Mit Nasensprays wieder frei durchatmen |
Endlich wieder Luft holen und Sauerstoff tanken können - dabei helfen diverse Rhinologika. / Foto: Getty Images/ZenShui/Sigrid Olsson
Klar, am besten wäre es, wenn es den Schnupfenviren erst gar nicht gelänge, sich an den Schleimhautzellen der Nase festzusetzen und sie zu irritieren. Dann gäbe es keine Entzündung, kein Nasekribbeln und -laufen. Genau dieses Ziel verfolgen sogenannte Erkältungs- oder Abwehrsprays. Filmbildner wie Carragelose aus Rotalgen (Algovir®), Hypromellose (Erste Abwehr Mikro-Gel Spray Wick) sowie Glycerin mit der Peptidase Trypsin (ViruProtect Erkältungsspray für den Rachen) sollen sich schützend auf die Schleimhaut legen. Das soll verhindern, dass Erkältungsviren auf den Schleimhautzellen hängenbleiben und in das Zellinnere eindringen. Je nach Präparat erfolgt die Anwendung mehrmals täglich. Ob sich auf diese Weise tatsächlich eine Infektion verhindern lässt, ist bislang freilich nicht ausreichend belegt. Der Effekt ist vermutlich begrenzt. Voraussetzung für die Wirksamkeit ist allemal, dass die Anwendung schon beginnt, bevor es zu einem Virenkontakt kommt.
Die weitaus größte Gruppe der Rhinologika bilden die schleimhautabschwellenden Nasensprays und -tropfen, die Dekongestiva, mit den α-Sympathomimetika Xylometazolin (wie Otriven®, Schnupfen endrine®, Hysan®) oder Oxymetazolin (wie Nasivin®, Wick® Sinex avera). Sie können die Beschwerden einer laufenden oder verstopften Nase sofort effektiv bessern. Dosiersprays sind gegenüber Nasentropfen von Vorteil, da sie neben einer exakten Dosierung eine bessere Verteilung der Wirkstofflösung in der Nase gewährleisten. Die Wirkung hält fünf bis acht Stunden an. Die Präparate sollten konsequent in der empfohlenen Dosierung angewendet werden, um die Nase offen zu halten und einen Sekretstau zu vermeiden.
Wichtig ist, bei der Abgabe in der Apotheke auf die beschränkte Anwendungsdauer von sieben bis zehn Tagen hinzuweisen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass sich eine »Rhinitis medicamentosa« entwickelt, ein medikamentös ausgelöster Dauerschnupfen. Denn bei zu lang dauernder oder zu häufiger lokaler Anwendung von α-Sympathomimetika kommt es zu einer verstärkten Durchblutung der Nasenschleimhaut. Dies fühlt sich an, als sei die Nase »verstopft«. In der Folge greifen Betroffene erneut zum abschwellenden Nasenspray. Dieser Effekt kann durch das Konservierungsmittel Benzalkoniumchlorid verstärkt werden. Mit der Zeit haben Anwender das Gefühl, nicht mehr ohne Nasenspray auskommen zu können. Viele wissen jedoch nicht um den Zusammenhang zwischen lang dauernder Anwendung von Nasenspray und verstopfter Nase. Sie befürchten, »süchtig« zu sein und haben oft Hemmungen, das Problem in der Apotheke anzusprechen. Deswegen sollten Apotheker und PTA Kunden, die auffallend häufig Nasenspray oder -tropfen mit einem α-Sympathomimetikum kaufen, darauf ansprechen und ihnen erklären, wie sie diese Abhängigkeit gegebenenfalls überwinden können (siehe Kasten).
Bei lokaler Anwendung sind systemische Nebenwirkungen von α-Sympathomimetika bei Erwachsenen nicht zu befürchten. Auch Schwangere mit Erkältungsschnupfen können abschwellende Nasentropfen ohne Bedenken bis maximal eine Woche anwenden. Bei Säuglingen allerdings ist die Anwendung topischer α-Sympathomimetika selbst in niedrigen Dosierungen umstritten, da systemische Nebenwirkungen nicht sicher auszuschließen sind. Als Ersatz können für Babys stattdessen isotonische Kochsalz- oder Meersalzlösung empfohlen werden (wie Rhinomer® babysanft).
Mittlerweile gibt es zahlreiche abschwellende Nasesprays und -tropfen im Handel, die ohne Konservierungsstoffe auskommen. Das ist von Vorteil, da diese Substanzen die Schleimhäute austrocknen und die Bewegung der Flimmerhärchen in der Nase hemmen können.
Konservierende Inhaltsstoffe und dabei vor allem Benzalkoniumchlorid stehen bereits seit Jahren in der Kritik. Benzalkoniumchlorid hat ein deutliches allergenes und auch zytotoxisches Potenzial. Präklinische Daten zeigten sowohl in vitro als auch in vivo, dass es konzentrations- und zeitabhängig die Zellmorphologie der Mukosa schädigt und die Zilienschlagfrequenz bis hin zum irreversiblen Stillstand hemmt.
Oral kommen gegen die Schnupfenbeschwerden die Sympathomimetika Pseudoephedrin und Phenylephrin zum Einsatz. Sie sind zusammen mit einem fiebersenkenden Arzneistoff oder einem Antihistaminikum in vielen Schnupfen- oder Erkältungsmitteln enthalten (wie Aspirin® sinucomplex, Boxagrippal®, Geloprosed®, Wick® DayNait). Die systemisch wirkenden Sympathomimetika sind dabei etwa gleich wirksam wie die lokalen verwandten Substanzen Xylometazolin oder Oxymetazolin in Nasensprays. Die Behandlungsdauer beträgt bei akutem Schnupfen drei bis fünf Tage. Von Nachteil sind mögliche systemische Nebenwirkungen wie Blutdrucksteigerung oder eine leichte Erhöhung des Blutzuckerspiegels. Das kommt vor allem bei überhöhten Dosen zum Tragen. Die Präparate sind bei älteren Erwachsenen mit Vorerkrankungen, bei Kindern unter zwölf Jahren, Schwangeren und Stillenden kontraindiziert.
Hypertone Salzlösung wirkt ebenfalls leicht abschwellend und kann vom Kleinkind- bis zum Erwachsenenalter als mild wirksame Alternative zu α-Sympathomimetika eingesetzt werden (wie Hysan® Salinspray, Rhinomer® Plus). Für diese Präparate ist die Anwendungsdauer nicht beschränkt. Nasenmittel, die den Sekretfluss fördern und die Schleimhäute befeuchten, sind vor allem dann sinnvoll, wenn das Nasensekret im Verlauf einer Schnupfenerkrankung dickflüssiger wird. Dazu eignen sich Sprays, Salben oder Nasenspülungen mit Sole- oder Meersalzlösungen (wie Abtei Nasen Spülung mit Meersalz, Emser® Nasenspray, Minerasol®). Auch Hyaluronsäure (wie Hysan® Hyaluronspray) und Ectoin (wie Pari Protect® Nasenspray, Olynth® Ectomed) werden in Form von Nasensprays zur Befeuchtung der Nasenschleimhäute eingesetzt. Sie sollen einen luftdurchlässigen Hydrofilm auf der Nasenschleimhaut bilden und diese beruhigen und befeuchten.
Nasenöle auf Basis von Sesamöl (wie GeloSitin®) oder Erdnussöl (wie Coldastop® Nasenöl) können ebenfalls angewendet werden, um die geschädigte Nasenschleimhaut zu pflegen und zu befeuchten. Der Zusatz von Vitamin E oder A soll die Regeneration der gereizten Schleimhäute unterstützen. Ölige Nasentropfen sollten bei Kindern unter drei Jahren, Bettlägerigen und Patienten mit Schluckstörungen nicht gegeben werden; die theoretische Gefahr einer Lipidpneumonie steht im Raum. Dies ist eine schwer behandelbare Form der Lungenentzündung, die entstehen kann, wenn feinste Fetttröpfchen in die Lunge gelangen.
Tipp für wunde Nasen: Befeuchtend wirkende Substanzen genauso wie die Öle können Borken, die aus getrocknetem Sekret entstehen, aufweichen und schonend ablösen, ohne die Schleimhäute weiter zu reizen. Die Regeneration ist auch ein Fall für Dexpanthenol. Es ist sowohl in Monopräparaten (wie Bepanthen® Augen- und Nasensalbe, Nasic®-cur) als auch zusammen mit einem α-Sympathomimetikum (wie NasenDuo®, nasic®, Otriven® protect) oder Meersalz (wie Bepanthen® Meerwasser-Nasenspray) in Kombipräparaten enthalten. Hyaluronsäure verlängert den Feuchteffekt (wie Hysan® Hyaluronspray).
Foto: Adobe Stock/Ralf Geithe
Die »Entwöhnung« von abschwellenden Nasentropfen bei Rhinitis medicamentosa erfolgt durch eine schrittweise Dosisreduktion. Zunächst wechselt der Betroffene auf ein Präparat für Kinder und danach für Babys. Schließlich genügt Salzlösung, um die Nasenschleimhäute feucht zu halten, bis sie wieder vollständig regeneriert sind. Wenn eine Rhinitis medicamentosa schon länger besteht, ist das Verfahren langwieriger. Hier ist die sogenannte Ein-Loch-Methode empfehlenswert. Dabei wird das oben beschriebene Verfahren zunächst nur in einem Nasenloch durchgeführt. Anwendungshäufigkeit und Dosierung werden schrittweise gesenkt, bis der Patient nur noch einmal täglich ein Meerwasser- oder Salzspray benötigt und über dieses Nasenloch wieder frei atmen kann. Danach wird die Prozedur im zweiten Nasenloch wiederholt.
Bei der nächsten Erkältung sollte der Betroffene vorsichtshalber auf Nasensprays und -tropfen mit α-Sympathomimetika verzichten, um keinen Rückfall zu riskieren.