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Fallbeispiel

Medikationsanalyse mit Vorher-Nachher-Effekt

Vor acht Jahren hat der Apotheker Stefan Göbel eine seiner ersten Medikationsanalysen durchgeführt – damals noch mit Excel und Word. Dieses Jahr hat er die Medikation derselben Patientin erneut analysiert. Den Langzeiteffekt der ersten Analyse präsentierte er kürzlich bei der Webinarreihe »100 Medikationsanalysen später« von Pharma4u.
Carolin Lang
15.12.2023  16:30 Uhr
Medikationsanalyse mit Vorher-Nachher-Effekt

Im Fokus des Falls steht Frau H., die zum Zeitpunkt der ersten Medikationsanalyse 75 Jahre alt war. Es war einer von Göbels ersten und immer noch »absoluten Lieblingsfällen«, schilderte der Apothekeninhaber aus Heringen und Initiator der Webinarreihe. Denn diese Medikationsanalyse habe ihn zu vielen weiteren bewegt.

Göbel hat die Patientin damals nicht persönlich kennengelernt, sie wurde durch eine Angehörige vertreten. Diese schilderte, Frau H. leide unter extremer Tagesmüdigkeit, Hitzewellen, starkem Schwitzen, extremer Mundtrockenheit, starkem Sodbrennen und starken Schmerzen, Wassereinlagerungen in den Beinen sowie Atemnot unter Belastung. Zudem neige sie dazu »gegen alles eine Tablette einzunehmen« und habe eine ausgeprägte Abhängigkeitsneigung gegenüber Benzodiazepinen.

Laborwerte oder Angaben zu Grunderkrankungen lagen Göbel damals nicht vor. »Ich hatte nur die Medikation«, schilderte er. Diese setzte sich wie folgt zusammen:

Arzneistoff Dosierung Anmerkungen
Allopurinol 300 mg 0-0-0,5-0
Amitriptylin 75 mg (retardiert) 0-0-1-0 Patientin nahm teilweise drei bis vier Tabletten pro Nacht
ASS 100 mg 0-1-0-0
Atorvastatin 40 mg 0-0-1-0
Carbimazol 5 mg 0-0-0,5-0
Metoprolol 47,5 mg (retardiert) 1-0-0-0
Omeprazol 20 mg 1-0-0-0 Patientin nahm teilweise bis zu fünf Tabletten pro Tag
Pramipexol 0,18 mg 0-0-0-1
Torasemid 5 mg 1-1-0-0 eigenständig abgesetzt
Dekristol 20.000 I.E. einmal wöchentlich
Metformin 500 mg 0-0-1-0
Beclomethason 0,1 mg (Spray) 1-0-1-0 eigenständig abgesetzt
Tapentadol 50 mg (retardiert) 1-0-1-0
Metamizol 500 mg bei Bedarf eigenständig abgesetzt

Die drei drängendsten ABP

Beim Webinar arbeiteten die Referierenden Dr. Alexander Ravati und Dr. Kirsten Menke mit den Teilenehmenden die drei wichtigsten arzneimittelbezogenen Probleme (ABP) der Patientin heraus. Als wichtigsten Punkt erachteten sie die Überdosierung von Amitriptylin, das die Patientin für ein Schlafmittel hielt. Auf diese könnten einige der Beschwerden zurückgeführt werden: Etwa die Mundtrockenheit als anticholinerge Nebenwirkung sowie die Hitzewallungen und das starke Schwitzen – insbesondere in Kombination mit Tapentadol – als serotonerge Nebenwirkungen. »In hohen Dosen überwiegt die serotonerge Wirkung, was das Schwitzen angeht, sogar den anticholinergen Effekt, der das Schwitzen eigentlich unterdrücken würde«, erklärte Ravati zu Amitriptylin.

Als zweite Baustelle sahen sie die offenbar unzureichend kontrollierten Schmerzen an. Deren Ursprung gelte es abzuklären. Auf Basis der Medikation vermuteten sie eine zugrundeliegende Gicht oder Neuropathie. Letztere könne etwa durch einen Typ-2-Diabetes, auf den Metformin hindeute, oder ein Restless-Legs-Syndrom, auf das Pramipexol hindeute, bedingt sein. Möglicherweise resultiere die Neuropathie aus einem mit 500 mg Metformin täglich unzureichend behandelten Diabetes. In dem Fall wäre Pramipexol ungeeignet und es gelte, zunächst die Diabetestherapie zu optimieren. Gegen die Schmerzen bei diabetischer Polyneuropathie käme adjuvant etwa Pregabalin infrage.

Ebenfalls als drängend empfanden sie, dass das Sodbrennen der Patientin selbst mit bis zu 100 mg Omeprazol täglich scheinbar persistierte. Es sei diagnostisch abzuklären, ob der vermeintliche Sodbrennen-Schmerz möglicherweise eine andere Ursache habe oder eine schwerwiegende gastrale Erkrankung vorliege. Grundsätzlich gelte die Einnahme von Omeprazol länger als acht Wochen als potenziell inadäquate Medikation (PIM) für geriatrische Patienten, etwa aufgrund des Osteoporose-Riskos. Zudem könne dies einen Vitamin-B12-Mangel begünstigen und so wiederum eine Neuropathie.

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