Mücken verteilen Lebendimpfstoff |
Theo Dingermann |
02.12.2024 18:00 Uhr |
Aus diesem Grund entwickelte ein Team von Forschenden um Dr. Olivia A. C. Lamers von der Universität Leiden in den Niederlanden eine alternative Mutante. Bei dieser GA2-Variante wurde ein anderes Gen, nämlich das mei2-Gen entfernt (PfΔmei2). Durch den Verlust dieses Gens kann die Entwicklung in der Leber ebenfalls nicht vollständig durchlaufen werden, sodass auch diese Parasiten keine infektiösen exoerythrozytären Merozoiten bilden können und ein Übergang zur asexuellen Blutstadiumsinfektion verhindert wird.
Allerdings stellen im Gegensatz zu den GA1-Mutanten die GA2-Varianten ihre Entwicklung in der Leber erst nach sechs Tagen ein, weshalb das Immunsystem über einen längeren Zeitraum trainiert werden kann. Das Team der Universität Leiden testete die GA2-Variante jetzt in einer kleinen Pilotstudie an freiwilligen Probanden. Die Ergebnisse ihrer Arbeit publizierten die Forschenden im »New England Journal of Medicine«.
Die Impfung in dieser Untersuchung war ungewöhnlich: Jeder Proband wurde zu drei Zeitpunkten im Abstand von jeweils 28 Tagen 50-mal von Mücken gestochen. Die Mücken trugen entweder eine der beiden Varianten GA1 beziehungsweise GA2 oder sie enthielten keine Plasmodien (Placebogruppe). Diese Art der Immunisierung imitiert eine natürliche Infektion und ermöglicht so am besten die Beurteilung der initiierten Immunreaktionen. Drei Wochen nach der letzten Immunisierung wurden die Probanden unter kontrollierten Bedingungen durch fünf Stiche von Mücken infiziert, die nicht attenuierte P. falciparum enthielten. Als infiziert galten Probanden, bei denen mehr als 100 Parasiten pro ml Blut nachgewiesen wurden.
50 Mal mussten sich Probanden für eine Immunisierung von infizierten Mücken stechen lassen. / © CDC/James Gathany
Der GA2-Parasit zeigte eine bemerkenswerte Schutzrate gegen eine Malariainfektion bei acht von neun Probanden (89 Prozent). Unter den Probanden, die mit dem GA1-Impfstoff behandelt worden waren, war nur einer von acht geschützt, was die bekannte Wirksamkeit von etwa 13 Prozent bestätigte. Bei den drei Probanden aus der Placebogruppe entwickelte sich keine Schutzwirkung.
Die Immunisierung mit GA2 führte zu robusten Immunreaktionen, die durch erhöhte Antikörperspiegel und spezifische T-Zell-Reaktionen gekennzeichnet waren. Insbesondere kam es zu einem Anstieg der polyfunktionalen CD4+-T-Zellen und bestimmter γδ-T-Zellen, die auf eine verstärkte Malaria-Immunität hinweisen. Zudem beobachteten die Forschenden starke proinflammatorische Reaktionen nach einer GA2-Exposition.
Die Behandlung wurde in allen drei Gruppen ähnlich gut vertragen. Es traten lediglich leichte Reaktionen wie Erytheme und Juckreiz an den Stellen der Mückenstiche auf. Schwere Nebenwirkungen wurden nicht berichtet. Zudem kam es auch zu keiner Durchbruchinfektion nach der Immunisierung.
Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass genetisch attenuierte Sporozoiten wie GA2 aufgrund ihrer hohen Schutzwirkung und ihrer Fähigkeit, starke Immunreaktionen hervorzurufen, eine vielversprechende Malaria-Impfstrategie darstellen. Es sind jedoch weitere Forschungsarbeiten erforderlich, um diese Ergebnisse in größeren Populationen zu bestätigen. Vor allem müssten die Untersuchungen in Endemiegebieten wiederholt werden, um die Schutzdauer und die Wirksamkeit der Impfung gegen verschiedene Erregerstämme zu testen. Frühere Studien hätten gezeigt, dass die gleichzeitige Verabreichung von Parasiten mit Chemoprophylaxe einen Schutz von bis zu 28 Monaten nach der Immunisierung und gegen verschiedene P.-falciparum-Stämme bewirken kann, schreiben die Autoren.