Myokarditis bei jungen Patienten nach Covid-19-Impfung |
Theo Dingermann |
24.09.2024 15:45 Uhr |
Bei einigen jungen Patienten hatte eine mRNA-basierte Covid-19-Impfung eine Myokarditis nach sich gezogen. Angesichts der ungewissen langfristigen Folgen der Myokardschädigung sollten sie weiter überwacht werden. / Foto: Adobe Stock/vegefox.com
Bereits früh nach Einführung der mRNA-Impfstoffe zum Schutz vor schweren Covid-19-Verläufen wurde ein erhöhtes Risiko für eine Myokarditis vor allem bei jungen Männern erkennbar. Dieses Risiko war absolut betrachtet so gering und in den meisten Fälle transient, dass es nicht die positive Nutzen-Risiko-Bewertung der Impfstoffe infrage stellte. Dennoch wurden Programme aufgelegt, um den Verlauf der impfstoffinduzierten Erkrankung zu erfassen.
Eine Gruppe, die dieser Frage nachging, war das Studiennetzwerk »Myocarditis After Covid Vaccination (MACiV)«, zu dem sich pädiatrische Kardiologen und Experten für kardiovaskuläre Magnetresonanz (CMR) aus 38 US-Institutionen zusammengeschlossen hatten. Diese Gruppe veröffentlichte jetzt die Ergebnisse einer Längsschnittstudie im Wissenschaftsjournal »eClinical Medicine«.
Eingeschlossen in die Studie waren 333 Patienten im Alter von ≤ 30 Jahren mit einer klinischen Diagnose einer akuten Myokarditis nach einer Covid-19-Impfung (C-VAM-Patienten) mit einem mRNA-Impfstoff. In der großen Mehrzahl waren die Patienten mit dem Impfstoff der Firmen Biontech und Pfizer geimpft worden.
Die Forschenden werteten die demografischen Daten, die Krankengeschichte, den Krankenhausverlauf, diagnostische biochemische und kardiovaskuläre Bildgebungsdaten und Nachsorgeinformationen von April 2021 bis November 2022 aus.
Für ihre Auswertung bildeten die Forschenden zwei Altersgruppen mit jüngeren Patienten zwischen 5 und 15 Jahren und älteren Patienten zwischen 16 und 30 Jahren. Als Kontrollgruppe wählten sie 100 Patienten, die an einem Multisystem-Inflammatorischen-Syndrom (MIS-C-Patienten) erkrankt waren. Das MIS-C ist eine seltene, aber schwere Komplikation von Covid-19 bei Kindern, bei der es häufig auch zu einer kardialen Manifestation kommt.
Primärer Endpunkt war das Vorhandensein einer bestimmten Auffälligkeit in der kardialen myokardialen Magnetresonanztomografie, eine LGE (Late Gadolinium Enhancement) bei der Erstvorstellung. Diese wird zunehmend zur Charakterisierung akuter Myokardverletzungen und chronischer Vernarbungen bei Myokarditis im Kindesalter eingesetzt.
Zu den sekundären Endpunkten gehörten die folgenden Variablen während der Nachsorge: Vorhandensein von myokardialer LGE, Vorhandensein von kardiovaskulären Symptomen wie Brustschmerzen, Herzklopfen, Kurzatmigkeit, Ohnmacht, ventrikuläre oder supraventrikuläre Tachykardien, häufige vorzeitige ventrikuläre Kontraktionen, AV-Block zweiten oder dritten Grades, linksventrikuläre Ejektionsfraktion (LVEF) <55 Prozent im Echokardiogramm, Warteliste für eine Herztransplantation, erneute Krankenhauseinweisung und/oder Tod aufgrund von Herzproblemen.
Die wichtigsten Ergebnisse der Studie zeigten, dass der anfängliche klinische Verlauf von C-VAM zwar oft mild war, wobei eine große Mehrheit (96 Prozent) unter Brustschmerzen und erhöhten Troponin-Werten litt. In der Mehrzahl der Fälle (82 Prozent) ließ sich ein Myokardschaden durch eine LGE in der kardialen MRT nachweisen. Ältere männliche Teilnehmer waren vermehrt betroffen, ebenso Personen, die ihre erste oder zweite Dosis des mRNA-Impfstoffs erhielten, verglichen mit Personen, deren Immunstatus aufgefrischt wurde.
Im Gegensatz zu MIS-C-Patienten, die häufig eine intensivmedizinische Behandlung benötigten und höhere Werte an Entzündungsmarkern aufwiesen, hatten C-VAM-Patienten höhere Spiegel an Markern für einen Myokardschaden.
Langfristig zeigten die klinischen Ergebnisse für C-VAM einen positiven Verlauf. Über einen mittleren Nachbeobachtungszeitraum von etwa 178 Tagen wurden keine kardialen Todesfälle oder die Notwendigkeit von Herztransplantationen gemeldet. Trotzdem bestand bei 60 Prozent der Patienten, die nachuntersucht wurden, weiterhin eine LGE, was die Notwendigkeit einer fortlaufenden klinischen Überwachung unterstreicht.
Diese vergleichende Analyse von MIS-C- mit C-VAM-Patienten zeigt, dass bei Letzteren eine Herzfunktionsstörung deutlich weniger wahrscheinlich war als bei MIS-C in Folge einer Infektion mit SARS-CoV-2. Dennoch kann es auch nach einer Impfung mit mRNA-Impfstoffen in seltenen Fällen zu einer signifikanten Myokardschädigung kommen, die der einer viralen Myokarditis ähnelt. Angesichts der ungewissen langfristigen Folgen dieser Myokardschädigung empfehlen die Forschenden eine fortgesetzte Überwachung.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.