Labsal für trockene Augen |
Für die gesunde Funktion des Auges ist die Tränenflüssigkeit essenziell. Doch es gibt vielfältige Störungen in ihrer Bildung und im Abfluss. / © Getty Images/Ekaterina Vasileva-Bagler
Der Tränenapparat ist ein Anhangsorgan des Auges und sorgt für Tränenproduktion, Weiterleitung und Abtransport der Tränenflüssigkeit. Die Haupttränendrüsen befinden sich oberhalb des Auges in einer Knochenvertiefung des Stirnbeins (Grafik). Sie produzieren den größten Anteil der Tränenflüssigkeit sowie spontanen Tränenfluss bei Emotionen oder Reizungen. Kleinere akzessorische Tränendrüsen (Krause’sche und Wolfring’sche Tränendrüsen) liegen im oberen Augenlid und sezernieren etwa 5 Prozent der Tränenflüssigkeit. Diese sind für die kontinuierliche Basalsekretion zur Befeuchtung des Auges verantwortlich.
Über Ausführungsgänge gelangt die Tränenflüssigkeit in den oberen Bindehautsack und von dort ins Auge. Sie sammelt sich am inneren Lidrand zum Tränensee und fließt über das obere und untere Tränenpünktchen in die beiden Tränenkanälchen zum Tränensack entlang des Nasenbeins. Dort wird sie zwischengespeichert, bevor sie über den Tränennasengang in den unteren Nasengang und in die Nasenhöhle mündet. Die sogenannte Hasner-Klappe verhindert den Rückfluss.
Als »Tränensack« wird volkstümlich die erschlaffte, geschwollene oder herabhängende Haut der Unterlider (Dermatochalasis) bezeichnet. Tränensäcke haben anatomisch nichts mit dem Tränenapparat zu tun, sondern entstehen durch einen Gewebeüberschuss oder einen Lymphstau. Lymphdrainage und Massagen regen den Stoffwechsel an. Ein Gewebeüberschuss kann durch operative Unterlidstraffung entfernt werden.
Tränenapparat des Auges / © PZ/Pfeifer
Das seröse Sekret der Tränendrüsen enthält Wasser, Kochsalz, Glucose, Proteine, Enzyme, Hyaluronsäure, Elektrolyte, Lysozym, Lipocalin sowie antimikrobielle Peptide und erfüllt vielfältige Aufgaben:
Der Tränenfilm besteht aus drei Schichten:
Tränen des Glücks / © Adobe Stock/Esther Hildebrandt
Werden durch den gleichmäßigen Lidschlag (12- bis 20-mal/Minute) nicht ausreichend Feuchtigkeit und lipidhaltiger Extrakt der Meibomdrüsen über die Augenoberfläche verteilt, trocknet sie aus. Das Risiko für ein Sicca-Syndrom oder Infektionen (Blepharitis, Konjunktivitis, Gersten- und Hagelkorn), Hornhautentzündung, Sehstörungen sowie Schädigung der Augenoberfläche, der Tränen- und Meibomdrüsen ist erhöht.
Das trockene Auge ist eine multifaktorielle Erkrankung mit inflammatorischen Prozessen. Daher sprechen Augenärzte von einem Paradigmenwechsel: nicht mehr vom trockenen, sondern vom entzündeten Auge.
Die Risikofaktoren für eine Keratokonjunktivitis sicca (trockenes Auge) sind vielfältig: Autoimmunerkrankungen, Störungen des Tränenapparats, Infektionen, Allergien, hormonelle Umstellung (Wechseljahre, Schwangerschaft), Schilddrüsenerkrankungen, Diabetes, Umweltfaktoren sowie rheumatologische oder dermatologische Grunderkrankungen. Augenerkrankungen wie Glaukom, Lidanomalien und Blepharitis sowie Augenoperationen und Kontaktlinsen können zur Entwicklung eines Sicca-Syndroms beitragen.
Apotheker sollten unerwünschte Wirkungen von Arzneimitteln im Blick haben. Ständige Reizungen durch Rauch, Kontakt mit Chemikalien, Abgasen, Ozon, Klimaanlage oder Heizungsluft können ein trockenes Auge bedingen, ebenso wie ein verringerter Lidschlag (drei- bis viermal/Minute) durch langes Lesen, häufige Handynutzung und viel Arbeit am Computer (»office eye syndrome«).
Eine Ernährung mit reichlich Fertignahrung führt zu Vitaminmangel. Wichtig für das gesunde Auge sind vor allem Vitamin A, B12, C und E sowie Zink.
Regelmäßige Pausen und Blinzeln bei der Bildschirmarbeit verbessern die Verteilung der Tränenflüssigkeit. / © Adobe Stock/Patrick Daxenbichler
Nach der Leitlinie »Trockenes Auge« des Berufsverbands der Augenärzte (Stand 2019) unterscheidet man drei Formen. 15 bis 20 Prozent der Patienten leiden an der hyposekretorischen Form mit verminderter Tränenproduktion und vorwiegend morgendlichem Fremdkörpergefühl; dies wird durch Jahreszeit und Klima beeinflusst. Weitaus häufiger ist die hyperevaporative Form mit Störung der Lipidphase, erhöhter Verdunstung des Tränenfilms und überwiegend abendlichem Brennen der Augen (60 bis 80 Prozent der Patienten). Daneben gibt es noch die kombinierte Form.
Die unzureichende Funktion der Meibomdrüsen gilt als häufigster Risikofaktor für das Sicca-Syndrom – und zwar für alle Formen. Was Patienten oft nicht wissen: Trockene Augen tränen bedingt durch fehlende Lipide, die den Tränenfilm stabilisieren. Die Funktion der Meibomdrüsen wird besonders durch lokal angewandte Betablocker, das Konservierungsmittel Benzalkoniumchlorid sowie Wollwachs in Augensalben oder Kosmetika beeinträchtigt.
Bei harmloseren Ursachen ist eine Selbstmedikation mit guter Beratung in der Apotheke möglich. Das Apothekenpersonal sollte auf die regelmäßige Kontrolle beim Augenarzt verweisen. Zudem kann es Tipps für die Vermeidung des Sicca-Syndroms geben:
Der Besuch beim Ophthalmologen sollte immer erfolgen bei Verdacht auf eine bakterielle (klebriges Sekret meist bei einem Auge) oder virale Infektion (reichlich dünnflüssiges Sekret meist beider Augen, hoch ansteckend). Gleiches gilt bei Verdacht auf Fremdkörper oder Chemikalien im Auge sowie bei Grunderkrankungen (wiederkehrende, therapieresistente Beschwerden). Kommen Begleitsymptome wie starke Kopfschmerzen, Fieber oder Sehstörungen hinzu, ist immer notfallmäßig der Augenarzt zu konsultieren.
Die Behandlung des Sicca-Syndroms richtet sich nach dessen Ausprägung. Ziele sind vor allem die Linderung der Beschwerden und der Erhalt der gesunden Augenoberfläche. Grunderkrankungen sollten gut eingestellt sein. Augentropfen mit α-Sympathomimetika wie Tetryzolin sind wegen des »Weißmacher«-Effekts bei Patienten beliebt. Die Apotheke sollte darauf hinweisen, dass durch Verengung der Gefäße die Rötungen verschwinden, das Risiko für ein Sicca-Syndrom aber steigt.
Für allergisch bedingte Bindehautentzündungen stehen der Mastzellstabilisator Cromoglicinsäure und topische Antihistaminika (Azelastin, Levocabastin, Olopatadin; Letzteres seit 1. April 2025 auch rezeptfrei für Erwachsene) zur Verfügung. Die Behandlung der gereizten Augen mit Dexpanthenol oder Bibrocathol ist in der Selbstmedikation für etwa 48 Stunden möglich. Tritt in dieser Zeit keine Besserung ein, sollte die Differenzialdiagnose erfolgen.
Das Apothekenpersonal kann entzündungshemmende und schmerzstillende Salicylsäure-haltige Augentropfen über maximal 14 Tage empfehlen. Bakterielle Infektionen am Auge erfordern Antibiotika-haltige Augentropfen (Gentamicin, Moxifloxacin, Ciprofloxacin).
Für Schweregrad 1 sind laut Leitlinie Tränenersatzmittel mit guter Gleitwirkung, hoher Wasserbindungskapazität und Stabilisierung des Tränenfilms, die das Sehvermögen nicht beeinträchtigen, Mittel der Wahl (Tabelle S. 42). Das Apothekenpersonal sollte darauf hinweisen, dass die Anwendung drei- bis fünfmal täglich erfolgen sollte, wenn nicht anders verordnet. In der Selbstmedikation sollte der Einsatz befristet sein, da die Differenzialdiagnose durch den Arzt wichtig ist (Kasten).
© Berufsverband der Augenärzte (BVA)
Zunächst erfolgt die Anamnese mit speziellen Fragebögen (Berufsverband der Augenärzte, Ressort »Trockenes Auge«). Es folgen die Untersuchung der Gesichtshaut, der Lider, der Lidkante und der Lidschlagfrequenz sowie mit Spaltlampe die Untersuchung von Lidkante, Meibomschen Drüsen, Tränenfilm, Bindehaut und Hornhaut.
Die Stabilität des Tränenfilms wird mit der dreimaligen Messung der Tränenfilmaufreißzeit erfasst; sie schwankt individuell. Nach der Applikation eines Tropfens unkonservierten Fluoreszeins schließt der Patient die Lider, öffnet sie wieder und unterdrückt dann aktiv den Lidschlag. Mit dem Kobaltblaufilter der Spaltlampe wird die spontane Aufreißzeit des Fluoreszein-Films ermittelt. Normwerte liegen zwischen 10 und 20 Sekunden.
Bei jedem kompletten Lidschluss wird Meibum aus den Meibomdrüsen an die Oberfläche des Auges abgegeben. Durch gleichmäßigen Druck auf die Lidkante kann quantitativ und qualitativ das Sekret der Drüsen beurteilt werden. Mit der Meibographie werden die Meibomdrüsen genau visualisiert. Vitalfärbungen mit Fluoreszein und Lissamingrün dienen der Sichtbarmachung erkrankter Oberflächenstrukturen des Auges.
Der Schirmer-Test ohne Anästhesie ermittelt die Sekretionsleistung der Tränendrüse und ist zur Diagnostik des Sicca-Syndroms Mittel der Wahl. Er erfasst die basale und die reflektorische Sekretion wässriger Tränen. Nach Abtupfen des Tränensees wird ein Lackmus-Papierstreifen im äußeren Drittel des Unterlids eingesetzt. Nach fünf Minuten hat sich bei einem gesunden Auge das Lackmus durch die alkalische Tränenflüssigkeit über eine Strecke von ungefähr 15 mm blau verfärbt.
Eine Benetzung von mehr als 25 mm deutet auf evaporative Augentrockenheit hin. Geringere Benetzung (weniger als 5,5 mm) deutet auf trockene Augen aufgrund eines Tränenflüssigkeitsmangels hin.
Der Patient sollte verschiedene Tränenersatzmittel ausprobieren, um das individuell geeignete Produkt zu finden. Es gibt ein großes Angebot an Darreichungsformen (Tropfen, Gel, Salbe). Salben und Gele mit hoher Viskosität haften gut am Auge, beeinträchtigen aber durch leichte Schlierenbildung das Sehvermögen und sind bevorzugt nachts anzuwenden.
Bei leichteren Beschwerden lindern Augentropfen mit vielfältigen Inhaltsstoffen die Beschwerden. Hyaluronsäure ähnelt in seiner Struktur dem Mucin des Tränenfilms. Es wirkt wundheilungsfördernd und antioxidativ und hat eine hohe Wasserbindungskapazität. Die Präparate sind schwer vergleichbar, da Viskosität und Fließverhalten mehr durch die Kettenlänge als durch die Konzentration der Hyaluronsäure bestimmt werden.
Auch fehlende Lipide können ergänzt werden. Zubereitungen enthalten mittelkettige Triglyceride, Omega-3-Fettsäuren oder Phospholipide. Sie werden auch als Spray auf die geschlossenen Augen gesprüht oder in Kombination mit Befeuchtungsmitteln eingesetzt. Die antientzündliche Komponente von Tetracyclinen (Doxycyclin, Minocyclin) verbessert in niedriger Dosierung oral Tränenfilm und Symptomatik des trockenen Auges, vor allem bei Akne, Rosacea oder Meibomdrüsen-Fehlfunktion.
Verstopfen die Ausgänge der Meibomdrüsen, sinkt der Lipidanteil der Tränen. Regelmäßige Lidrandpflege mit warmen Kompressen (10 bis 15 Minuten) und anschließendem Ausstreichen mittels Wattestäbchen lindern die Symptomatik.
Arzneistoff | Viskosität | weitere Eigenschaften |
---|---|---|
Stadium 1: Tränenersatzmittel | ||
Polyvinylalkohole, Povidon | niedrig viskös | hohes Wasserbindungsvermögen |
Cellulosederivate wie Carmellose und Hypromellose | höhere Viskosität | längere Verweildauer |
Carbomer-Präparate | sehr hohe Viskosität | Mucin-ähnlich, verbesserte Tränenfilmstabilität |
Hyaluronsäure | Viskosität richtet sich nach Kettenlänge | hohes Wasserbindungsvermögen, Mucin-ähnlich, antioxidativ, wundheilungsfördernd, gut haftend |
Liposomen mit Triglyceriden, Phospholipiden, Sojalecithin | geringe Viskosität | Verstärkung der Lipidschicht, verringerte Verdunstung |
Stadium 2: Immunmodulatoren | ||
Ciclosporin, Corticoide, Lifitegrast | geringe Viskosität | entzündungshemmend, immunmodulierend |
Stadium 3: Serumaugentropfen | ||
autologes Serum aus dem eigenen Blut | geringe Viskosität | schmerzstillend, verbesserte Tränensekretion |
Stadium 4: systemische Tränenstimulation | ||
Pilocarpin (3–4 × 5 mg)Bromhexin (3 × 16 mg) | verbesserte Tränensekretion |
Bei Schweregrad 2 werden Substanzen mit immunmodulierenden Eigenschaften eingesetzt (Tabelle). Corticosteroid-haltige Produkte wirken entzündungshemmend. Das Apothekenpersonal sollte aufgrund der Nebenwirkungen (Glaukom, Katarakt) auf die kurzzeitige Anwendung hinweisen.
Bei schweren, sehr schmerzhaften Störungen der Augenbenetzung werden auch Corticosteroide und Immunsuppressiva lokal eingesetzt. / © Adobe Stock/Adam Gregor
Augentropfen mit Lifitegrast oder Ciclosporin A verringern die inflammatorischen Prozesse. Zugelassen sind sie zur Behandlung schwerer Keratitis bei Erwachsenen mit trockenen Augen, die trotz Tränenersatzmitteln keine Besserung erfahren. Für Patienten mit Sicca-Syndrom, die keine proinflammatorische Pathophysiologie zeigen, ist Ciclosporin nicht geeignet.
Autologe Serum-Augentropfen wirken bei Schweregrad 3 als Tränenersatz und antiinflammatorisch. Sie werden aus dem Serum des eigenen Bluts hergestellt und dürfen nur für den Spender selbst verwendet werden (Tabelle).
Bei Schweregrad 4 erfolgt die Tränenstimulation entweder lokal mit höher dosiertem Ciclosporin oder systemisch mit Pilocarpin oder Bromhexin.
Augentropfen müssen steril, möglichst physiologisch und isotonisch sein und idealerweise einen pH-Wert von 7,4 haben. Tränenersatzmittel benötigen ein Konservierungsmittel, damit sich Keime im Mehrdosenbehältnis nicht vermehren können. Häufig eingesetzt wird Benzalkoniumchlorid, das antibakteriell und antiviral wirkt, aber die Augen reizen und die Lipid- und Mucinschicht stören kann.
Daher sollte das Apothekenpersonal bevorzugt konservierungsmittelfreie Präparate empfehlen. Diese gibt es in Einmaldosis-Ophthiolen, die viel Müll produzieren. Konservierungsmittelfrei sind auch Mehrdosen-Behältnisse mit Comod- oder Abak-System, die eine Kontamination mittels spezieller Luftführung verhindern.
Mittlerweile gibt es moderne Konservierungsstoffe, die besser vertragen werden (Polyquad, Polyhexanid) oder die in Verbindung mit Tränenflüssigkeit oder Tageslicht zerfallen (Oxychloro-Komplex, Natriumchlorit).
Aktuell unterstützen zahlreiche Studien die Hypothese, dass Entzündungsfaktoren aus einem irritierten Darmmikrobiom die Blut-Retina- und die Blut-Kammerwasser-Schranke überwinden und das Auge sowie das Mikrobiom auf der Augenoberfläche erreichen können. Die Forschung zeigt, dass bakterielle Enzyme die Lipide des Meibomdrüsen-Sekrets und dadurch das Sicca-Syndrom beeinflussen.
