Klinische Folgen der CYP2D6-Wechselwirkung |
Carolin Lang |
08.08.2024 14:00 Uhr |
Ältere Patienten sind besonders häufig von Polymedikation betroffen. / Foto: Getty Images/Dobrila Vignjevic
In den USA ist die Kombination von Opioiden und Antidepressiva bei Bewohnern von Pflegeheimen keine Seltenheit: Zwischen 2011 und 2015 erhielten laut der Publikation mehr als ein Drittel derer mit chronischen Schmerzen neben verschreibungspflichtigen Opioiden auch Antidepressiva. Häufig handele es sich bei den Opioiden um solche, die über CYP2D6 metabolisiert werden. Bei Codein etwa wird CYP2D6 für die Bioaktivierung zu Morphin benötigt, bei Tramadol entsteht O-Desmethyltramadol als wirksamer Metabolit. Auch Hydrocodon und Oxycodon werden über CYP2D6 metabolisiert. Das prädisponiert für Wechselwirkungen mit CYP2D6-hemmenden Antidepressiva.
Welche klinischen Auswirkungen die Kombination entsprechender Arzneistoffe bei Pflegeheimbewohnern hat, untersuchte nun eine Arbeitsgruppe um Dr. Yu-Jung Jenny Wei von der Ohio State University. Dabei nahm sie unter anderem die Verschlimmerung von Schmerzen, schmerzbedingte Krankenhausaufenthalte sowie Opioid-Konsumstörungen und -Überdosierungen in den Blick.
In die Untersuchung flossen Daten von Pflegeheimbewohnern im Alter von mindestens 65 Jahren ein, die über CYP2D6 metabolisierte Opioide erhielten und außerdem eine Indikation für die Einnahme von Antidepressiva aufwiesen. Die Forschenden differenzierten hier zwischen CYP2D6-hemmenden Antidepressiva, zu denen sie Fluoxetin, Paroxetin, Duloxetin, Doxepin und Bupropion zählten, und CYP2D6-neutralen Wirkstoffen.
Bei insgesamt 29.435 Pflegeheimbewohnern war die gleichzeitige Einnahme von über CYP2D6 metabolisierten Opioiden und CYP2D6-hemmenden Antidepressiva verglichen mit CYP2D6-neutralen Antidepressiva mit einem höheren Risiko für eine Schmerzverschlimmerung verbunden (adjustierte Risikorate 1,13).
Schmerzbedingte Hospitalisierungen (adjustierte Inzidenzrate 1,37) waren genau wie Besuche in der Notaufnahme (adjustierte Inzidenzrate 1,49) häufiger zu beobachten. Gleiches galt für Opioid-Konsum-Störungen (adjustierte Inzidenzrate 1,93). Keine Unterschiede waren hingegen bei der körperlichen Funktionen, Depressionen und Opioid-Überdosierungen zu verzeichnen.
»Wenn die gleichzeitige Anwendung von CYP2D6-metabolisierten Opioiden und Antidepressiva klinisch erforderlich ist, könnte die Wahl eines CYP2D6-neutralen Antidepressivums anstelle eines CYP2D6-hemmenden eine bessere Schmerzkontrolle ermöglichen und schmerzbedingten Krankenhaus- und Notaufnahme-Besuchen sowie Opioid-Konsum-Störungen vorbeugen«, schlussfolgert die Arbeitsgruppe. Sie weist außerdem darauf hin, dass die Ergebnisse nicht auf andere Patientengruppen übertragbar sind.