Mehr Verantwortung bei der Apothekenüberwachung |
Der Kammervorstand rund um Präsident Christian Ude (3.v.r.) nahm sich viel Zeit, um auszuloten, wie die Voraussetzungen verbessert werden können, dem angespannten Apotheken-Arbeitsmarkt entgegenzuwirken. / © PZ/Wolf
»Die Apothekerschaft findet zwar überall Gehör und man hat uns auf dem Plan, aber die Politik muss jetzt endlich liefern, was im Koalitionsvertrag niedergeschrieben ist«, zeigte sich Kammerpräsident Christian Ude bei der gestrigen Delegiertenversammlung ein wenig ungeduldig. Er warnte bei der angekündigten »vielschichtigen Apothekenreform« davor, nicht in eine Paketlösung reinzuschlittern. »Ohne großes Paket drum herum sind 9,50 Euro als Apothekenpackungsfixum schnell machbar. Begleitet von großer Gesetzgebungsänderung würde eine Honorarerhöhung viel länger dauern.«
Ungemach könnte laut Vizepräsidentin Schamim Eckert in der politischen Sommerpause aus einer anderen Ecke drohen. »Am 17. Juli könnte die Preisbindung in verschiedenen Stufen gehörig ins Wanken geraten.« Dann nämlich soll in der Frage, ob sich EU-Versandhändler von Medikamenten an die deutschen Rx-Preisbindungsregeln halten müssen, vom Bundesgerichtshof (BGH) eine Entscheidung fallen. Der Zivilsenat fällt dann ein Urteil, ob Rx-Boni von EU-Arzneimittelversendern zulässig sind. Eckert mahnte bei ungünstigem Ausgang dringend einen Plan B und C an.
Das vom Kammerpräsidenten ausgegebene Motto »Wenn man was erreichen will, muss man selbst handeln« gilt auch für das nächste Thema in Udes Berichterstattung über die Vorstandsarbeit in der Kammer: eine beschleunigte Anerkennung der Berufsausübungserlaubnis für ausländische Kolleginnen und Kollegen. Weil derzeit sämtliche Schritte im Prozess rund um das Anerkennungsverfahren in Hessen zu lange dauerten und nicht planbar seien, »bieten wir dem Ministerium an, zusätzliche Aufgaben zu übernehmen«. Auch würden sämtliche Bemühungen von Seiten der Kammer, beim Hessischen Landesamt für Gesundheit und Pflege (HLfGP) eine Verbesserung der Situation herbeizuführen, nicht fruchten. »Die Aktenberge wachsen, unser Unmut auch«.
Man habe Anleihe bei der Apothekerkammer Niedersachsen genommen, wo die Apothekenüberwachung über die Kammer läuft und nicht über Ministerien geregelt ist, informierte Ude. Deshalb mache jetzt die Kammer an die Landespolitik das Angebot, zusätzliche Aufgaben vom HLfGP im Rahmen der Apothekenüberwachung als auch solche des Landesprüfungsamtes und damit unter anderem der Anerkennung ausländischer Kolleginnen und Kollegen nach dem Vorbild anderer Bundesländer eigenverantwortlich zu übernehmen. Selbstredend sei die Kostenübernahme durch das Land Hessen. Die Delegierten verabschiedeten einstimmig eine entsprechende Resolution. »Schließlich brauchen wir dringend zusätzliche Arbeitskräfte. Der derzeitige Wartezustand ist nicht akzeptabel«, führte der Kammerpräsident aus.
Einen weiteren Vorstoß bei der Landespolitik will Ude in der kommenden Woche wagen: »In Sachen Öffnungs- und Schließungszeiten muss es mehr Freiräume geben. Es ist der Zeitpunkt, gewisse Verhältnismäßigkeiten zu verändern.« Weil eine Apothekerkammer inhaltlich und fachlich näher an den Apotheken sei als eine institutionsübergreifende Stelle sein könne, bietet der Vorstand auch in der Apothekenüberwachung an, weitere Aufgaben zu übernehmen.
Eine fundierte und qualitativ hochwertige Ausbildung liegt dem Kammerpräsidenten – selbst viel gebuchter und quer durch die Republik reisender Referent - sehr am Herzen. Deshalb ist es für ihn unabdingbar, die Art und Weise der Ausbildung der Pharmaziepraktikanten im dritten Prüfungsabschnitt moderner zu gestalten. »Zwei Wochen online berufsbegleitender Unterricht in der jetzigen Form sind nicht mehr zeitgemäß«, so Ude. Er warb für ein neues Hybrid-Konzept bestehend etwa aus Präsenzveranstaltungen zu Anfang und Ende kombiniert mit dem Einsatz neuer Medien und Online-Seminaren. Für die Zukunft kündigte er »neue Formate der Wissensvermittlung auch für die Fortbildung« an.
Mit der zweiten verabschiedeten Resolution setzten sich die Delegierten quasi zum Ziel, die Ausbildung der Pharmazeuten im Praktikum (PhiPs) intern einer Qualitätsverbesserung zu unterziehen. Danach will die Kammer in einem ersten Schritt »den berufsbegleitenden Unterricht neu strukturieren mit dem Ziel, die Ausbildung nachhaltiger und zeitgemäßer abzubilden, die Unterrichtseinheiten besser in die betrieblichen Abläufe der Ausbildungsapotheken einzufügen und die PhiPs näher an die Kollegenschaft heranzuführen«. Ude wies aber auch darauf hin, dass die Umgestaltung nicht ohne ein höheres Budget von Seiten des Landes Hessen machbar ist, um geeignete und fachlich qualifizierte Referenten zu gewinnen.
Sind die Kammerbeiträge gerecht verteilt? Nach dem Grundsatzstreit um die Beitragsordnung der Apothekerkammer Nordrhein, der vor dem Verwaltungsgericht landete, kündigte Ude an, sich noch dieses Jahr detaillierter mit der Thematik befassen zu wollen. In der Zwischenzeit werde man andere Modellrechnungen anderer Kammern zu Rate ziehen, um die Möglichkeiten der Ausgestaltung zu erörtern.
Ob es wirklich Sinn macht, die Beitragsbemessung am Umsatz zu orientieren oder ob eine gewisse Kopplung an den Rohertrag fairer wäre, müsse genau ausgelotet werden. »Was will man mit einer vermeintlich gerechteren Verteilung überhaupt bezwecken? Es wird immer Gewinner und Verlierer geben«, gab Ude zu bedenken.