Jetzt neu: Typ-5-Diabetes |
Annette Rößler |
24.04.2025 18:00 Uhr |
Menschen, die als Kinder und Jugendliche zu wenig zu essen hatten, können einen Typ-5-Diabetes entwickeln. Betroffen sind überwiegend Menschen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen. / © Adobe Stock/Riccardo Niels Mayer
Aus der Taufe gehoben wurde der neue Diabetes-Typ kürzlich beim Welt-Diabetes-Kongress in Bangkok. Wie die International Diabetes Federation (IDF) anschließend mitteilte, wurde eine Expertengruppe berufen, um formale Diagnosekriterien und Behandlungsleitlinien für Typ-5-Diabetes zu erarbeiten. Schätzungsweise 20 bis 25 Millionen Menschen überwiegend in Asien und Afrika leiden an der Stoffwechselstörung, die eine Folge von Mangelernährung ist.
Bislang wurde Typ-5-Diabetes als »Diabetes mellitus in Verbindung mit Mangelernährung« (Malnutrition-related Diabetes mellitus, MRDM) bezeichnet. Die formale Anerkennung als eigener Diabetes-Typ (siehe Kasten) markiere einen Wendepunkt im Verständnis der Erkrankung, so die IDF. Typ-5-Diabetes sei erstmals vor mehr als 70 Jahren beschrieben worden, in Diskussionen um die öffentliche Gesundheit bislang aber kaum vorgekommen. Früher sei der Typ-5 oft fälschlicherweise als Typ-1 oder Typ-2 klassifiziert worden. Neuere Forschungsergebnisse hätten jedoch bestätigt, dass Betroffene mit Typ-5 ein klar abzugrenzendes metabolisches Profil aufweisen.
Kennzeichnend für Typ-5-Diabetes sind demnach eine ausgeprägte Insulindefizienz und eine schlechte metabolische Kontrolle. Im Gegensatz zu Typ-2-Diabetes wird Typ-5-Diabetes durch chronische Unterernährung vor allem in der Kindheit und Jugend ausgelöst. Man nimmt an, dass die Bauchspeicheldrüse sich infolge des Nährstoffmangels nicht ordentlich entwickelt und deshalb zu wenig Insulin produziert.
Patienten mit Typ-5-Diabetes seien insulindefizient, aber nicht insulinresistent, betont die IDF. Bei vielen Betroffenen sei der Stoffwechsel mit oralen Diabetesmedikamenten besser zu kontrollieren als mit Insulin-Injektionen. Für die Versorgung der Patienten in den zumeist ressourcenschwachen Regionen sei das wichtig, weil Oralia oft günstiger seien als Insuline.
Eine von zwei Leiterinnen des IDF-Expertenpanels zur Erarbeitung einer formalen Definition des Typ-5-Diabetes ist Dr. Meredith Hawkins, Professorin am Albert Einstein College of Medicine in New York. Sie hat mit ihrer Arbeitsgruppe das Stoffwechselprofil von Patienten mit Typ-5-Diabetes 2022 im Fachjournal »Diabetes Care« detailliert beschrieben (DOI: 10.2337/dc21-1957). Demnach zeigen Patienten mit Typ-5-Diabetes im Vergleich zu Patienten mit Typ-2-Diabetes eine schwächere Insulinsekretion und eine geringere endogene Glucoseproduktion, aber eine höhere Glucoseaufnahme.
In dem Artikel berichten Hawkins und Kollegen, dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) MRDM bereits 1985 als eigenen Diabetes-Typ anerkannt hatte, dies jedoch 1999 mit der Begründung widerrief, es gebe nicht genügend Evidenz dafür, dass Mangelernährung beziehungsweise ein Proteinmangel die Erkrankung tatsächlich verursache. Unterernährung in der frühen Kindheit oder auch schon im Mutterleib mit dauerhaft niedrigem BMI (meist unter 19 kg/m2) bis ins Erwachsenenalter seien aber typisch für Betroffene mit diesem Diabetes-Typ.
Weitere Patientencharakteristika seien ein früher Krankheitsbeginn (vor dem 30. Lebensjahr), das Fehlen von Ketonurie oder Ketose trotz unkontrollierter Blutzuckerspiegel, ein hoher Insulinbedarf und ein hohes Risiko für Krankheitskomplikationen. Männer seien deutlich häufiger als Frauen von Typ-5-Diabetes betroffen (circa 85 Prozent).
Pathophysiologisch könnte Typ-5-Diabetes durch fibrotische Veränderungen der Bauchspeicheldrüse infolge von Nährstoffmangel zustande kommen, hieß es 2020 in einem Review-Artikel im »International Journal of Research and Review«.
Die US-amerikanische Fachgesellschaft American Diabetes Association unterscheidet bislang vier Subtypen von Diabetes: