Negatives bleibt mehr im Kopf als Positives |
Menschen neigen dazu, sich von negativen Ereignissen und Emotionen stärker beeinflussen zu lassen als von positiven. / © Getty Images/Israel Sebastian
Manchmal ist es schwer, all die dunklen Nachrichten des vergangenen Jahres zu verarbeiten. In der Ukraine, im Nahen Osten und an vielen anderen Orten tobten und toben Kriege, die zerstrittene deutsche Bundesregierung zerbrach, in vielen Ländern verwüsteten Jahrhunderthochwasser das Land, beim Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt starben Menschen und bei Abstürzen von Passagierflugzeugen gab es zahlreiche Todesfälle.
All das bleibt im Gedächtnis. Viel eher als die Milliarden Menschen, die sich tagtäglich friedlich begegneten. Oder die unzähligen Flugzeuge, die sicher landeten. Oder auch die guten Nachrichten, etwa dass die Abholzung im Amazonas zurückging oder Deutschland die Fußball-EM im eigenen Land feierte.
Was für das Weltgeschehen gilt, gilt auch im Privaten: Negatives bleibt mehr im Kopf als Positives. Man erinnert sich eher an die eine negative Bemerkung zur neuen Frisur als an die vielen positiven Kommentare dazu.
»Während uns ein Wort der Kritik zu vernichten vermag, kann es uns durchaus kaltlassen, wenn uns jemand mit Lob überhäuft. Wir sehen das eine feindselige Gesicht in der Menge, während uns so manches freundliche Lächeln entgeht«, schreiben der US-amerikanische Sozialpsychologe Roy Baumeister und der ebenfalls amerikanische Wissenschaftsjournalist John Tierney in ihrem 2019 erschienenen Buch »Die Macht des Schlechten«.
Schon ein einziges stark negatives Erlebnis könne ein lebenslanges Trauma auslösen, ein Pendant dazu im Positiven existiere nicht, schreiben die beiden. All das nennen sie »Negativitätseffekt« oder »Negativitätsdominanz«, im Englischen »Negativity Bias«. Baumeister und Tierney bezeichnen das Phänomen in ihrem Buch auch als »verzerrende Macht des Negativen« und beschreiben es als »menschliche Neigung, sich von negativen Ereignissen und Emotionen stärker beeinflussen zu lassen als von positiven«.
Die Psychologen Lucas LaFreniere und Michelle Newman zeigten 2020 in einer Studie, dass die Menge der negativen Emotionen in Menschen in der Regel unverhältnismäßig hoch ist. Mehr als 90 Prozent der Sorgen, die sich Menschen täglich machen, seien völlig nutzlos – denn die Probleme, um die sie kreisen, träten niemals ein.