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Diabetes

Inkretine 2.0 in der Entwicklung

Inkretin-Mimetika haben die Behandlungsmöglichkeiten des Typ-2-Diabetes bedeutend erweitert. Diabetologen hoffen auf neue Fortschritte bei der Weiterentwicklung dieser Antidiabetika-Klasse.
PZ/dpa
24.01.2019  11:00 Uhr

Inkretin-Mimetika,  auch GLP-1-Rezeptoragonisten genannt,  wirken nicht selbst Blutzucker senkend, wie es Insulin tut, sondern regen die Insulin-Ausschüttung aus der Bauchspeicheldrüse an – so wie es auch die Inkretin-Hormone aus dem Darm gesunder Menschen tun. Zudem hemmen sie die Ausschüttung von Glucagon, das den Blutzuckerspiegel steigen lässt, und verlangsamen die Entleerung des Magens. Sie wirken auch im Gehirn, vermindern Hunger und verstärken das Sättigungsgefühl.

Der erste Vertreter dieser Wirkstoffklasse, Exenatide (Byetta®), ist bereits seit 2007 auf dem Markt. «Seitdem gab es eine sprunghafte Entwicklung, die die Qualität der Medikamente noch einmal deutlich verbessert hat», sagt Professor Dr. Michael Nauck, Leiter der klinischen Forschung am Diabetes-Zentrum Bochum/Hattingen, kurz vor Beginn eines Kongresses zur Inkretin-Forschung in Bochum gegenüber der Nachrichtenagentur dpa.

Inkretin-Mimetika, auch GLP-1-Rezeptoragonisten genannt, haben viele Vorteile: Sie sind leichter zu dosieren als Insulin und weniger häufig zu applizieren. Das Spektrum der verfügbaren Präparate reicht von zweimal täglich bis zu einmal pro Woche, wie beim 2018 zugelassenen Semaglutid (Ozempic® ). Die Dosis muss nicht wie bei Insulin ständig angepasst werden. Die Unterzuckerungs-Gefahr ist sehr gering. Insgesamt sei deshalb auch die tägliche Bestimmung des Blutzuckerspiegels  überflüssig, so Nauck. Die Einstellung mit den Medikamenten sei so stabil, dass eine vierteljährliche Kontrolle des Langzeit-Blutzuckerwerts ausreiche. Ein weiterer entscheidender Vorteil: Klinische Studien haben gezeigt, dass die GLP-1-Analoga das Risiko für einige gefürchtete Folgeerkrankungen des Typ-2-Diabetes senken können.

Einen zentralen Vorteil der GLP-1-Analoga sieht Nikolaus Scheper, Erster Vorsitzender des Bundesverbandes der niedergelassenen Diabetologen, in der Tatsache, dass die meisten Patienten bei Beginn der Therapie abnehmen, in etwa vier bis fünf Kilo. Mit der nächsten Generation von Inkretin-Mimetika könnten es sogar mehr als 8 Kilogramm sein. «Das hat direkte Auswirkungen auf den Stoffwechsel. Jedes Kilo zählt.» Auch  Juris Meier, Chefarzt des Diabetes-Zentrum Bochum/Hattingen, sieht in dem Gewichtsverlust eine Riesenchance. «Das motiviert die Patienten erheblich. Wir haben schon erlebt, dass Patienten, die teilweise schon Insulin gespritzt haben, mit Inkretin und einer begleitenden Schulung zur Lebensstiländerung davon wieder weggekommen sind.» 

«Die neuen Präparate werden Insulin in der Diabetes-Therapie nicht verdrängen», schränkt Scheper ein, der eine diabetologische Praxis in Marl betreibt. «Aber wir haben mit den Mitteln einen besser gefüllten Werkzeugkoffer für die Behandlung zur Verfügung.» 

Orale Therapie in Sicht

Nauck, der an der Erforschung der Therapeutika maßgeblich mitgewirkt hat, geht davon aus, dass die Präparate der nächsten Generation sogar noch effektiver auf das Gewicht wirken und auch den Blutzucker stärker senken. Zudem seien Inkretin-Mimetika kurz, die oral eingenommen werden können, kurz vor Beantragung der Zulassung und könnten 2020 in Tablettenform auf den Markt kommen. «Das ist ein richtiger Durchbruch.» Eine sehr kleine, noch nicht veröffentlichte Studie sei zu dem Ergebnis gekommen, dass auch bei dieser Art der Einnahme das Risiko von Herz-Kreislauf-Folgeerkrankungen gesenkt werde.

Für etwa 5 bis 10 Prozent seiner Patienten komme die Inkretin-Therapie aufgrund der Nebenwirkungen nicht infrage, sagt Scheper. Das sind vor allem Völlegefühle und Übelkeit bis hin zum Erbrechen. Für diese Patienten stehen eine Reihe etablierter Präparate zur Verfügung, nicht zuletzt Insulin.

Auch Patienten, die Inkretin-Mimetika bekommen, müssen eventuell irgendwann auf Insulin umsteigen. Ist der Punkt erreicht, an dem die Bauchspeicheldrüse selbst nicht mehr ausreichend Insulin produziert, muss dieses von außen verabreicht werden. «Diabetes ist eine chronische und fortschreitende Erkrankung. Die bringt man nicht einfach so zum Stillstand.» Aber: »Wir haben nun die Chance, die Krankheit viel besser in den Griff zu bekommen, Entgleisungen zu vermeiden und Folgekomplikationen bis hin zu Todesfällen zu verringern«, so Nauck.

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