Pharmazeutische Zeitung online
Unnötiges Leid

Kopfschmerzen ernst nehmen und richtig behandeln

Jeden zweiten Erwachsenen plagen Kopfschmerzen. Zum Europäischen Migräne- und Kopfschmerztag zeigt sich jedoch: Zu wenig Betroffene werden ärztlich behandelt, und beim Wissen über die Erkrankung ist viel Luft nach oben.
dpa
12.09.2022  09:00 Uhr

Kopfschmerzen sind eine Volkskrankheit, von der rund 47 Millionen Erwachsene zumindest zeitweise geplagt werden. Bei 25 Millionen Menschen handelt es sich um Spannungskopfschmerz, bei 18 Millionen Betroffenen um Migräne, wie Professor Dr. Hartmut Göbel, Gründer und Chefarzt der Schmerzklinik Kiel sagt. Besonders stark beeinträchtigt eine chronische Migräne: 1 bis 2 Prozent der Bevölkerung, also bundesweit 1,66 Millionen Menschen, leiden an mindestens 15 Tagen im Monat unter erheblichem Migräneschmerz, der den gesamten Körper in Mitleidenschaft ziehen kann.

Zum Europäischen Kopfschmerz- und Migränetag am 12. September weisen Experten darauf hin, dass es beim Wissen über die Erkrankungen noch viel Luft nach oben gebe. «Migräne steht weltweit an zweiter Stelle der am meisten beeinträchtigenden Krankheiten», schildert Göbel. Sie trete vor allem zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr auf, bei Frauen zwei- bis dreimal häufiger als bei Männern. Aber auch bei Kindern und Jugendlichen komme sie zunehmend vor.

Die Notwendigkeit für Behandlungen steige. In Europa sei aber davon auszugehen, dass nur etwa 20 Prozent der Betroffenen ärztlich versorgt werden. Kopfschmerzen würden häufig mit «wissenschaftlich ungesicherten unkonventionellen Therapien» behandelt.

Menschen sollen trotz Kopfschmerz »funktionieren«

Migräne und chronische Kopfschmerzen gehören zu den häufigsten Gründen für kurzfristige Arbeitsunfähigkeit, betont der Neurologe und Psychologe. Vor allem bei chronischer Migräne sei der Leidensdruck enorm. Und: «Arbeitsunfähigkeit durch Migräne allein kostet 3,1 Milliarden Euro pro Jahr in Deutschland.» Plus Produktivitätsverlust nicht bezahlter Arbeit in Haushalt, Kindererziehung oder bei der Angehörigen-Pflege.

Schmerz führe zu Einschränkungen im Berufs- und Sozialleben, berichtet auch Privatdozent Dr. Charly Gaul, Generalsekretär der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft. Den Betroffenen sieht man die Krankheit nicht an, sie ziehen sich bei Attacken zurück, oft ins abgedunkelte Zimmer. Viele sind extrem licht-, lärm- und geruchsempfindlich, sie kämpfen mit Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Kreislaufschwäche. Manche haben mit Störungen wie Lichtblitzen oder verschwommener Sicht, der sogenannten Aura zu tun.

Die chronisch Betroffenen setzen sich oft unter Druck, erleben sich selbst als «unzuverlässig» und haben vor anstehenden wichtigen Ereignissen Angst vor der nächsten Attacke, weiß Neurologe Gaul. Der Leistungsdruck sei allgemein hoch, «Funktionieren» werde erwartet.

Migräne sei aber weniger schambesetzt als noch vor 20 Jahren. «Betroffene machen die Erfahrung, dass sie auf mehr Verständnis treffen, wenn sie offen kommunizieren.» Allerdings sei dieser Zustand längst noch nicht überall erreicht. «Das Wissen über die Natur und den Verlauf der Migräne ist im Alltag bei Nicht-Betroffenen gering», meint Göbel. Es kursierten viele Mythen über Migräne. Die Erkrankung sei in der sozialen Welt mit einem Makel verbunden.

Prophylaxe mitdenken

Zugleich haben Kopfschmerzen und Migräne – eine neurologische, genetisch verankerte Erkrankung – zugenommen. Dennoch: «Migräne ist unterdiagnostiziert und unterbehandelt.» Ein Problem auch, weil bei starker Migräne zusätzlich ein erhöhtes Risiko für Depressionen, Herzinfarkt oder auch Schlaganfall besteht. Medikamente könnten nicht heilen, aber helfen.

Bei häufiger Migräne seien mehrere vorbeugende Medikamente sehr wirksam, erläutert Göbel. Darunter auch eine Gruppe von Medikamenten, die als Antikörper wirken. Bei Mitteln gegen Akutschmerz, etwa den Triptanen, sollten weniger als zehn Tabletten im Monat eingenommen werden, sonst könne sogar Schmerz ausgelöst werden, mahnen Mediziner. Bei Übergebrauch sei das Risiko groß, dass der Schmerz chronisch werde, warnt Schmerztherapeut Gaul – ein Teufelskreis.

Göbel zufolge leiden geschätzt 3 Prozent der Bevölkerung an Kopfschmerzen als Folge von solchem Übergebrauch. Die Gesellschaft für Neurologie betont zudem: Oft bleiben nach Covid-19 noch länger Kopfschmerzen bestehen – auch dann sei der zu häufige Griff nach Schmerztabletten der falsche Weg.

Bei Migräne sind Verhaltenstherapie, Entspannungsübungen und körperliche Aktivitäten wichtig, sagt DMKG-Sprecher Gaul. Es gebe individuell verschiedene Migräne-Auslöser wie Hormonschwankungen, einen gestörten Wach-Schlaf-Rhythmus, Wetterwechsel oder auch Stress mitsamt folgendem Stressabfall. «Alles zu Schnelle, alles zu Viele, alles zu Plötzliche, alles Impulsive kann Migräneattacken auslösen», ergänzt Göbel.

Früher habe man bestimmte Nahrungsmittel wie Käse, Zitrusfrüchte oder Schokolade als Trigger verdächtigt. Es habe sich aber gezeigt, dass bereits der Hunger nach diesen Speisen Ankündigungssymptome einer Migräne seien.

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa