Kaugummi spürt Grippeviren auf |
Annette Rößler |
06.10.2025 08:00 Uhr |
Ein Diagnostikum in Form eines Kaugummis oder eines Lutschers könnte die Früherkennung von Grippeinfektionen deutlich erleichtern. / © Adobe Stock/ BillionPhotos.com (Symbolbild)
Selbsttests zur Früherkennung von Infektionen sind uns allen aus der Coronapandemie noch bestens bekannt. Sie waren ein wichtiges Hilfsmittel, um Infizierte früh zu erkennen und idealerweise zu isolieren, bevor diese weitere Personen anstecken konnten. Während man bei diesen Tests für die Probeentnahme mit einem Wattestäbchen unangenehm weit in Nase und/oder Rachen fahren musste, ist eine Neuentwicklung, die Forschende im Fachjournal »ACS Central Science« vorstellen, deutlich anwendungsfreundlicher: Es geht um ein Grippediagnostikum, das eines Tages als Kaugummi oder Lutscher auf den Markt kommen könnte.
Grippeviren spalten mit ihrer Neuraminidase Sialinsäuren von Glykoproteinen ab, was sowohl für die Infektion von Wirtszellen als auch für die Ausschleusung von neuen Viren aus infizierten Zellen wichtig ist. Um die Gegenwart von viraler Neuraminidase nachzuweisen, entwickelte die Gruppe um Martina Raschig von der Universität Würzburg ein Molekül, das aus einer Sialinsäure gekoppelt an Thymol besteht. Dieses soll von Menschen, die sich möglicherweise mit Influenza infiziert haben, gekaut oder gelutscht werden.
Die Bindung wurde von den Forschenden so gestaltet, dass sie nur von viraler Neuraminidase gespalten werden kann. Geschieht dies, entsteht freies Thymol, das der Mensch schmecken kann – Geschmacksrichtung: Thymian. Bei Personen, die nicht infiziert sind, bleibt die Verbindung intakt und der Geschmacksstoff wird nicht freigesetzt.
»Diese Strategie eröffnet neue Möglichkeiten für die weltweite Früherkennung und Bekämpfung der Influenza«, sagt Seniorautor Dr. Lorenz Meinel, Professor für pharmazeutische Technologie und Biopharmazie an der Uni Würzburg. In einer Pressemitteilung heißt es weiter, das System sei variabel. Es könne etwa mit süßen, bitteren oder salzigen Geschmacksrichtungen ausgestattet werden – auch kindgerecht – und lasse sich zudem auf unterschiedliche Krankheitserreger übertragen.
Das Forschungsteam arbeitet jetzt daran, die Sensoren in Kaugummis oder Lutscher einzuarbeiten und das diagnostische System für eine massenhafte Produktion tauglich zu machen. Dabei kooperiert es mit dem 2024 aus der Uni Würzburg heraus entstandenen Start-up-Unternehmen Flare-on Biotech. Der Entwicklungsprozess wird voraussichtlich rund vier Jahre dauern.
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