Kopfschmerzen bei Kindern erkennen und behandeln |
Drückt das Kind die Hände an den Kopf oder vor die Augen, kann das ein Hinweis darauf sein, dass es an Kopfschmerzen leidet. / Foto: Adobe Stock/Samantha’s Studio
»Die Diagnose von Kopfschmerzen ist bei jüngeren Kindern nicht einfach«, erläutert der Münchner Kinder- und Jugendarzt Professor Dr. Berthold Koletzko, Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit, in einer Pressemitteilung. Häufige Anzeichen seien Reizbarkeit, Unruhe und Überempfindlichkeit gegen Berührungen. Etwas ältere Kinder könnten auf ihre Beschwerden schon konkreter hinweisen, etwa indem sie die Hände an den Kopf oder vor die Augen drücken und in ihrer Mimik Schmerzen ausdrücken. Verlässliche Beschreibungen seien aber erst im Vorschul- und frühen Schulalter zu erwarten.
Kopfschmerzen im Kindesalter treten laut Stiftung Kindergesundheit immer häufiger auf und zählen heute zu den häufigsten Gründen, warum Kinder einem Arzt vorgestellt werden. Es seien zudem immer jüngere Kinder betroffen, nämlich schon im Vorschulalter annährend 20 Prozent. Bis zum Ende der Grundschulzeit habe dann bereits etwa jedes zweite Kind unangenehme Erfahrungen mit Kopfschmerzen gemacht. Besonders bedenklich sei dabei, dass Kopfschmerzen auch bei Kindern chronisch werden und sich zu einem langanhaltenden, wenn nicht sogar lebenslangen Gesundheitsthema für das Kind entwickeln könnten.
Laut der Stiftung sind bei Kindern wie auch bei Erwachsenen Migräne und Spannungskopfschmerz die häufigsten primären Kopfschmerzerkrankungen. Symptomatisch gebe es aber bei den Kleinen einige Besonderheiten.
So hörten Kinder während einer akuten Migräneattacke meistens auf, zu spielen oder zu lernen, seien blass, wollten sich hinlegen und vielleicht auch schlafen. Typisch sei auch, dass jede Anstrengung vermieden werde und das Kind im Laufe einer Attacke einschlafe. Beim Aufwachen seien die Beschwerden dann verschwunden. Der pulsierende oder pochende Schmerz sei – im Gegensatz zur Migräne bei Erwachsenen – zumeist nicht nur auf eine Kopfseite beschränkt, sondern betreffe beide Seiten und häufig auch die Stirn.
Unter den migränetypischen Begleiterscheinungen stünden bei Kindern vor allem Übelkeit und Erbrechen, aber auch Geräusch- und Lichtempfindlichkeit im Vordergrund. Die Attacken seien kürzer als bei Erwachsenen und dauerten nur selten länger als zwei Stunden. Neurologische Ausfälle kurz vor einer Attacke wie Flimmersehen oder Lichtblitze in den Augen, Gefühlsstörungen in Händen und Armen oder auch Sprachstörungen seien auch bei Kindern möglich. Die Heftigkeit des Schmerzes und der neurologischen Begleitsymptome könne so intensiv sein, dass das Kind sie mit starker Angst erlebe.
Spannungskopfschmerz äußere sich bei Kindern wie bei Erwachsenen als leichter bis mäßiger, dumpf-drückender, meist beidseitiger Schmerz, der sich vom Nacken zur Stirn oder in der Gegenrichtung ausbreite und auch die Augen oder Wangen in Mitleidenschaft ziehe. Auch bei Kindern gilt der Rat, sich zu bewegen, denn Spannungskopfschmerz wird bei körperlicher Bewegung nicht stärker, sondern eher schwächer.
Auch andere körperliche Erkrankungen können bei Kindern Kopfschmerzen verursachen, etwa fieberhafte Infekte, Entzündungen der Kieferhöhle, des Ohrs, des Halses oder der Rachenmandeln sowie Bluthochdruck. Als weitere mögliche, wenn auch seltene Auslöser nennt die Stiftung Kindergesundheit eine Meningitis, einen Hirntumor und eine Gehirnerschütterung. Die Ursache könne aber auch weit weniger gravierend sein, etwa ein nicht erkannter und korrigierter Sehfehler oder zu viel direkte Sonneneinstrahlung auf den unbedeckten Kopf. Ebenso wie Erwachsene reagierten auch Kinder darüber hinaus auf Stress mit Kopfschmerzen. In diesen Fällen sei es wichtig, die tieferen Ursachen und Konflikte in der Familie oder in der Schule zu erkennen.
Um die Ursachen von wiederkehrenden Kopfschmerzen zu ermitteln, kann ein Kopfschmerzkalender helfen. Darin sollten die Eltern und/oder das Kind über zwei bis drei Wochen Dauer und Stärke der Schmerzen, Begleitsymptome, mögliche Auslöser und auch eingenommene Medikamente notieren. Generell kann Kindern, die zu Kopfschmerzen neigen, geraten werden, sich viel im Freien zu bewegen, regelmäßig Sport zu treiben, ausreichend Wasser zu trinken, wenig Zeit mit Computerspielen und Fernsehen zu verbringen sowie auf geregelte Mahlzeiten und ausreichend Schlaf zu achten.
Zurückhaltung ist dagegen erst einmal bei Medikamenten angezeigt. Acetylsalicylsäure (ASS) darf wegen der Gefahr eines Reye-Syndroms generell erst ab zwölf Jahren gegeben werden. Alternativen für jüngere Kinder sind Ibuprofen oder Paracetamol. Bei Spannungskopfschmerz kann auch die Anwendung von 10-prozentigem Pfefferminzöl auf Stirn und Nacken Linderung bringen. Wichtig seien laut Stiftung auch nicht medikamentöse Maßnahmen wie Entspannungsübungen, Physiotherapie und eine Anpassung des Tagesrhythmus sowie reflektierende Gespräche mit Kind über Dinge, die es belasten oder ihm eher guttun.