Ist die ePA startklar? |
Viele Gesundheitseinrichtungen haben immer noch Probleme mit der ePA. / © Adobe Stock/utah51
Rund 70 Millionen gesetzlich Versicherte haben inzwischen eine elektronische Patientenakte (ePA). In wenigen Tagen sollen die neuen digitalen Speicher für Gesundheitsdaten aber erst so richtig im Alltag ankommen. Denn zum 1. Oktober wird es für Apotheken und Praxen Pflicht, die ePA aktiv zu nutzen und beispielsweise wichtige Befunde in die E-Akten einzutragen, damit sie für weitere Behandlungen parat stehen. Nur: Kurz vor dem Start sind die technischen Voraussetzungen noch nicht überall vorhanden, weil Praxen auf erforderliche Softwaremodule warten müssen.
»Nach unserem letzten Stand sind etwa 80 Prozent der Praxen mit einem solchen Modul ausgerüstet«, sagte Sibylle Steiner, Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), der Deutschen Presse-Agentur. »Dass etwa ein Fünftel der Praxen noch nicht mit der ePA arbeiten können, sehen wir sehr kritisch.« Von einigen Anbietern von Praxisverwaltungssystemen wisse man, dass das ePA-Modul im vierten Quartal nachgeliefert werden solle. »Von anderen Herstellern haben wir gar keine Rückmeldung.«
Steiner sagte: »Wir werden weiter darauf drängen, dass so schnell wie möglich alle Praxen in die Lage versetzt werden, die ePA in den Arbeitsalltag zu integrieren.« Bei Verzögerungen drohten jedoch paradoxerweise den Praxen Sanktionen bei der Vergütung. Das sei vollkommen inakzeptabel. »Es kann nicht sein, dass die Praxen bestraft werden, wenn Hersteller der Softwaresysteme es nicht rechtzeitig schaffen, Module für den ePA-Einsatz bereitzustellen.«
Schon seit Januar haben rund 70 Millionen der gut 74 Millionen gesetzlich Versicherten eine E-Akte von ihrer Krankenkasse angelegt bekommen – das läuft nach einer Reform der Ampel-Koalition automatisch, wenn man nicht aktiv widerspricht. Die ePA soll Patientinnen und Patienten ein Leben lang begleiten können. Indem sie Untersuchungsbefunde, Laborwerte oder Angaben zu Medikamenten zentral bündelt, soll sie zu besseren Behandlungen beitragen.
Der Betrieb in Gesundheitseinrichtungen wird seit dem Frühjahr bundesweit ausgedehnt. Noch befüllen Ärztinnen und Ärzte ePAs auf freiwilliger Basis. Rund 58.000 der 98.500 Arztpraxen in Deutschland nehmen nach Angaben der mehrheitlich bundeseigenen Digitalagentur Gematik bereits teil. Schon dabei sind demnach auch knapp 20.000 Zahnarztpraxen, rund 6500 Apotheken und 727 Kliniken. Zuletzt wurden wöchentlich 1,9 Millionen Dokumente hochgeladen.
Bei den Kliniken ist zum 1. Oktober keine flächendeckende Anbindung an die ePA zu erwarten, wie die Deutsche Krankenhausgesellschaft Anfang September mitgeteilt hatte. Schon in der Pilotphase sei klar geworden, dass die Einführung nicht mit einem einfachen Software-Update getan sei. Die Voraussetzungen seien komplexer und nicht mit kleineren Einrichtungen wie Praxen vergleichbar. Laut einer Befragung unter 382 Kliniken gehen 58 Prozent davon aus, dass die ePA erst im Laufe des nächsten Jahres krankenhausweit einsetzbar sein kann.
In den Praxen muss sich nun bald zeigen, wie der breite Einsatz startet. Wenn man seine Versichertenkarte am Anmeldetresen einsteckt, gibt man einen Zugriff für 90 Tage frei. »Häufig ist es so, dass beispielsweise die Hausärztin ihren Patientinnen und Patienten mitteilt, dass sie nun erstmalig die ePA befüllt«, erläuterte KBV-Vorstand Steiner.
Anders als die KBV sieht die Gematik keine größeren Probleme. In einer am Mittwoch veröffentlichten Pressemitteilung erklärt die Digitalagentur, dass die ePA »technisch startklar« sei. Zum 1. Oktober würden mehr als 90 Prozent der (Zahnarzt-)Praxen und Apotheken in Deutschland so ausgestattet sein, dass sie mit der ePA arbeiten können. Die große Mehrheit der Hersteller habe die notwendigen Module bereitgestellt und somit die technischen Voraussetzungen für die Nutzung der ePA geschaffen; weitere Updates werden im Rahmen des Quartalswechsels erfolgen. »Damit sind nahezu alle (Zahnarzt-)Praxen und Apotheken in Deutschland technisch startklar für die ePA für alle«, schreibt die Gematik.
Die Gematik liefert außerdem neue Zahlen zur Nutzung der ePA. Demnach wurde allein in der vergangenen Woche in mehr als 85.000 Einrichtungen mindestens eine Patientenakte geöffnet – davon etwa 58.000 in Arzt- und psychotherapeutischen Praxen. Insgesamt haben bislang mehr als 105.000 von rund 160.000 Einrichtungen auf Patientenakten zugegriffen.
In der letzten Woche wurden nach Angaben der Gematik etwa 12 Millionen Aufrufe von Medikationslisten verzeichnet, knapp zwei Millionen Dokumente hochgeladen und mehr als 900.000 Dokumente heruntergeladen. Seit Start der ePA im Januar wurden insgesamt 22 Millionen Dokumente in Patientenakten hochgeladen. Nimmt man die E-Rezept-Daten hinzu, befinden sich in den Patientenakten der Versicherten mehr als 700 Millionen Datensätze.