Lässt sich voraussagen, wer eine Thrombose bekommt? |
Christina Hohmann-Jeddi |
09.04.2021 16:36 Uhr |
Was genau die schädliche Reaktion auslöst und sich mit PF4 verbinde, müsse noch erforscht werden, so Klamroth. Dazu fänden derzeit Untersuchungen statt, etwa in Greifswald. Professor Dr. Christian Bogdan vom Universitätsklinikum, ebenfalls STIKO-Mitglied, sagte in der Veranstaltung: Noch sei nicht belegt, dass der Impfstoff Vaxzevria wirklich die Ursache ist. Der Auslöser könne auch indirekt die heftige Immunreaktion auf den Impfstoff sein. Es sei ein bekanntes Phänomen, dass durch eine Impfung neben der gewünschten Immunantwort auch andere präexistente immunologische Prozesse wie Autoimmunprozesse verstärkt werden können. »Es muss eine bestimmte Prädisposition geben«, so Bogdan. Wenn die Komplikationen durch den Vektor ausgelöst würden, wären sie sehr viel häufiger.
Gegen diese These spricht, dass alle drei in der EU eingesetzten Covid-19-Impfstoffe in etwa gleich reaktogen sind. Dann wäre auch ein Sicherheitssignal bei den mRNA-Impfstoffen zu beobachten gewesen, was bislang laut Bogdan nicht der Fall sei. Auch Klamroth sieht eine Kausalität eher bei dem Astra-Zeneca-Impfstoff, bei dem die Problematik ja aufgetreten ist, als bei der allgemeinen Entzündungsreaktion.
Allerdings wurde aktuell gemeldet, dass in den USA auch schwerwiegende ungewöhnliche thromboembolische Ereignisse nach Gabe des Covid-9-Impfstoffs von Janssen beobachtet wurden. Bei diesem handelt es sich ebenso wie Vaxzevria von Astra-Zeneca um eine Vektorvakzine, die auf einem Adenovirus basiert, allerdings auf einem humanen, während Vaxzevria ein Schimpansen-Adenovirus verwendet. Aktuell untersucht die Europäische Arzneimittelagentur EMA vier Fälle von Thrombosen nach Impfung mit der Janssen-Vakzine.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt, dass unter 60-Jährige, die bereits mit Vaxzevria geimpft wurden, als zweite Dosis einen mRNA-Impfstoff erhalten sollen. Eine reine Vorsichtsmaßnahme – denn noch sei nicht bekannt, ob solche thromboembolischen Komplikationen auch nach einer zweiten Impfdosis vorkommen, stellte Klamroth klar. Dazu lägen zu wenige Daten zu Zweitimpfungen vor – selbst aus Großbritannien, wo die Impfkampagne mit Astra-Zeneca früher startete als in der EU.
Wenn es nach einem Alles-oder-Nichts-Prinzip laufe und bei der ersten Dosis nichts passiert sei, könne man eine zweite Dosis geben. Wenn aber die Verstärkung einer Autoimmunreaktion durch die Impfung eine Rolle spiele, könne die Komplikation auch bei der zweiten Dosis auftreten. »Solange man keine validen Daten hat, ist das reine Spekulation«, so Klamroth.
Aus Sicherheitsgründen sollten aus seiner Sicht daher mit Astra-Zeneca Geimpfte als zweite Dosis einen mRNA-Impfstoff erhalten. Wie gut die Verträglichkeit und Wirksamkeit dieses heterologen Prime-Boost-Systems ist, sei noch nicht untersucht, so Bogdan. Die Daten der entsprechenden Studie aus Großbritannien, der sogenannten ComCov-Studie, werden für Ende Mai oder Anfang Juni erwartet. Mit Nachteilen sei aus immunologischer Sicht aber nicht zu rechnen. Eventuell könne eine dritte Dosis mit der mRNA-Vakzine nötig sein.
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