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Prophylaktisches Nasenspray

Nanobody-Aerosol gegen Coronaviren

Es klingt zu schön, um wahr zu sein: Ein Nasenspray oder Inhalator einmal täglich angewendet, soll den Körper vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 schützen. Was ist das für ein Wirkstoff und wie funktioniert die Technologie von AeroNabs?
AutorKontaktDaniela Hüttemann
Datum 17.08.2020  17:00 Uhr

Ein Forscherteam der University of California in San Francisco (UCSF) um den Studenten Michael Schoof hat ein synthetisches Molekül im Nanoformat entwickelt, das per Nasenspray oder Inhalator angewendet werden soll, um Coronaviren in den Atemwegen zu neutralisieren, bevor sie die Zellen infizieren. Auf dem Preprint-Server »BioRxiv« berichteten die Wissenschaftler vergangene Woche, der von ihnen entwickelte trivalente Nanobody gehöre zu den potentesten antiviralen Substanzen gegen SARS-CoV-2, die man bislang gefunden hat – zumindest in Zellversuchen.

Bereits seit Längerem wird in der Forschung und Entwicklung mit Nanobodies gearbeitet. Diese Moleküle sind natürlicher Teil der Immunabwehr von Lamas, Kamelen und anderen verwandten Tieren und wurden in den 1980er-Jahren entdeckt. »Obwohl sie ähnlich wie die im menschlichen Immunsystem gefundenen Antikörper funktionieren, bieten Nanobodies eine Reihe einzigartiger Vorteile für wirksame Therapeutika gegen SARS-CoV-2«, erklärt Mitentwickler Dr. Aashish Manglik, Assistenzprofessor für pharmazeutische Chemie. 

Da Nanobodies deutlich kleiner sind als humane Antikörper, lassen sie sich im Labor leichter modifizieren. Sie sind nicht nur stabiler, sondern auch einfacher und kostengünstiger herzustellen. Sie können ähnlich wie andere kleinere Proteine, zum Beispiel Insulin, in E.-coli- oder Hefezellen produziert werden.

Das interdisziplinäre Team aus San Francisco screente eine Bibliothek mit mehr als zwei Milliarden künstlich hergestellten Nanobodies auf ihre Hemmwirkung gegen das Spike-Protein von SARS-CoV-2. Sie optimierten die vielversprechendsten Kandidaten durch Austausch von Aminosäuren. Anschließend testeten sie diese in Zellmodellen auf ihre antivirale Aktivität.

Dreier-Abwehrkette mit doppelter Wirkung

Am effektivsten war das Molekül mit dem Kürzel mNB6-tri, bei dem drei verschiedene Nanobodies miteinander verbunden sind. Jeder von ihnen bindet spezifisch an eine Rezeptorbindedomäne (RBD) des homotrimeren Spike-Proteins. Bindet ein Teil des Nanobodies an eine RBD, setzen sich die anderen beiden automatisch an die beiden verbleibenden RBD des Spike-Proteins. Sie legen sich gewissermaßen »wie eine Decke über den Schlüssel«, den das Virus braucht, um über den menschlichen ACE2-Rezeptor als Schloss in die Zelle zu gelangen, heißt es in der Pressemitteilung der Universität. Darüber hinaus können sie das Spike-Protein in seiner inaktiven Konformation festhalten, sodass es nicht mehr den ACE2-Rezeptor binden kann.

Die Affinität zum Spike-Protein habe in einem Assay im femtomolaren Bereich und die Neutralisation einer SARS-CoV-2-Infektion im picomolaren Bereich gelegen. Das bedeutet, dass extrem wenig Wirkstoff nötig ist, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Der trivalente Nanobody sei dabei 200.000-mal potenter als einer der drei einzelnen Nanobodies allein. 

mNB6-tri sei zudem sehr stabil. Die Forscher konnten ein Lyophilisat daraus herstellen. Dies ermöglicht eine Applikation als Aerosol, was mit normalen Antikörpern bislang technologisch nicht möglich ist. Die Forscher nennen ihre Formulierung »AeroNabs« – und sind bereits in Verhandlungen mit Firmen, um möglichst schnell mit der Produktion zu starten und klinische Studien zu beginnen. AeroNabs soll als einfach zu handhabendes und preisgünstiges Medikament auf den Markt kommen.

Schneller verfügbar als ein Impfstoff?

Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg, denn bislang wurde ein entsprechendes Nasenspray oder Aerosol noch nicht einmal an Tieren getestet. Es verwundert daher, dass die Forscher ihre Entwicklung bereits als Notlösung zum Schutz vor SARS-CoV-2-Infektionen sehen, solange kein Impfstoff zur Verfügung steht. Dabei sind die Vakzinen schon deutlich weiter in ihrer Entwicklung.

»Wir sehen AeroNabs als molekulare und weit wirksamere Form der persönlichen Schutzausrüstung«, so der deutsch-amerikanische Miterfinder Dr. Peter Walter, Professor für Biochemie und Biophysik an der UCSF und Forscher am Howard Hughes Medical Institute. »Für diejenigen, die keinen Zugang zu SARS-CoV-2-Impfstoffen haben oder nicht darauf reagieren, könnte AeroNabs eine dauerhaftere Verteidigungslinie gegen Covid-19 sein.« Im Video der Universität wird sogar eine mögliche Anwendung als OTC-Präparat ins Spiel gebracht. Das dürften die europäischen Zulassungsbehörden strenger sehen.

Manche Forscher sehen die Ankündigungen so auch kritisch. »Bevor dieser Ansatz verfügbar ist, ist die Pandemie vorbei«, sagte Professor Dr. Mathias Pletz, Direktor des Instituts für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene am Uniklinikum Jena, gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Seiner Einschätzung nach dürfte es mindestens fünf Jahre bis zu einem möglichen Einsatz dauern, wenn geltende wissenschaftliche Standards eingehalten werden. Die UCSF dagegen spricht von wenigen Monaten.

Auch Professor Dr. Roland Stauber, Nanopartikel-Experte an der Uniklinik Mainz, betonte gegenüber dpa, dass es noch keine aussagekräftigen Studien beispielsweise an Tieren gibt. Das sei der Punkt, an dem sich die Realität von interessanten Ansätzen trenne.

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