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Westfalen-Lippe

Letzte KV zieht sich aus dem E-Rezept-Start zurück

Erneuter herber Rückschlag für die E-Rezept-Einführung: Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe hat ihren Mitgliedern am heutigen Donnerstagmorgen mitgeteilt, dass sie sich aus der Startphase des neuen Verordnungssystems zurückzieht. Damit gibt es nun keine einzige KV mehr, die die E-Rezept-Einführung unterstützt.
Benjamin Rohrer
03.11.2022  09:30 Uhr

Es hatte sich fast angekündigt, dass die KV Westfalen-Lippe als letzte verbliebene ärztliche Standesvertretung den Rückzug aus der E-Rezept-Einführung antritt. Denn: Im September hatte der Bundesdatenschutzbeauftragte, Ulrich Kelber, der Gematik mitgeteilt, dass er einem wichtigen Einlöseweg beim E-Rezept nicht zustimmen werde. Konkret ging es um die E-Rezept-Übermittlung via elektronische Gesundheitskarte (EGK). Kelber hatte bemängelt, dass Unbefugte die E-Rezepte anderer Menschen einsehen könnten, wenn ihnen die EGK oder die Versichertennummer der Person vorliegen. (Hier finden Sie den Podcast der PZ zu den Datenschutzproblemen beim E-Rezept.)

Die KV Westfalen-Lippe hatte erklärt, dass die EGK-Funktion für sie entscheidend ist und der Gematik eine Frist von drei Monaten bis zum Jahresende gesetzt. In dieser Zeit hätte die Gematik das Verfahren flächendeckend umsetzen sollen. Nach dem Widerspruch des Datenschutzes ist nun aber völlig offen, wie es mit dem EGK-Verfahren weitergeht. Im Gespräch ist eine vorübergehende Duldung durch Kelber, bis die Gematik ein datenschutzsicheres Verfahren entwickelt hat.

Am heutigen Donnerstagmorgen hat die KV nun ihre Mitglieder informiert. In einem Rundschreiben, das der PZ vorliegt, bedankt sich die KV zunächst bei den teilnehmenden Praxen. Die Standesvertretung hatte angegeben, dass bis zu 250 Praxen involviert gewesen seien. In dem Schreiben erklärt die KV ihren Rückzug mit dem Scheitern des EGK-Verfahrens und kündigt an, das Projekt nur noch im Rahmen eines »Feldtests« zu betreiben: »Wir als KVWL haben immer betont, dass dieser Weg für uns den absoluten Königsweg darstellt – und er spätestens im November erprobt werden muss. Da dies nun frühestens Mitte 2023 möglich sein wird, haben wir uns als KVWL dazu entschieden, die aktive Rollout-Phase vorerst zu stoppen und das Projekt auf eine Feldtest-Ebene zurückzufahren.« Man müsse nun »klare Leitplanken« setzen, erklärt die KVWL.

Ärzte erhalten weiter Aufwandsentschädigung

Was bedeutet der Rückzug nun konkret und wie wird sich der Feldtest in Westfalen-Lippe ausgestalten? Dazu teilen die Ärzte mit, dass sie fortan keine Akquise neuer Praxen mehr betreiben werden. Allerdings werde das bestehende Support-Team in der KV weiterarbeiten und die Praxen unterstützen, die bereits elektronisch verordnen. Auch der Support des beteiligten Softwarehauses werde die Praxen weiter unterstützen. Außerdem werde die KV über weitere Entwicklungen beim E-Rezept unterrichten und neue, digitale Übertragungswege prüfen. Interessant ist auch, dass die teilnehmenden Praxen offenbar vergütet werden: Denn die KV kündigt an, auch in Zukunft die »Aufwandsentschädigung« auszuzahlen.

Gematik bedauert Entscheidung der KV Westfalen-Lippe

Ursprünglich hatten sich zwei KVen für die Teilnahme an der ersten E-Rezept-Startphase gemeldet: Vor der KVWL hatte sich schon die KV Schleswig-Holstein zurückgezogen, weil die Datenschutzbehörde des Landes ein von der KV geplantes Übertragungsverfahren (per E-Mail) kritisiert hatte. Die Gematik hat inzwischen mitgeteilt, dass sie die Entscheidung der KV Westfalen-Lippe bedauert. Schließlich habe der dortige Rollout seit September 2022 in der Praxis bestätigt, dass das E-Rezept funktioniert. »Durch die konstruktive Zusammenarbeit der Kassenärztlichen Vereinigung, der beteiligten Ärzt:innen und der Softwarehersteller konnten die E-Rezept-Module in der Zeit weiter verbessert werden«, heißt es in einer Mitteilung der Gematik. Was die Beteiligung der Mediziner betrifft, weist die Gematik darauf hin, dass mittlerweile mehr als 3700 (Zahn-)Arztpraxen E-Verordnungen ausgestellt haben.

Was die Aktivierung und den Roll-out des EGK-Verfahrens betrifft, kündigt die Gematik an, dass die E-Rezept-Übermittlung via Gesundheitskarte Mitte 2023 flächendeckend funktionieren soll. Man stehe dazu in engem Austausch mit den Datenschützern. Man prüfe zudem weitere, niedrigschwelligere Übermittlungswege. Zur Erinnerung: Der eigentliche Königsweg bei der digitalen E-Rezept-Übermittlung ist die Gematik-App. Allerdings ist der Zugang zur Gematik-App durch eine sehr komplexe Technologie nur wenigen GKV-Versicherten möglich. Die Gematik hatte allerdings angekündigt, an einer Light-Version der App zu arbeiten, bei der ein Log-in nicht nötig ist. Man verfolge weiterhin die flächendeckende Einführung des E-Rezeptes für das Jahr 2023, so die Gematik.

Apotheker befürchten weitere Verzögerungen

Die Apotheken in der Verbandsregion Westfalen-Lippe befürchten, dass die Einführung des E-Rezeptes nun noch länger dauern wird. Eine Sprecherin des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe teilte mit: »Der AVWL bedauert, dass die KVWL vorläufig keine zusätzlichen Praxen akquiriert, so dass der Rollout nun etwas langsamer vorankommen wird als erhofft. Da die bereits am Rollout beteiligten Praxen aber nach wie vor E-Rezepte ausstellen, können die Apotheken vor Ort den Prozess weiterhin aktiv und intensiv begleiten, Erfahrungen mit E-Rezepten sammeln, Probleme im Prozess aufdecken und im konstruktiven Austausch mit allen Akteuren Lösungen finden.«

Auch der Verein der E-Rezept-Enthusiasten reagierte enttäuscht. Zwar sei man von der Entscheidung der KVWL nicht überrascht. Der Vorsitzende und Apotheker Ralf König erklärte aber: »Die Diskussionen um die EGK-Lösung in den letzten Wochen zeigen leider einmal mehr, wie sehr das E-Rezept zwischen Datenschutz und Berufspolitik zerrieben wird.« König fordert daher: »Verzögerungs- und Verhinderungstaktiken sowie Denkverbote müssen nun endgültig der Vergangenheit angehören. Sowohl der Koalitionsvertrag als auch die Digitalstrategie der Bundesregierung definieren die E-Rezept-Umsetzung als zentrales Projekt im E-Health-Bereich. Den Worten müssen nun aber endlich auch Taten folgen«. Die Enthusiasten fordern, neben der Umsetzung der EGK-Lösung die Prüfung weiterer volldigitaler, niedrigschwelliger und sicherer Token-Übertragungswege zur Priorität zu machen und endlich die Hürden der App-Nutzung zu reduzieren.

Beifall aus Schleswig-Holstein und der KBV

Die oben genannte KV Schleswig-Holstein klatscht nach dem Rückzug der KVWL nun Beifall. »Wir fordern komplett digitale Lösungen für das eRezept, die für alle Patienten, Praxen und Apotheken leicht umsetzbar sind und jeden Verordnungsweg nachvollziehen«, betont die Vorstandsvorsitzende der KVSH, Monika Schliffke. »Die gematik-App ist diese Lösung nicht.« Der Stopp des EGK-Verfahrens sei ein weiterer herber Rückschlag für die Digitalisierung im Gesundheitswesen und lasse Deutschland im internationalen Vergleich weiter zurückfallen. »Mein Respekt für die Entscheidung der KVWL, die ihr sicher nicht leichtgefallen ist«, so Schliffke.

Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat sich zu Wort gemeldet und begrüßt die Entscheidung der KVWL. KBV-Vorstand Thomas Kriedel erklärt in einem Video-Statement, warum die Ärzte das weitere Vorgehen nicht mehr unterstützen:

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