Lebensretter mit altersabhängiger Wirkung |
Theo Dingermann |
25.07.2025 18:00 Uhr |
Die Hauptanalyse ergab, dass weltweit 2,53 Millionen Todesfälle (1 pro 5400 Impfdosen) sowie 14,7 Millionen verlorene Lebensjahre (1 pro 900 Impfdosen) verhindert wurden. Sensitivitätsanalysen ergaben eine Spanne von 1,4 bis 4 Millionen geretteter Leben und 7,4 bis 23,6 Millionen geretteter Lebensjahre.
Dabei entfiel der Großteil der positiven Effekte auf ältere Bevölkerungsgruppen. Auf Menschen über 60 Jahre entfielen 90 Prozent der verhinderten Todesfälle und 76 Prozent der geretteten Lebensjahre. Pflegeheimbewohner machten zwar 11,8 Prozent der verhinderten Todesfälle, jedoch nur 2 Prozent der geretteten Lebensjahre aus – ein Effekt der niedrigen Restlebenserwartung in dieser Gruppe.
Der Nutzen in jüngeren Altersgruppen war nach den Schätzungen der Forschenden hingegen marginal. Nur 0,01 Prozent der verhinderten Todesfälle und 0,1 Prozent der geretteten Lebensjahre entfielen auf Kinder und Jugendliche (0 bis 19 Jahre).
Bei jungen Erwachsenen (20–29 Jahre) lag der Anteil bei 0,07 Prozent verhinderten Todesfälle und 0,3 Prozent geretteten Lebensjahre. Die Nutzen-Kosten-Relation in diesen Gruppen erscheint kritisch und wurde von den Forschenden ausdrücklich problematisiert, auch im Hinblick auf mögliche Impfnebenwirkungen.
Interessanterweise zeigte sich, dass mehr Todesfälle während der Omikron-Periode verhindert wurden (57 Porzent) als in der Prä-Omikron-Phase. Allerdings lag der Nettoeffekt in einzelnen Sensitivitätsanalysen deutlich niedriger, insbesondere bei Annahme einer hohen Durchseuchung vor Omikron oder niedrigen VE-Werten. In Ländern mit geringer Viruszirkulation vor Omikron (zum Beispiel China, Neuseeland) trat der Großteil des Nutzens erst in der späteren Phase auf.
Eine zentrale Erkenntnis der Studie ist, dass der Großteil des Impfbenefits auf der kleinen demographischen Gruppe der älteren Erwachsenen mit gutem Allgemeinzustand konzentriert war. In jüngeren Bevölkerungsgruppen war der Einfluss auf die Mortalität minimal.
Zudem stellen die Autoren in Frage, ob Impfungen in den jüngeren Bevölkerungsgruppen, in denen das individuelle Risiko gering war, kosteneffektiv oder medizinisch sinnvoll waren. Auch die Annahme, dass Impfungen die Virusübertragung durch jüngere Personen maßgeblich verhinderten, wird kritisch betrachtet, da die Schutzwirkung vor Infektion und Transmission nur kurzfristig und moderat war.
Die Forschenden thematisieren auch potenzielle Impfschäden. Diese werden basierend auf publizierten Nebenwirkungsanalysen als um etwa zwei Potenzen niedriger als der Gesamtbenefit eingestuft. Dennoch wird darauf hingewiesen, dass spezifische Risikogruppen individuell betrachtet werden sollten, da dort das Risiko-Nutzen-Verhältnis variieren kann.
Im Vergleich zu anderen globalen Impfprogrammen (zum Beispiel Masern, Hepatitis B), so das Resümee der Forschenden, erscheinen die globalen Effekte der Covid-19-Impfungen bezüglich der geretteten Lebensjahre deutlich geringer. Dies wirft Fragen zur Allokation und Priorisierung von Impfressourcen sowie zur Aufklärung über den relativen Nutzen verschiedener Impfungen auf – insbesondere vor dem Hintergrund zunehmender Impfskepsis.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.