Intervallfasten schlägt ketogene Diät und Kalorienrestriktion |
Theo Dingermann |
20.03.2025 09:00 Uhr |
Bei einer ketogenen Diät werden kaum Kohlenhydrate, dafür aber viel Fett und verhältnismäßig mehr Proteine konsumiert. / © Getty Images/d3sign/Yiu Yu Hoi
In einem Perspective-Beitrag, der jetzt im Fachjournal »Nature Metabolics« erschien, vergleicht Professor Dr. Mark P. Mattson von der Johns Hopkins University School of Medicine in Baltimore die metabolischen Prinzipien der drei Fasten-Strategien: klassische Kalorienrestriktion (CR), ketogene Diät (KD) und intermittierendes Fasten (IF).
Während bei einer ketogenen Diät sehr wenig Kohlenhydrate auf dem Speiseplan stehen und dafür viel Fett und etwas mehr Proteine im Vergleich zur normalen Mischkost, es aber nicht auf die Essenszeiten ankommt, gibt es beim Intervallfasten keine Vorgaben zur Zusammensetzung der Mahlzeiten. Entscheidend sind hier längere Phasen, in denen keine Kalorien konsumiert werden. Klassisch ist die 16:8-Methode, bei der 16 Stunden lang gefastet wird, während innerhalb der folgenden acht Stunden gegessen werden kann.
Mattson kommt zu dem Schluss, dass hinter dem Prinzip des intermittierenden Fastens ein Konzept des zyklischen metabolischen Wechsels (Cyclic Metabolic Switching, CMS) als zentraler Mechanismus für die gesundheitsfördernden Effekte steht, das nach seiner Meinung besonders plausibel ist.
Während bei der klassischen Kalorienrestriktion oder den ketogenen Diäten in der Regel keine regelmäßigen Wechsel zwischen ketogenen und nicht ketogenen Ernährungsphase vorgesehen sind, also eine Ketose kontinuierlich aufrechterhalten wird, basiert Intervallfasten auf einem zyklischen Wechsel zwischen Fasten- und Essensphasen. Dieser Wechsel, so Mattson, aktiviert adaptive zelluläre Stressantworten während der Fastenperiode und fördert Zellwachstum und Plastizität während der Erholungsphase. Zudem könnten dieser Wechsel für die positiven Effekte auf Autophagie, Insulinsensitivität und inflammatorische Prozesse entscheidend sein, was intermittierendes Fasten potenziell effektiver erscheinen lässt als eine dauerhafte Ketose.
Die Dynamik scheint über Mechanismen wie die Signalfunktion von β-Hydroxybutyrat (BHB), mitochondrialer Anpassungen, wechselseitige Regulation von Autophagie und mTOR, hormonelle Veränderungen, den Einfluss des Mikrobioms und der zirkadianen Rhythmen zu gesundheitlichen Vorteilen zu führen.
Zu diesem Schluss kommt Mattson unter anderem auf Basis indirekter Evidenz aus Tiermodellen, aber auch aus Studien am Menschen. Beispielsweise beobachtete man, dass Mäuse nach intermittierendem Fasten eine höhere Widerstandsfähigkeit gegen neurotoxische Herausforderungen zeigten, und zwar unabhängig von einer Reduktion der Kalorienaufnahme.
Auch bei Menschen zeigen randomisierte kontrollierte Studien, dass IF eine Verbesserung bei Stoffwechselparametern wie Blutzuckerregulation und Blutdruck bewirken kann – selbst dann, wenn die Probanden nicht signifikant an Gewicht verlieren. Intervallfasten beeinflusst demnach intrazelluläre Anpassungsmechanismen, Hormone und Signalmoleküle und die Zusammensetzung der Mikrobiota.
So induziert intermittierendes Fasten die Autophagie, wodurch unbrauchbare Zellbestandteile entfernt werden, während die Serin/Threonin-Kinase mTOR als Wachstumsregulator gehemmt wird. Dieser Mechanismus, so eine weit anerkannte Hypothese, verbessert die zelluläre Qualität und soll vor degenerativen Erkrankungen schützen.
Zudem steigert Fasten auch die Expression der Sirtuine SIRT1 und SIRT3. Sirtuine sind NAD-abhängige Enzyme, die als Histon-Deacetylasen Acetylgruppen entfernen. Diese Enzyme befinden sich in der mitochondrialen Matrix und sind maßgeblich an der Transkriptionsregulation beteiligt. Dadurch werden unter anderem zelluläre Abläufe abhängig vom metabolischen Status der Zelle koordiniert. So könnten die mitochondriale Funktionalität und Widerstandskraft erhöht, oxidativer Stress reduziert und die metabolische Effizienz gesteigert werden.
Auch steigen durch Fasten die Konzentrationen von Spermidin und Hitzeschockproteinen (HSP). Diese Moleküle unterstützen die Proteinhomöostase und managen Stressantworten, insbesondere während der Fastenperioden.
Zu den Hormonen und Signalmolekülen, deren Aktivität durch Fasten moduliert wird, zählt beispielweise Ghrelin, das die Neurogenese und kognitiven Funktionen fördert. Adiponektin wiederum vermittelt entzündungshemmende Effekte und schützt Muskeln sowie das Herz. Der Fibroblasten-Wachstumsfaktor 21 (FGF-21) und »Klotho« regulieren metabolische Prozesse und verlängern in Tiermodellen die Lebensspanne.
Beta-Hydroxybutyrat (BHB) schließlich ist ein Ketonkörper, der als »Fastokin«, das heißt als systemischer Signalstoff für Hungern fungiert und so die Genexpression, die mitochondriale Dynamik und Entzündungsprozesse beeinflusst.
Wenig überraschend beeinflusst Fasten auch in erheblichem Maße die Zusammensetzung der Darmmikrobiota. In der Folge wird die Produktion kurzkettiger Fettsäuren (SCFA) gesteigert, die Dominanz entzündungsfördernder Bakterien reduziert und generell die metabolische Gesundheit verbessert. Studien an Mäusen zeigen, dass intermittierendes Fasten durch Mikrobiom-vermittelte Mechanismen zudem neuroprotektive Effekte haben könnte.