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Interleukin-2

Kunstprotein gegen Krebs

US-Wissenschaftler haben am Computer ein künstliches Protein entwickelt, das die erwünschte Wirkung von Interleukin-2 in der Krebstherapie haben soll, ohne die Nebenwirkungen der hoch dosierten Zytokin-Therapie zu entfalten. In ersten Versuchen mit Tieren erwies sich Neo-2/15 als sehr gut wirksam und verträglich.
AutorKontaktTheo Dingermann
Datum 13.01.2020  11:44 Uhr

Rekombinantes Interleukin-2 (Aldesleukin) war eines der ganz frühen rekombinanten Proteine, die mit viel Hoffnung für die Behandlung von Tumorleiden entwickelt wurden. In Europa wurde Aldesleukin 1989 für die Behandlung des metastasierten Nierenzellkarzinoms zugelassen. Die großen Hoffnungen, die man in diesen Wirkstoff gesetzt hatte, erfüllten sich jedoch nicht. Das Protein provozierte kaum kontrollierbare Nebenwirkungen.

Dabei war die Hypothese so plausibel. Denn Interleukin (IL)-2 ist die übergeordnete Kontrollinstanz für das immunologische Netzwerk, das auch dafür verantwortlich ist, maligne entartete Zellen im Körper aufzuspüren und zu eliminieren. Schnell musste man jedoch zur Kenntnis nehmen, dass die zur Bekämpfung von Krebs erforderliche Dosis von einem Menschen nicht toleriert wird.

Jetzt haben Wissenschaftler mithilfe von Computermodellen ein neues Protein von Grund auf neu entwickelt, das die immunverstärkenden Fähigkeiten von IL-2 besitzt, gleichzeitig aber die gefährlichen Nebenwirkungen nicht mehr entfaltet. Das zeigen zumindest präklinische Studien, denn bisher wurde das Kunstprotein nur an Tieren getestet.

Das Zytokin IL-2 ist einer der stärksten Immunaktivatoren. Diese Eigenschaft entfaltet das Protein, indem es an spezielle IL-2-Rezeptoren bindet. Dies ist zum einen der heterodimere IL-2-Rezeptor βγ (IL-2Rβγ), zum anderen der IL-2-Rezeptor α (IL-2Rα oder CD25) oder der IL-15-Rezeptor α (IL-15Rα oder CD215).

Für die starken Nebenwirkungen scheint die Bindung von IL-2 an die α-Rezeptoren verantwortlich zu sein. Das lässt sich aus Tiermodellen ableiten, die keinen dieser Rezeptoren exprimieren.

»Mehr als 30 Jahre hat man versucht, IL-2 so zu modifizieren, dass man es sicherer und wirksamer einsetzen kann«, sagt Dr. Daniel Adriano Silva Manzano, Biochemiker an der University of Washington in Seattle und Erstautor der Publikation, in der das Kunstprotein im Fachjournal »Nature« beschrieben wird. IL-2 ist jedoch sehr instabil und toleriert so gut wie keine Strukturmodifikationen, sagt Silva Manzano.

Aus diesem Grund machten sich die Wissenschaftler aus Kanada, den USA, Portugal, Spanien und Großbritannien daran, ein Protein mit den Eigenschaften von IL-2 ganz neu zu entwickeln. Sie studierten dazu zunächst die Wechselwirkungen, die ein IL-2-Molekül mit den gewünschten β- und γ-Rezeptoren sowie dem unerwünschten α-Rezeptor ausbilden. In seiner dreidimensionalen Struktur bildet IL-2 vier Segmente, die sich zu α-Helices verdrehen und durch eine Reihe von Schleifen zusammengehalten werden. Am Boden dieser Struktur aus Helices und Schleifen befinden sich zwei Stellen, die an die β- und γ-Rezeptoren binden. Dagegen binden Teile einer der Helices und zweier Schleifen am oberen Ende des Proteins an α-Rezeptoren.

Die Wissenschaftler programmierten dann eine Software zum Design eines Proteins, die in der Gruppe des Seniorautors Professor Dr. David Baker unter dem Namen Rosetta entwickelt worden war. Das Ziel war es, die erforderlichen Wechselwirkungen mit den β- und γ-Rezeptoren aufrechtzuerhalten, aber den Teil zu eliminieren, der an α-Rezeptoren bindet. Rosetta schlug 40 Strukturen vor. Nach genauer Analyse dieser Vorschläge synthetisierte und testete das Team 22 Protein-Varianten auf Stabilität und Wirksamkeit.

Schließlich entschieden sich die Forscher für eine Version, die sie Neo-2/15 nannten und die nur 14 Prozent der Aminosäuresequenz mit authentischem IL-2 teilt. Es zeigte sich, dass diese Variante hochaffin an β- und γ-Rezeptoren, nicht jedoch an α-Rezeptoren bindet. In Mausmodellen für Darmkrebs und Melanom erwies sich die Neo-2/15-Variante als deutlich besser verträglich als authentisches IL-2. Neo-2/15 hemmte jedoch das Tumorwachstum stark und führte bei einigen der Tiere zur Komplettremission.

»Der Ansatz war brillant«, sagt Professor Dr. James Olson, ein klinischer Onkologe am Fred Hutchinson Cancer Research Center in Seattle, der nicht an der Arbeit beteiligt war. Zu hoffen bleibt, dass das Kunstprotein auch vom Menschen so gut vertragen wird. Man könnte dann die Patienten mit Neo-2/15 länger und besser behandeln und so das Immunsystem für den Angriff auf den Tumor aktivieren, so Olson. Der Wirkstoff könnte auch mit zugelassenen Immuntherapeutika, etwa Checkpoint-Inhibitoren, kombiniert werden.

Die University of Washington hat Neo-2/15 an ein Startup-Unternehmen in Seattle (Neoleukin Therapeutics) lizenziert, das daran arbeitet, den neuen Wirkstoff für klinische Studien zu produzieren.

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