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Von Corona bis Grippe

mRNA-Cocktail zur universellen Virusabwehr

Ein Forschungsteam aus  New York hat ein mRNA-basiertes antivirales Konzept vorgestellt, das auf einer Kombination von zehn Interferon-stimulierten Genen beruht. In präklinischen Modellen zeigte es eine breite antivirale Wirkung – und könnte langfristig den Weg zum universellen Virusmittel weisen.
AutorKontaktTheo Dingermann
Datum 19.08.2025  16:00 Uhr

Die Typ-I-Interferon-(IFN-I-)Antwort ist eine Signalkaskade, die eine wichtige Rolle bei der Virenabwehr spielt. Dabei aktivieren Typ-I-Interferone eine Reihe von Genen, die sogenannten IFN-I-stimulierten Gene (ISG). Einige von diesen drosseln die IFN-I-Antwort und damit die antivirale Reaktion, um Entzündungen zu kontrollieren. Ein solcher negativer Regulator ist ISG15. Zellen von Menschen mit einem ISG15-Mangel weisen eine konstante IFN-I-Antwort auf und können Virusinfektionen in vitro kontrollieren.

Das inspirierte ein Forschungsteam um Dr. Yemsratch T. Akalu, Dr. Roosheel S. Patel und Professor Dr. Justin Taft von der Columbia University in New York dazu, eine Methode zu entwickeln, die einen ISG15-Mangel nachahmt. Laut einer aktuellen Publikation im Fachjournal »Science Translational Medicine« identifizierten die Forschenden eine Gruppe von zehn ISG, die im Wesentlichen das breite antivirale Programm des IFN-I-Systems repräsentieren. Werden Zellen mit diesen zehn Genen ausgestattet, sind sie gegen verschiedene Viren resistent.

Zunächst untersuchten die Forschenden hierfür, inwieweit einzelne ISG antivirale Effekte gegen RNA-Viren zeigen. Mechanistisch greifen die zehn Genprodukte an unterschiedlichen Punkten des viralen Lebenszyklus an: Sie hemmen Virus-Eintrittswege, stören die RNA-Replikation, blockieren den Zusammenbau der Viren oder induzieren antivirale Stoffwechselprodukte. Da einzelne ISG nur virusspezifisch reagieren, kombinierten die Autoren sie. Das Team entwickelte einen Cocktail aus zehn modifizierten mRNA-Molekülen (modISG10), die für ISG codieren. In modISG10 sind die mRNA-Moleküle in Lipidnanopartikel so verpackt, dass alle zehn zu gleichen Teilen vorkommen.

Die Strategie, Zellen direkt mit den ISG auszustatten, ermöglichte eine hohe Proteinexpression ohne Induktion unspezifischer Interferonantworten oder einer negativen Regulation – ein entscheidender Unterschied zu einer direkten therapeutischen IFN-I-Gabe, die oft mit starken Nebenwirkungen verbunden ist.

mRNA-Cocktail in Tierversuchen wirksam

Das Team testete die Methode zunächst in Zellkulturen: Die transiente Expression des ISG-Cocktails in verschiedenen Zelltypen reduzierte die Infektionen mit dem Vesicular-Stomatitis-Virus (VSV), dem Influenza-A-Virus H5N1 (IVA) und dem Zikavirus (ZIKV) sowie dem West-Nil-Virus und SARS-CoV-2, wobei einzelne ISG allein keine vergleichbare Schutzwirkung erzielten.

Auch bei Tieren war der Cocktail wirksam. In einem Influenza-Mausmodell reduzierte eine prophylaktische intranasale oder intratracheale Gabe von modISG10 die Viruslast. Sie verbesserte aber bei einer letalen Virusdosis die Überlebensrate nicht. Dies führen die Forschenden darauf zurück, dass das Lungengewebe nicht ausreichend transfiziert werden konnte.

Erfolgreicher war die Anwendung im SARS-CoV-2-Hamstermodell. Hier führte die intranasale Gabe zu hoher vorübergehender Expression der ISG im Lungengewebe und zu einer reduzierten Viruslast nach gezielter Infektion mit dem Coronavirus. Gleichzeitig erlitten die Tiere nur einen moderaten Gewichtsverlust und milde Lungenschäden. Transkriptomanalysen bestätigten, dass die virale RNA abnahm und die Wirtsgenexpression sich im Sinne einer antiviralen Antwort veränderte.

Schlussfolgerungen und Perspektiven

Der Ansatz befindet sich noch in einer sehr vorläufigen, experimentellen Phase. Allerdings liefern die Forschenden den konzeptionellen Nachweis, dass eine gezielte Auswahl antiviraler Effektorgene zu einer synergistischen Breitbandwirkung führen kann.

Das Ziel ist, das modISG10-System zu einem flexiblen, universell einsetzbaren antiviralen Ansatz weiterzuentwickeln, der Viren bekämpfen kann, ohne die unerwünschten entzündlichen Nebenwirkungen einer vollständigen IFN-I-Antwort auszulösen. Entscheidend wird dabei auch sein, die mRNA in ausreichend hoher Menge genau in die Zellen zu bringen, die von den Viren befallen werden. Das Präparat wäre dann gegen eine ganze Reihe von Viren und auch gegen neu auftretende Viren – etwa bei zukünftigen Pandemien – wirksam.

»Die Forschung hebt das Potenzial der mRNA-Technologie jenseits von Impfstoffen hervor«, kommentiert Professor Dr. Aris Katzourakis von der Universität Oxford in einem Artikel zu der Publikation auf der News-Plattform »New Scientist«. Allerdings werde der derzeitige Kurs in den USA bezüglich mRNA-Impfstoffen den Fortschritt auf dem Gebiet sicherlich – und tragischerweise – verlangsamen. US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. hatte vor zwei Wochen Gelder für die Arbeit an mRNA-Impfstoffen gestrichen und auf »bessere Lösungen« verwiesen. Das wird erhebliche Folgen für die Forschung haben.

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