Die Zusammensetzung des Augenmikrobioms bei Patienten mit trockenen Augen unterschied sich in Studien von dem gesunder Personen. So verbesserte die Gabe einer Synbiotika-Mischung die Tränensekretion bei Sicca-Patienten. Eine andere Studie zeigte, dass ein fäkaler Mikrobiomtransfer sogar die Sjögren-Symptomatik verringerte. Zur Erhaltung eines gesunden Darmmikrobioms – und damit auch für gesunde Augen – sollte die Ernährung viel Obst und Gemüse, pflanzliche Öle (Omega-3-Fettsäuren), Vollkornprodukte und wenig verarbeitete Lebensmittel enthalten.
Das Sjögren-Syndrom ist eine Autoimmunerkrankung, die zur Entzündung von Tränen- und Speicheldrüsen führt, aber als Kollagenose auch andere Organe in Mitleidenschaft zieht. Die primäre Form mit unbekannter Ursache ist selten; bei der sekundären Form liegt eine rheumatische Erkrankung zugrunde. Durch die chronische Entzündung produzieren die Drüsen weniger Sekret mit der Folge von Xerophthalmie. Typische Symptome sind Fremdkörpergefühl, Brennen, verminderter Tränenfluss, Zerstörung der Cornea sowie Xerostomie und Gelenkbeschwerden.
Die (Differenzial-)Diagnose erfolgt nach den Empfehlungen des American College of Rheumatology (ACR) und der European League Against Rheumatism (EULAR) von 2017.
Die Therapie des Sjögren-Syndroms erfolgt symptomatisch und abgestuft. Dabei steht die Linderung von Symptomen im Vordergrund. Für die Lokaltherapie der Xerophthalmie stehen Tränenersatzmittel, Parasympathomimetika wie Pilocarpin oder Cevimelin (über eine internationale Apotheke zu beziehen) sowie zur Sekretanregung auch Ciclosporin-A-Augentropfen 0,1-prozentig und lokale Corticosteroide (nur kurzfristig) zur Verfügung. Zur Verhinderung des Tränenabflusses erfolgt der permanente chirurgische Verschluss des Tränenpünktchens.
Die systemische Therapie mit Biologika, Immunsuppressiva oder Glucocorticoiden erfolgt, wenn andere Organe in Mitleidenschaft gezogen sind.
Die Liste der Arzneimittel, die den Tränenfilm des Auges beeinflussen, ist lang. Bei einigen ist die Nebenwirkung in der Packungsbeilage erwähnt; oft ergibt sie sich bei längerer Anwendung aufgrund der anticholinergen Wirkung.
Anticholinergika bergen mit unterschiedlichem Potenzial ein hohes Risiko für eine Keratokonjunktivitis sicca. Substanzen, die am adrenergen System angreifen (Betablocker, α-Agonisten wie Brimonidin), vermindern die Sekretion der Tränenflüssigkeit und beeinflussen die Stabilität des Tränenfilms, indem sie die Bildung von Mucin reduzieren.
Arzneistoffe wie Amiodaron, Acetylsalicylsäure, Ibuprofen oder Bisphophonate werden in den Tränenfilm sezerniert und führen zu Irritationen. Besonders Bisphosphonate sind dafür bekannt, das Risiko für Entzündungen am Auge zu erhöhen.
Retinoide gelangen über die Tränenflüssigkeit ins Auge, führen zu Reizungen und stören die lipidproduzierenden Lidranddrüsen; damit ist die Stabilität des Tränenfilms verringert.
Weitere Arzneimittel wie Diuretika, selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Inhibitoren (SSRI), Chemotherapeutika, Antibiotika, Antihistaminika, Opioide, Benzodiazepine oder Kontrazeptiva sowie Augentropfen zur Glaukomtherapie reduzieren die Menge und/oder verändern die Zusammensetzung des Tränenfilms. Die Folgen sind Rötungen, Brennen oder Fremdkörpergefühl. Das Apothekenteam sollte auf diese Nebenwirkungen – nicht nur bei einer Medikationsanalyse – hinweisen.
Ober- und Unterlid schließen in der Regel dicht und schützen das Auge vor Verletzungen und Verdunstung der Tränenflüssigkeit. Störungen dieser Funktion betreffen überwiegend das Unterlid. Dreht sich dieses einwärts (Entropium), scheuern die Wimpern auf der Hornhaut. Dies kann langfristig Schäden verursachen. Dreht sich der Lidrand auswärts (Ektropium), schließen beide Lider nicht mehr korrekt und die Verteilung der Tränenflüssigkeit ist verringert.
Betroffen sind überwiegend ältere Menschen aufgrund zunehmender Gewebeerschlaffung oder anderer Augenleiden. Die Augen sind gerötet, irritiert, ein Fremdkörpergefühl entsteht, Tränen fließen. Milde Formen werden mit künstlichen Tränen behandelt, bei schweren Formen hilft eine Operation.
© Shutterstock/Zamrznuti tonovi
Eine Kundin verlangt ein Arzneimittel, das ihren die Sicht behindernden Tränenfluss stoppt. Auf die Frage, welche Arzneimittel sie sonst noch einnimmt, nennt sie Amitriptylin.
Das Apothekenpersonal erklärt der Frau, dass der gesteigerte Tränenfluss auf ein Sicca-Syndrom hindeutet. Die hormonelle Umstellung in den Wechseljahren ist auch auf der Augenoberfläche zu spüren. Die Aktivität der Meibomdrüsen lässt nach, sodass das für die Stabilität des Tränenfilms wichtige fetthaltige Sekret abnimmt. Die anticholinerge Nebenwirkung von Amitriptylin erhöht das Risiko.
Da Entzündungen und Schäden der Hornhaut zu befürchten sind, empfiehlt das Apothekenteam der Kundin, die Probleme zunächst beim Augenarzt abklären zu lassen. Es erklärt ihr die richtige Anwendung von Augenarzneimitteln und markiert für sie Wichtiges im Beipackzettel:
Anwendung von Augentropfen
Anwendung von Augensalben
Wenig bekannt ist die Canaliculitis, eine Entzündung der Tränenkanälchen. Begleitende Symptome sind Augentränen, Ausfluss, Rötungen und Druckempfindlichkeit am inneren Lidrand in Nähe der Nase. Der Ophthalmologe entfernt infiziertes Material (Dakryolithe) aus den Tränenkanälchen und spült mit einer antibiotischen Lösung. Verordnet werden lokale Antibiotika über sieben bis zehn Tage. Das Apothekenpersonal kann warme Augenkompressen empfehlen.
Im höheren Alter erschlafft das Bindegewebe. Wird dadurch das komplizierte Zusammenspiel der Lidmuskeln gestört, können Fehlstellungen der Lider entstehen. Beim Ektropium dreht sich das Unterlid nach außen. / © Berufsverband der Augenärzte (BVA)
Eine akute Tränensackentzündung (Dakryozystitis) entsteht häufig durch eine von der Nasenhaupthöhle aufsteigende Infektion. Ist der Tränennasengang verschlossen, staut sich die Flüssigkeit im Tränensack. Neben Druckschmerzen, Rötung und Augentränen tritt bei schweren Infektionen auch Fieber auf. Die Differenzialdiagnose durch den Augenarzt ist wichtig. Da es sich häufig um viral bedingte Entzündungen handelt, kann das Apothekenpersonal beruhigende Augentropfen empfehlen. In hartnäckigen Fällen und bei leichter bakterieller Superinfektion sind desinfizierende Augenarzneimittel (Bibrocathol) hilfreich.
Bei einer chronischen Dakryozystitis schwillt der Tränensack im Innenwinkel des Auges an. Besonders wenn Fieber hinzukommt, verordnet der Arzt systemisch wirksame Antibiotika (Erythromycin, Cefuroxim).
Eine Dakryostenose beschreibt die Verengung des Tränennasengangs, sodass die Tränen nicht mehr ausreichend über den Nasengang abfließen können. Bei der angeborenen Form sind die Tränennasengänge ein- oder beidseitig unausgereift. Oft verschwindet das Problem, wenn das Kind etwa ein Jahr alt ist, da sich das nasolakrimale System ausbildet. Bei älteren Kindern hilft nur die operative Öffnung durch eine Nasensonde.
Eine erworbene Dakryostenose entsteht häufig durch eine altersbedingte Verengung des Kanals oder durch Entzündungen (Sarkoidose, Granulomatose mit Polyangiitis, chronische Konjunktivitis), Arzneimittel (Chemotherapeutika), Autoimmunerkrankungen oder Bestrahlung. Bei heftigen Beschwerden ist ein chirurgischer Eingriff notwendig.
Barbara Staufenbiel studierte Pharmazie in Münster. 16 Jahre lang leitete sie die Rabenfels-Apotheke in Rheinfelden. Seit ihrer Rückkehr nach Münster arbeitet sie in einer öffentlichen Apotheke und engagiert sich für die Fortbildung als Referentin und Autorin mit Schwerpunkt Apothekenpraxis.