Innovative Therapien halten Nierenversagen auf |
Brigitte M. Gensthaler |
07.10.2025 13:30 Uhr |
Entzündungen der Nierenkörperchen können das ganze Organ ruinieren, wenn nicht rechtzeitig gezielt therapiert wird. / © Adobe Stock / Crystal light
»Die Niere ist ein total schweigsames Organ; sie rührt sich lange nicht bei Erkrankungen«, erklärte Professor Dr. Jan J. Menne, Chefarzt der Klinik für Nephrologie am KRH Klinikum Siloah, Hannover, kürzlich bei einer Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN). Dies gelte auch bei Entzündungen der Nierenkörperchen, sogenannten Glomerulonephritiden (GN), die zum Nierenversagen führen können.
Nierenkörperchen (Glomeruli) sind die kleinsten Einheiten in der Niere, sie filtern das Blut und produzieren dabei Urin. Der Mensch hat 1 bis 1,5 Millionen Glomeruli, Männer etwas mehr als Frauen. »Das gesamte Blutvolumen wird einmal pro Stunde gesäubert, also 24-mal am Tag. Pro Tag produzieren wir rund 180 Liter Urin, aber es werden nur 2 Liter ausgeschieden«, berichtete der Rheumatologe. Wenn mehr als 90 Prozent der Nierenfunktion verloren sind, wird ein Mensch dialysepflichtig. Ein gutes Maß für die Nierenleistung ist die glomeruläre Filtrationsrate (eGFR).
Größere Moleküle wie Proteine werden nicht im Urin ausgeschieden. Nur 1 bis maximal 5 mg Eiweiß/Tag gehen über eine gesunde Niere verloren.
»Glomerulonephritiden können schon im Kindesalter beginnen; die meisten Patienten sind jung und werden oft dialysepflichtig«, so Menne. Die Pathomechanismen seien heute weitgehend bekannt; häufig liege ein immunologischer Mechanismus zugrunde. GN werden in primäre und sekundäre Formen eingeteilt. Bei den sekundären Formen schädigt eine Systemerkrankung die Nieren, etwa ein Lupus erythematodes oder Diabetes mellitus.
Die neue S3-Leitlinie »Diagnose und Therapie von Glomerulonephritiden«, die unter Federführung der DGfN erarbeitet wurde, enthalte erstmals evidenzbasierte Empfehlungen zur Diagnostik, etwa zu Nierenbiopsie, Labor- und Bildgebung. Ebenso gebe es klare Empfehlungen zur Therapie, betonte der Arzt. Basis der Therapie sind dabei Lebensstilmodifikationen mit Normalisierung des Gewichts, Reduktion der Kochsalzzufuhr unter 5 g/Tag, eingeschränkte Proteinzufuhr, regelmäßige körperliche Betätigung sowie Nikotinkarenz.
Darüber hinaus kommen Arzneimittel zum Einsatz. »Früher hatten wir nur Corticoide und Immunsuppressiva zur Therapie; das war nebenwirkungsreich und viele Patienten wurden dialysepflichtig«, berichtete Menne. Heute gebe es sehr gute Basistherapeutika zum Nierenschutz wie RAS-Inhibitoren und SGLT2-Hemmer; laut Leitlinie in der maximal verträglichen und zulässigen Tagesdosis. »Fast alle Patienten mit Glomerulonephritis bekommen heute SGLT-2-Hemmer, auch wenn sie keinen Diabetes haben.« Das Ziel sollte die Reduktion der Proteinurie unter 0,5 g/d sein (Protein-Kreatinin-Ratio im Urin, UPCR < 0,4 g/g).