Laumann: Bund soll Versorgungsmangel feststellen |
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) fordert die Bundesregierung auf, bei Kinderarzneimitteln einen Versorgungsmangel festzustellen, damit die Präparate leichter importiert werden können. / Foto: AKWL/Peter Leßmann
Mit dem gestern veröffentlichten Eckpunktepapier für ein Generika-Gesetz will Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) gegen den Arzneimittelmangel angehen. Geplant ist unter anderem, dass bei Kinderarzneimitteln auf Festbeträge und Rabattverträge künftig verzichtet werden soll. Die Erstattungsbeträge für Kindermedikamente sollen um 50 Prozent steigen. Zudem will das Bundesgesundheitsministerium die Herstellung von Kinderarzneimittel-Rezepturen in den Apotheken erleichtern. Apotheker sollen bei versorgungskritischen Wirkstoffen zudem eine Pauschale für das Management von Lieferengpässen erhalten. Und: Die während der Pandemie eingeführten gelockerten Abgaberegeln sollen auch weiterhin gelten.
Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hält die angekündigten Maßnahmen in der derzeitigen Infektionswelle mit vielen kranken Kindern nicht für ausreichend. »Die von Minister Lauterbach angekündigte höhere Vergütung von Arzneimitteln für Kinder hilft zwar mittelfristig, doch wir müssen auch kurzfristig handlungsfähig werden«, stellte Laumann klar. Er wies darauf hin, dass es Aufgabe des Bundes sei, die Versorgung mit Arzneimitteln sicherzustellen. Die derzeitige Versorgungslage mit Arzneimitteln sei wegen der hohen Nachfrage infolge der aktuellen Krankheitswelle besonders angespannt. Das wirke sich bereits auf die Infrastruktur aus, etwa Kindergärten, Schulen und den öffentlichen Nahverkehr.
»Deswegen habe ich Minister Lauterbach aufgefordert, einen Versorgungsmangel festzustellen«, teilte Laumann gestern mit. Durch die Feststellung des Versorgungsmangels nach § 79 Absatz 5 Arzneimittelgesetz sei es den Behörden der Bundesländer möglich, zum Beispiel dem pharmazeutischen Großhandel auf Antrag zu gestatten, Arzneimittel auf Vorrat nach Deutschland zu importieren, die nicht in deutscher Sprache gekennzeichnet sind. Sofern ein bestimmtes Fertigarzneimittel wie etwa Fiebersaft vor Ort in einer Apotheke nicht zur Verfügung stehe, könnten Apotheken bestimmte Arzneimittel nach Rücksprache mit dem rezeptausstellenden Arzt selbst herstellen. Dies sehe eine Vereinbarung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) mit dem GKV-Spitzenverband vor. Zur Erinnerung: Zuletzt hatte das BMG einen solchen offiziellen Versorgungsmangel beim Brustkrebsmedikament Tamoxifen festgestellt und somit Importe aus anderen Ländern ermöglicht.
»Ich habe die Kassen und Apothekerverbände bereits gebeten, die vorhandenen Möglichkeiten vor dem Hintergrund der aktuellen Situation voll auszuschöpfen. Oft ist dies bereits gängige Praxis«, teilte Laumann mit. Arztpraxen und Apotheken hätten in der Corona-Pandemie gemeinsam bereits viel geleistet. Sie könnten auch diese Situation meistern, zeigte sich der Minister überzeugt. «Wir profitieren heute davon, dass Nordrhein-Westfalen der Vor-Ort-Apotheke in der Vergangenheit immer den Rücken gestärkt hat. Dieser Unterstützung können sich die Apothekerinnen und Apothekern auch weiter sicher sein«, betonte Laumann.
Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein, kritisierte, Lauterbachs Pläne seien nur »ein Tropfen auf den heißen Stein«. Es werde viele Monate dauern, bis sich die Versorgungssituation bessern werde. »Wir gehen davon aus, dass die Lieferprobleme auch 2023 anhalten und noch weitere Arzneimittel betroffen sein werden», sagte Preis.
Für Laumanns Initiative hingegen hat Preis viel Verständnis. Gegenüber der PZ sagte er: »Starke Worte unseres Gesundheitsministers Karl-Josef Laumann, die den Apotheken und ihren Teams in dieser überaus angespannten Situation den Rücken stärken. Die Wertschätzung der überaus großen Versorgungsleistung der Apotheken tut gut. Die vorgeschlagene Maßnahme, den Versorgungsmangel nach Paragraph 79 AMG festzustellen, unterstützt die Apotheken bei ihrem Kampf gegen die seit Wochen anhaltenden massiven Lieferausfälle der Arzneimittelhersteller. In der Vergangenheit konnten so die Apotheken in ähnlichen Situationen, beispielsweise bei Tamoxifen und Grippeimpfstoffen, die Arzneimittelversorgung wieder sicherstellen.«