Keine Risiken durch Aluminium |
Johanna Hauser |
14.08.2025 15:00 Uhr |
In den ersten zwei Lebensjahren erhalten Kinder eine Reihe von Schutzimpfungen, von denen einige auch Aluminium als Wirkverstärker enthalten. / © Adobe Stock/Martin Lang
Aluminium wird häufig als Adjuvans in Totimpfstoffen verwendet, um die Immunantwort zu verstärken. Bedenken wegen möglicher neurologischer Folgeschäden durch die Aluminiumexposition führen seit Jahren regelmäßig zu Diskussionen. Ergebnisse aus Tierversuchen schüren diese Bedenken. Hier wird jedoch mit hoch dosierten parenteralen Verabreichungen über einen längeren Zeitraum gearbeitet. Bei Menschen betrifft dies nur Personen, die durch Dialyse, berufsbedingte Inhalation oder intravenöse parenterale Ernährung eine hohe Exposition hatten.
Laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) beträgt die duldbare wöchentliche Aufnahmemenge von Aluminium 1 mg/kg Körpergewicht. Der Aluminiumanteil als Adjuvans in Impfstoffen liegt nach Angaben des Paul-Ehrlich-Instituts mit 0,113 bis 0,135 mg Aluminiumhydroxid pro Dosis deutlich darunter. Das Europäische Arzneibuch (Ph.Eur.) begrenzt den Aluminiumgehalt auf maximal 1,25 mg pro Dosis.
Aluminiumadsorbierte Impfstoffe, die im frühkindlichen Alter appliziert werden, sind zum Beispiel gegen Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten, Haemophilus influenzae Typ b (Hib), Pneumokokken und Hepatitis B gerichtet. Eine Forschungsgruppe um Dr. Niklas Worm Andersson vom Statens Serum Institut in Kopenhagen hat die Langzeitsicherheit aluminiumhaltiger Impfstoffe mit einer Kohortenstudie untersucht und die Ergebnisse im Fachjournal »Annals of Internal Medicine« veröffentlicht.
Das Team wertete Daten von mehr als 1,2 Millionen Kindern aus, die zwischen 1997 und 2018 in Dänemark geboren worden waren. Die Nachbeobachtung erfolgte bis 2020 oder bis zum Alter von fünf Jahren. Für jedes Kind wurde anhand der erhaltenen Impfungen die Gesamt-Aluminiumexposition bis zum zweiten Lebensjahr berechnet. Diese wurde in Beziehung gesetzt zur Inzidenz von 50 chronischen Erkrankungen (36 Autoimmunerkrankungen, neun atopische/allergische Erkrankungen und fünf neurologische Entwicklungsstörungen). Für jede Erkrankung und für jeden Erkrankungskomplex (autoimmun, atopisch/allergisch, neurologisch) errechneten die Forschenden anschließend eine Hazard-Ratio pro 1-mg-Erhöhung der Aluminiumexposition.
Insgesamt war kein deutlich erhöhtes Risiko für das Auftreten chronischer Erkrankungen durch eine steigende Aluminiumexposition auszumachen. Bei den einzelnen Erkrankungen kam Asthma bronchiale am häufigsten vor. Hier lag die Hazard-Ratio (HR) bei 0,96, gefolgt von der atopischen Dermatitis (HR 1,02) und allergischer Rhinitis (HR 0,99). In den kombinierten Gruppen ergab sich folgendes Bild:
Die adjustierten HR betrugen
Statistisch gab es somit keine Hinweise auf einen mittleren oder gar starken Risikoanstieg, bis zum fünften Lebensjahr an einer der untersuchten Störungen zu erkranken. Für einige seltene Erkrankungen konnte das Team kleine, relative Risikoanstiege aber nicht ausschließen.
Limitationen der Studie sind unter anderem, dass die Autoren Daten aus der klinischen Routine analysierten und eine echte Randomisierung daher fehlt. Weil sich sowohl die Zusammensetzung der Impfstoffe als auch die Impfempfehlungen während des Studienzeitraums änderten, waren Kinder, die später im Studienzeitraum geboren wurden, durchschnittlich höheren Aluminiumdosen ausgesetzt. Auch hat die Zahl der Diagnosen für mehrere der analysierten chronischen Erkrankungen in den letzten Jahrzehnten generell zugenommen, darunter Autismus-Spektrum-Störungen und Allergien. Dies könnte zu einer Verzerrung der Ergebnisse führen.
Der US-amerikanische Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr., der ein ausgewiesener Impfskeptiker ist, übte in einem Meinungsbeitrag auf der Plattform »Trialsite News« am 1. August scharfe Kritik an der Studie, die »fehlerhafte Wissenschaft und gekaufte Schlussfolgerung« enthalte. So warf Kennedy den Autoren unter anderem vor, absichtlich Kinder mit hohem Schadensrisiko auszuschließen, keine Kontrollgruppe gebildet zu haben sowie anfällige Subpopulationen von Kindern nicht zu berücksichtigen. Zudem seien in betrügerischer Absicht Fehler in Methodik und Design gemacht worden. Als notwendige Konsequenz forderte Kennedy den sofortigen Rückzug der Studie.
In mehreren Statements wiesen die Autoren die geäußerte Kritik zurück. So sei beispielsweise die Kontrollgruppe an ungeimpften Kindern sehr klein gewesen, was zu statistisch nicht aussagekräftigen Ergebnissen geführt hätte, da die Durchimpfungsrate in Dänemark bei 94 bis 97 Prozent liege. Die Analyse der Dosis-Wirkungs-Beziehungen sei gewählt worden, um Verzerrungen zu reduzieren und die statistische Präzision zu erhöhen.
Auch die Kritik am Studiendesign ließen die Autoren nicht gelten. Es sei das Design einer US-amerikanischen Kohortenstudie aus dem Jahr 2023 übernommen und weiterentwickelt worden, die eine positive Assoziation zwischen Aluminiumexposition durch Impfstoffe und dem Auftreten von Asthma ergeben hatte. Dieser Zusammenhang sollte mit dänischen Daten bestätigt oder widerlegt werden, berichtet Professor Dr. Anders Hviid, Leiter der Abteilung Epidemiologie am Statens Serum Institut.
Man habe auch darauf verwiesen, dass das Risiko für einige Erkrankungen durchaus erhöht sein könne. Die Redaktion der »Annals of Internal Medicine« verweist darauf, dass der verwendete Datensatz viel umfangreicher sei als die in den USA verfügbaren Daten und bekräftige, dass die Studie wertvolle Informationen liefere. Die Autoren hätten sich an die Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors gehalten. Die Studie zurückzuziehen, lehnte die Redaktion ab.