Die Nebenwirkungen einer Chemotherapie können zunächst banal wirken, aber auf eine schwerwiegende Komplikation hinweisen, zum Beispiel Husten auf eine Lungenembolie. / © Getty Images/pocketlight
Mit 150 neuen Krebsmedikamenten, die nichts mit Chemotherapie zu tun haben, gehen viele Einsatzmöglichkeiten einher. »Behandelt werden die meisten Patientinnen und Patienten mit einer individualisierten und zielgerichteten Therapie. Deshalb wird der Beratungsbedarf in den Apotheken in den nächsten Jahren wachsen, auch wegen der komplexen Nebenwirkungen«, sagte Professor Dr. Yon-Dschun Ko, Chefarzt im Johanniter-Krankenhaus Bonn, beim Fortbildungskongress Pharmacon der Bundesapothekerkammer in Schladming.
Die Beratung in der Apotheke sei besonders wichtig, weil Patienten die unerwünschten Arzneimittelwirkungen mitunter unterschätzten. Nebenwirkungen, die häufig auftreten, aber nicht bedrohlich sind, wie Kopfschmerzen, Juckreiz oder Durchfall, führten häufig zum Gang in die Apotheke.
Das größte Problem seien die Nebenwirkungen, die selten, aber tödlich sind, sagte Ko und verdeutlichte dies am Beispiel Abemaciclib, einem CDK4/6-Inhibitor, der in Kombination mit endokriner Therapie zur Behandlung von HER-2-negativem Brustkrebs eingesetzt wird. Hier können als Komplikationen venöse Thromboembolie und Pneumonitis auftreten, was sich zunächst durch unspezifische Symptome wie Husten, Schlappheit und Fieber bemerkbar macht. Hier müsse direkt an einen Arzt verwiesen werden.
»An Krebs erkranken vorwiegend ältere Menschen, die mitunter auch von kognitiven Einschränkungen betroffen sind. Sie fühlen sich durch ein komplexes Therapieregime meiner Erfahrung nach oft überfordert. Sie profitieren besonders von professionellen Teams aus Ärztinnen und Ärzten einerseits und Apothekerinnen und Apothekern andererseits«, sagte Ko.
Um schwerwiegende Nebenwirkungen zu vermeiden, sollten Patienten engmaschig überwacht werden. »Wir brauchen ein Remote Patient Monitoring«, sagte Ko. Die Johanniter-Kliniken Bonn arbeiten derzeit an einem solchen Digital-Projekt zur Fernbetreuung von hämatologischen und onkologischen Patientinnen und Patienten. Hier werden unter anderem die Vitalparameter sowie Beschwerden und Nebenwirkungen täglich digital abgefragt. Auch Apotheken sind eingebunden: Ein- bis zweimal pro Woche werden wohnortnah die Blutwerte erhoben. Darüber hinaus können Apotheken Patienten unter oraler Krebstherapie eine strukturierte Beratung im Rahmen einer pharmazeutischen Dienstleistung anbieten.