Medikationsmanagement – weit mehr als eine Medikationsanalyse |
Daniela Hüttemann |
07.05.2021 11:00 Uhr |
Ein großer Berg? Dann sollte man mit kleinen Projekten anfangen, rieten Buro und Fischer. So begann die Nauener Apothekerin 2016 mit einer Prozessanalyse und Strategieentwicklung für ein Anamnese-Gespräch bei der Aufnahme in die Allgemeinchirurgie. Über insgesamt zwei Jahre dokumentierte Buro ihre Arbeit genau: So schlug sie bei 382 von 526 Patienten mit Hausarztmedikation (73 Prozent) insgesamt 343 Interventionen vor und machte zusätzlich 23 CIRS- und acht AMK-Meldungen. Und tatsächlich erfolgten bei 299 Patienten daraufhin Änderungen – eine Quote von 79 Prozent.
Der Erfolg überzeugte die Klinikleitung, 1,5 zusätzliche Stellen für Stationsapotheker-Tätigkeiten zu schaffen. Um Übertragungsfehler von der Verordnung bis zur Verabreichung zu reduzieren, setzte sich Buro zudem für eine neue einheitliche und übersichtliche Papierkurve ein, die mittlerweile im ganzen Haus etabliert sei.
Als Stationsapothekerin in der Chirurgie führt sie mittlerweile nicht nur Aufnahmegespräche bei allen elektiven Eingriffen, sondern begleitet den Medikationsprozess auch im Haus bis hin zur Entlassung. Sie macht Ärzte auf fehlende oder unnötige Medikamente aufmerksam, überprüft Dosierungen und achtet auf Kontraindikationen und Wechselwirkungen. Den Pflegekräften gibt sie Tipps zur Rekonstitution und Applikation der Arzneimittel und stellt auch mal die Hausliste um, wenn die Pflegekräfte von Verwechslungsgefahren berichten.
»Ärzte und Pfleger schätzen den kurzen Dienstweg zu mir, sowohl die zusätzliche Kontrolle als auch meine Ansprechbarkeit bei Medikationsproblemen oder Lieferengpässen«, berichtet Buro. »Auf Wunsch berate und schule ich Patienten auch direkt am Krankenbett, zum Beispiel bei der Anwendung von Inhalatoren. Hier haben wir zum Beispiel unser Sortiment aufgestockt, um nicht zu viel umstellen zu müssen, und übersichtliche Informationsmaterialien zur korrekten Anwendung erstellt.«
»Sowohl der Patient als auch das Krankenhaus haben etwas davon, wenn die Patienten zufriedener sind und weniger Behandlungsfehler passieren«, ist Buro überzeugt, auch wenn sich nicht alles in Zahlen messen lasse. So profitierten zum Beispiel die Hausärzte, wenn die Patienten nach der Entlassung eine optimale Medikation mit vollständigem und gut verständlichem Medikationsplan hätten, den sie auch umsetzen können.
Zu den Services der Krankenhausapotheker der Havelland-Kliniken gehören auch Beratung zu parenteraler Ernährung oder bei Patienten mit Magenteilresektion, eine onkologische Patientensprechstunde zu Nebenwirkungen der Krebstherapie und ein Konsildienst für andere Fachbereiche, denn noch können nicht alle Stationen so umfassend von Apothekern betreut werden. Laufende Projekte seien die Ermittlung von Risikoscores für eine QT-Zeit-Verlängerung durch Medikamente in der Psychiatrie, eine systematische Medikationserfassung und das Entlassmanagement bei urologischen Patienten sowie die Teilnahme an der Visite des Diabetesteams, um die Therapie zu optimieren.
»Unser Ziel ist, noch weitere Apotheker für diese Tätigkeiten einzustellen«, so Buro. Derzeit verfügt das Team der Krankenhausapotheke über sieben Apothekerinnen und Apotheker, eine Pharmazieingenieurin und drei PKA für alle üblichen Aufgaben. 1,75 Stellen stünden für die Stationsarbeit und das ABS-Team zur Verfügung. 2020 zählten die Havelland-Kliniken 16.222 stationäre Fälle. Buro ist überzeugt, dass auch kleinere Häuser klinisch-pharmazeutische Dienstleistungen anbieten können, »man braucht nur einen langen Atem«.