Politik
Die Umwandlung von
Teileinheiten einzelner Krankenhäuser in Pflegeheime
habe bewirkt, daß diese Heime aus der
Arzneimittelversorgung durch Krankenhausapotheken
"herausgefallen" seien und eine sachgerechte
Kontrolle der Arzneimittelbestände in diesen
Einrichtungen durch Apotheker nicht mehr sichergestellt
sei. Hierdurch entstünden den Krankenkassen erhebliche
Mehrkosten für Arzneimittel, da eine vertragliche
Regelung für eine kostengünstigere und verbesserte
Arzneimittelversorgung den Heimträgern nach der
derzeitigen Gesetzeslage nicht möglich sei. Mit dieser
Begründung hat das Land Berlin vor wenigen Tagen einen
Entwurf zur Änderung des Apothekengesetzes im Bundesrat
eingebracht, der bereits in der laufenden Woche den
Gesundheitsausschusses des Bundesrates beschäftigen
soll.
Im Anschluß hieran wird das Plenum des Bundesrates den
Gesetzentwurf beraten und - mutmaßlich - sodann in den
Bundestag zur Beratung einbringen. Soweit der
Gesetzentwurf vorsieht, daß Apothekeninhaber künftig
einen schriftlichen Vertrag zur Versorgung von Bewohnern
nahegelegener Heime mit Arzneimitteln abschließen
"dürfen", in dem Art und Umfang der Versorgung
Informations- und Beratungspflicht des Apothekers sowie
die Pflicht zur Überprüfung der ordnungsgemäßen
Aufbewahrung zu regeln sind, greift der Gesetzentwurf
unvollständig und inkonsequent Überlegungen auf, über
die bereits seit geraumer Zeit Einvernehmen zwischen dem
Bundesministerium für Gesundheit und der ABDA bestehen.
Gravierender ist die vorgesehene Regelung, wonach
Krankenhausapotheken künftig auch an Ambulanzen in den
Räumen des Krankenhauses, insbesondere an ambulant
behandelnde Krankenhausärzte, an Polikliniken, an
psychiatrische Institutsambulanzen sowie an
Sozialpädiatrische Zentren Arzneimittel "zur
unmittelbaren Verabreichung" abgeben dürfen.
Der Gesetzentwurf verwendet nicht die
arzneimittelrechtlichen Begriffe "zur Abgabe"
oder "zur Anwendung" und erweckt daher den
Eindruck, daß die Abgabe an Ambulanzen nicht nur zum
Zwecke der Anwendung von Arzneimitteln in den Ambulanzen
erfolgen darf. Mit dem Begriff "Verabreichen"
soll offenbar auch die Möglichkeit eingeräumt werden,
Arzneimittel mitzugeben, das heißt im Sinne des
Arzneimittelrechts abzugeben.
Der Gesetzentwurf bezieht indessen nicht nur Ambulanzen
in Räumen von Krankenhäusern in den Versorgungsauftrag
von Krankenhausapotheken ein, sondern fördert durch die
Verwendung des Begriffs "Verabreichen" eine
Praxis, die auf eine Abgabe von Arzneimitteln am
Patienten zielt, er begründet tendenziell ein
Dispensierrecht sui generis für die genannten
Ambulanzen.
Es fällt auf, daß in dem Gesetzentwurf unter dem
Begriff Ambulanzen Institutionen aufgeführt werden, die
mit der Ambulanz eines Krankenhauses und seinem
Versorgungsauftrag in keinem Zusammenhang stehen. Dies
gilt zum Beispiel für die ambulante Behandlung durch
Vertragsärzte, soweit diese außerhalb ihrer Funktion
als Krankenhausärzte freiberuflich tätig werden und
ihre Praxis lediglich in den Räumen eines Krankenhauses
ausüben; dies gilt auch für Sozialpädiatrische
Zentren, die vertragsärztliche Einrichtungen und nicht
Teil eines Krankenhauses sind. Der Begriff
"Krankenhausambulanz" soll also künftig auf
Tatbestände und Institutionen angewendet werden, die mit
dem Versorgungsauftrag eines Krankenhauses in keiner
rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehung stehen.
Die ABDA hat in einer ersten Stellungnahme gegenüber dem
Gesundheitsausschuß des Bundesrates dieser Regelung
widersprochen, weil sie sachlich nicht geboten,
ordnungspolitisch inkonsequent und wirtschaftlich für
die öffentlichen Apotheken mit unzumutbaren Nachteilen
verbunden ist.
Schließlich differenziert der Gesetzentwurf zwischen
Heimen im Sinne des Heimgesetzes und Pflegeheimen im
Sinne des SGB XI mit dem Ziel, Pflegeheime künftig
Krankenhäusern gleichzustellen und aus der
Zuständigkeit der öffentlichen Apotheken in die der
Krankenhausapotheken zu entlassen.
Es wird der Eindruck erweckt, als könne zwischen solchen
Heimen bei der Arzneimittelversorgung exakt differenziert
werden. Bekanntlich haben die meisten Altenheime auch
Pflegebetten und sind damit teilweise auch Pflegeheime
mit der Folge, daß für solche Häuser dann eine
Gemengelage von Zuständigkeiten für
Krankenhausapotheken und öffentliche Apotheken
entständen.
Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß der massive
Angriff des Landes Berlin auf die formelle und die
sachliche Kompetenz der öffentlichen Apotheken zu
gravierenden Auseinandersetzungen im politischen, aber
auch im verbandspolitischem Raum führen muß. Auch steht
zu erwarten, daß bei den hier angeschnittenen Fragen
auch Offizin-Apotheker und Krankenhausapotheker durchaus
kontrovers Position beziehen werden.
Artikel von der PZ-Redaktion
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