Kompetenzen des anderen kennen |
Carolin Lang |
28.10.2020 18:00 Uhr |
PZ: Was können Mediziner und Pharmazeuten voneinander lernen?
Seeger: Die Studierenden sollen vielmehr etwas übereinander als voneinander lernen und die Bewegründe sowie den Entscheidungsspielraum des anderen kennenlernen. In dieser Hinsicht besteht aktuell ganz viel Nachholbedarf. Die Kommunikation zwischen Arzt und Apotheker gestaltet sich hier oft schwierig, was unter anderem daran liegt, dass sie den Arbeitsalltag und die Anforderungen des anderen nicht kennen.
J. Schulz: Das ist richtig. Tritt beispielsweise eine Arzneimittel-Interaktion auf, muss das nicht zwangsweise ein Fehler des Arztes sein – eventuell gab es einfach keine andere Option. Umgekehrt ist es sinnvoll für einen Arzt zu verstehen, weshalb der Apotheker beispielsweise Formalien auf einem Rezept bemängelt, die zum Beispiel für die exakte Darreichungsform essenziell sind.
PZ: Wo sehen Sie die Probleme in der aktuellen Zusammenarbeit von Arzt und Apotheker?
Gehrke-Beck: Der Kontakt zwischen Arzt und Apotheker im Arbeitsalltag beläuft sich häufig nur auf Situationen, die schiefgelaufen sind. Dabei geht leider häufig unter, dass die Zusammenarbeit oft auch sehr gut klappt. In vielen Fällen arbeiten beide Seiten super zusammen, ohne es zu bemerken. Nebenbei gibt es systemische Probleme, die eine Zusammenarbeit erschweren. Unser Gesundheitswesen ist sehr fraktioniert und nicht darauf ausgelegt, dass Arzt und Apotheker dauerhaft zusammenarbeiten.
Behrend: Da stimme ich zu. Es müsste auch von offizieller Seite mehr Anreize dafür geben, zusammenzuarbeiten. Das Problem können wir aber von universitärer Seite nicht lösen. Wir können beiden Professionen nur zeigen, dass ein erfolgreiches Miteinander viele Vorteile mit sich bringt.
PZ: Welche Chancen sehen Sie in einer interprofessionellen Zusammenarbeit?
Behrend: Einige Studien belegen, dass eine interprofessionelle Zusammenarbeit sowohl die Patientenzufriedenheit als auch die Arbeitszufriedenheit in den Gesundheitsprofessionen erhöht. Befürworter gehen außerdem davon aus, dass die Patientensicherheit zunimmt, da eine gute Kommunikation das Fehlerpotenzial reduziert.
Seeger: Hier gibt es auch viel Potenzial für Verbesserungen im stationären Bereich. So können Arzt und Apotheker eine Therapie gemeinsam besser auf den Patienten abstimmen, anstatt lediglich standardisierten Therapieschemata zu folgen. Kurz gesagt: interprofessionelle Zusammenarbeit fördert die Arzneimitteltherapiesicherheit – sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.