Dosis von Nemolizumab bei AD sind 60 mg (zwei 30-mg-Injektionen) als Anfangsdosis, gefolgt von 30 mg alle vier Wochen. Nach 16 Behandlungswochen beträgt die empfohlene Erhaltungsdosis für Patienten, die auf die Therapie angesprochen haben, 30 mg alle acht Wochen. Nemolizumab kann dabei mit oder ohne topische Corticoide angewendet werden. Topische Calcineurin-Inhibitoren können auch angewendet werden, sollten aber nur auf Problemzonen wie Gesicht, Hals, intertriginöse Bereiche und den Genitalbereich beschränkt bleiben.
PN-Patienten mit einem Körpergewicht unter 90 kg wird zu einer Anfangsdosis von 60 mg (zwei 30-mg-Injektionen) geraten, gefolgt von 30 mg alle vier Wochen. Die empfohlene Dosis für Patienten mit einem Gewicht ab 90 kg ist eine Anfangsdosis von 60 mg (zwei 30-mg-Injektionen), gefolgt von 60 mg alle vier Wochen.
Die subkutane Injektion sollte jeweils oben vorne in den Oberschenkel oder in den Bauch erfolgen, wobei ein Bereich von 5 cm um den Bauchnabel auszusparen ist. Nach einer entsprechenden Schulung können sich die Patienten das Medikament auch selbst verabreichen. Apotheker können bei der Abgabe von Nemluvio dazu raten, es nicht in Hautbereiche zu injizieren, die schmerzempfindlich, entzündet, geschwollen oder geschädigt sind. Auch in blaue Flecken, Narben oder offene Wunden darf nicht gespritzt werden. Die Injektionsstelle sollte bei jeder Gabe gewechselt werden.
Die häufigsten Nebenwirkungen bei AD und PN sind Typ-I-Überempfindlichkeitsreaktionen (1,1 Prozent) und Reaktionen an der Injektionsstelle (1,2 Prozent). Weitere Nebenwirkungen wie Kopfschmerz (7,0 Prozent) und Ekzem (3,8 Prozent) wurden bei PN berichtet. Lebendimpfstoffe sollen nicht gleichzeitig mit Nemolizumab verabreicht werden.
Einen gesonderten Warnhinweis gibt es in der Fachinformation zum Thema »Verschlechterung des Asthmas«. Obwohl Asthmapatienten mit bestehenden Risikofaktoren für eine Exazerbation von den Studien ausgeschlossen waren, wurde bei Studienteilnehmern mit PN und vorbestehendem Asthma nach Beginn der Behandlung mit Nemolizumab über eine leichte bis mittelschwere Verschlechterung des Asthmas berichtet. Dies war häufiger bei Patienten mit einem Körpergewicht von mehr als 90 kg, die alle vier Wochen 60 mg Nemolizumab erhielten, im Vergleich zu Patienten mit einem Körpergewicht unter 90 kg, die alle vier Wochen 30 mg Nemolizumab injizierten.
Aus Vorsichtsgründen soll eine Anwendung des neuen Antikörpers bei Schwangeren vermieden werden. In den ersten Tagen nach der Geburt kann es zu einer Übertragung von IgG-Antikörpern auf das Neugeborene über die Muttermilch kommen. In diesem Zeitraum kann ein Risiko für das gestillte Kind deshalb nicht ausgeschlossen werden. Danach könnte Nemolizumab während der Stillzeit angewendet werden, wenn dies aus klinischer Sicht notwendig ist.
Nemluvio wird im Kühlschrank bei 2 bis 8 °C gelagert, sollte aber 30 bis 45 Minuten vor der Rekonstitution aus dem Kühlschrank genommen und bei Raumtemperatur verabreicht werden.
Mit Nemolizumab ist ein erster IL-31-Rezeptorantikörper im Handel. Der Wirkstoff ist damit ein First-in-Class-Wirkstoff und muss schon aufgrund seines Targets als Sprunginnovation bezeichnet werden. Die Bezeichnung »Juckreiz-Zytokin« für IL-31 wird dem Interleukin nur teilweise gerecht. Denn einerseits fördert es den Pruritus, andererseits aber auch Entzündungsprozesse. Tatsächlich ist für viele Betroffene mit atopischer Dermatitis oder Prurigo nodularis der Juckreiz das belastendste Symptom der Erkrankung. Insofern passt die rheinische Redensart »Jöck es schlemme wi Ping« – auf Hochdeutsch: Juckreiz ist schlimmer als Schmerz – gut.
Dass es sinnvoll ist, die IL-31-Signalgebung auszubremsen, zeigen die ARCADIA- und OLYMPIA-Studien. Der Hautzustand der Teilnehmer in der Antikörper-Gruppe verbesserte sich und der Juckreiz ließ sich dank Nemolizumab deutlich reduzieren. Hervorzuheben ist auch das sehr schnelle Ansprechen von Nemolizumab in beiden zugelassenen Anwendungsgebieten.
Auch der Antikörper Dupilumab ist unter anderem auch bei atopischer Dermatitis und Prurigo nodularis zugelassen. Er wäre damit ein geeigneter Kandidat für einen direkten Vergleich mit Nemolizumab. Dass es eine solche Studie geben wird, ist leider eher unwahrscheinlich. Daher muss man nun auf weitere Langzeitdaten warten und auf Registerdaten hoffen, um eines Tages vielleicht entscheiden zu können, welcher Antikörper bei welchem Patienten zum Einsatz kommen sollte.
Zukünftig könnten auch für Nemolizumab weitere Indikationen hinzukommen, insbesondere dermatologische. So laufen bereits Studien zum Einsatz bei Kindern und Kleinkindern mit atopischer Dermatitis.
Sven Siebenand, Chefredakteur