Mögliche Innovationen in 2024 |
| Sven Siebenand |
| 29.12.2023 16:30 Uhr |
Seit mehr als 40 Jahren ist das HI-Virus bekannt. Bedarf an neuen Medikamenten für HIV-infizierte Menschen besteht nach wie vor. 2024 könnte mit Lenacapavir ein Neuling auf den Markt kommen. / Foto: Adobe Stock/nito
Bereits im Jahr 2022 hat die EU-Kommission einen ersten Vertreter einer neuen Klasse von HIV-Medikamenten zugelassen. Möglicherweise kommt Lenacapavir (Sunlenca®, Gilead) 2024 auch in Deutschland in den Handel.
Lenacapavir stört die Funktion des Kapsids von HI-Viren. Für die Virusreplikation ist ein intaktes Kapsid essenziell. Lenacapavir bindet an die Monomere des Kapsids und stört so dessen Funktion. Zugelassen ist der Wirkstoff in Kombination mit anderen antiretroviralen Arzneistoffen zur Behandlung von Erwachsenen mit einer multiresistenten HIV-1-Infektion, wenn kein anderes supprimierendes antivirales Regime zusammengestellt werden kann.
Nach einer zweiwöchigen Einleitungsphase mit Tabletten wird Lenacapavir an Tag 15 subkutan injiziert. Die nächsten Gaben müssen dann nur noch alle 26 Wochen einmalig subkutan erfolgen. Die Injektionen werden jeweils von medizinischem Fachpersonal verabreicht.

Teil 2 des sechsteiligen Beitrags zum Ausblick auf das Jahr 2024 / Foto: Sebastian Erb
1 – Ausblick 2024: Es droht das Apothekenreformgesetz
2 – Neue Arzneistoffe: Mögliche Innovationen in 2024
3 – Umsatzprognose: Die zehn Stärksten 2024
4 – Bis 2030: mRNA-Impfstoffe zur Krebstherapie
5 – Neuer DPhG-Präsident: »Mehr Wissenschaft in die Praxis bringen«
Ebenfalls in der EU zugelassen ist Fezolinetant (Veoza™, Astellas Pharma). Es darf – als hormonfreie Therapieoption – bei Frauen mit moderaten bis schweren vasomotorischen Symptomen, die mit der Menopause assoziiert sind, zum Einsatz kommen. Der oral verfügbare Wirkstoff wirkt als Neurokinin-3-Rezeptorantagonist. Ursprünglich waren Kandidaten aus dieser Substanzklasse als Schizophrenie-Medikamente gedacht. Die Studiendaten zeigen, dass der Wirkmechanismus auch bei menopausalen vasomotorischen Beschwerden von Nutzen sein kann.
Die Aktivität der sogenannten Kisspeptin-Neurokinin-B-Dynorphin-Neuronen (KNDy-Neuronen) ist für die Thermoregulation im Hypothalamus von Bedeutung. Diese Zellen werden durch Neurokinin B (NKB) angeregt und durch Estrogen gehemmt. Sinkt der Hormonspiegel in der Menopause, wird die »Bremse« schwächer. Die KNDy-Neuronen sind dann überaktiv und das thermoregulatorische Zentrum wird übermäßig stimuliert. Vasomotorische Beschwerden wie Hitzewallungen und Nachtschweiß sind die Folgen. NKB wirkt über den Neurokinin-3-Rezeptor – und Fezolinetant als Antagonist an diesem Rezeptor.
Ähnlich wirkt Elinzanetant, ein Antagonist am NK1- und NK3-Rezeptor. Für diese Substanz wurde bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMA aber noch kein Zulassungsantrag gestellt.