Darreichungsformen in der Hand des alten Menschen |
20.09.1999 00:00 Uhr |
Besonders bei Senioren gefährden Fehler bei der Handhabung von Medikamenten den Therapieerfolg und bringen unter Umständen sogar eine Verschlechterung der Prognose mit sich, sagte Dr. Eric Martin aus Marktheidenfeld. Ursache für im Alter auftretende Probleme bei der Einnahme von Arzneimitteln ist nicht nur die Einschränkung körperlicher Funktionen (Nachlassen von Seh-, Hör- und intellektuellen Fähigkeiten) sowie akute oder chronische Erkrankungen mit Einfluss auf die manuellen Fähigkeiten (Arthrose, Polyarthritis, Gicht, Morbus Parkinson et cetera). Sie seien auch in der mangelnden kommunikativen Kompetenz von Arzt und Apotheker beziehungsweise in kontraproduktiven Beipackzetteln zu finden.
Der Referent gab Hinweise zum Umgang mit der Primärverpackung. Zu bedenken sei unter anderem, dass "kindersichere Verschlüsse stets auch seniorensicher sind". Für die Öffnung dieser Verschlüsse müssten dem Patienten geeignete Hilfsmittel wie Kraftgriffe zum Öffnen von Tropfflaschen oder Durchdrückhilfen für Blister an die Hand gegeben werden, wobei sich letztere zum Beispiel nicht für mechanisch empfindliche Darreichungsformen wie Hartgelatinekapseln mit magensaftresistentem Filmüberzug eignen.
Unter Beachtung entsprechender Lagerhinweise seien feste Darreichungsformen alternativ auszueinzeln und gegebenenfalls in Schraubdeckelgefässe umzufüllen. Die individuelle Dosisanpassung könne durch mechanische Tablettenteiler erleichtert werden, was jedoch die Abnahme der Dosierungsgenauigkeit mit sich bringen kann. Bei Patienten mit einer Unterfunktion der Speicheldrüsen (Xerostomie) sei unter Hinweisen auf korrekte Handhabung soweit wie möglich auf perorale Liquida (Tropfen, Säfte) auszuweichen, wobei hierbei verstärkt auf etwaige Dosierungsprobleme und korrekte Handhabung von Tropfermonturen, Messlöffeln und -bechern geachtet werden müsse.
Als gravierend beschrieb Martin die Probleme bei der Umsetzung komplexer Therapieschemata im Alter im Falle chronischer Erkrankungen wie Asthma bronchiale oder insulinpflichtigem Typ-2-Diabetes. Der Arzt könne durch Wahl eines einfachen Dosierungsschemas, durch leichte Dosierungsanweisungen und die Verordnung geeigneter Darreichungsformen zur Compliance beitragen. Aufgabe des Apothekers sei die sachgerechte Betreuung des Patienten im Sinne der Pharmazeutischen Betreuung. Martin forderte die Entwicklung und Verbesserung seniorengerechter Darreichungsformen und Sekundär- und Primärverpackungen sowie die didaktisch sinnvolle und einheitliche Gestaltung von Beipackzetteln. Die Produkte seien auf ihren Einsatz in der geriatrischen Therapie hin zu überprüfen. Die Besonderheiten der Präparate im Alter seien kenntlich zu machen.
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