Pharmazie
Die Folgen der 6. Änderung der EG-Kosmetik-Richtlinie für die
öffentliche Apotheke diskutierten Vertreter der Apothekerschaft, der
Behörden und der Industrie unter Moderation von PZ-Chefredakteur Dr.
Hartmut Morck beim GD-Forum Dermopharmazie im Rahmen des
Expopharm-Kongresses in Düsseldorf. Die Herstellung von Kosmetika in
der Apotheke wird sich zukünftig sehr viel schwieriger gestalten, hieß es.
Die Änderung der Richtlinie berge jedoch auch Chancen: Die Erweiterung
der Kennzeichnungspflicht der Inhaltsstoffe ermögliche eine noch stärkere
Beratung und Information des Patienten durch den Apotheker.
Mit der zum 1. Januar 1997 in Kraft getretenen 25. Änderung der
Kosmetik-Verordnung wurden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft in
deutsches Recht umgesetzt. Sie haben das Ziel, Handelshemmnisse für den Vertrieb
von Kosmetika innerhalb der EU abzubauen und den Verbraucherschutz zu
verbessern. Beim GD-Forum schilderte Dr. Christiane Eckert-Lill, ABDA,
Eschborn, unter anderem die Erweiterung der Kennzeichnungs-, Mitteilungs- und
Berichtspflichten, die die Angabe der Inhaltsstoffe kosmetischer Mittel auf der
Verpackung beinhalten. Sie machte deutlich, daß die Auflagen an Herstellung und
Prüfung von Kosmetika verschärft wurden; gleiches gelte auch für die
Dokumentation der qualitativen und quantitativen Zusammensetzung, aber auch der
vom Verbraucher genannten Nebenwirkungen.
Mehr Beratung und Information möglich
Eckert-Lill äußerte die Sorge, daß die Herstellung von Kosmetika in der Apotheke
zukünftig sehr viel aufwendiger sein wird. Sie sah allerdings auch Chancen, daß jeder
Apotheker über die Eigenherstellung hinaus verstärkt in der Beratung und
Information tätig werden kann, und empfahl, Wettbewerbsvorteile der Apotheken
gegenüber anderen Vertriebskanälen zu nutzen.
Von einer "Kosmetikherstellungs-Verhinderungsverordnung" sprach Heinz-Günter
Wolf, Vorsitzender des Apothekerverbandes Niedersachsen und stellvertretender
Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbandes. Der bürokratische und finanzielle
Aufwand mache es dem normalen Apotheker unmöglich, hier noch Einsatz zu
zeigen. Als apothekenspezifisches Problem nannte Wolf die "Kleinheit" der Mengen,
die in den Apotheken benötigt werden. Der Bezug beim Hersteller sei schwierig.
Allerdings mache die Bündelung der Nachfrage die Belieferung durch spezialisierte
Großhändler möglich.
"Wir sind gut beraten, uns für anspruchsvolle Kosmetikrezepturen ein Kompendium
zu erarbeiten, in dem ausgelobte Wirkungen und den Sicherheitsvorkehrungen
entsprechende Grundstoffe dokumentiert werden", so Wolf. Aufgabe der ABDA
müsse es sein, entsprechende Hilfestellungen zum Beispiel durch Erstellung einer
Datenbank zur Nomenklatur oder zu validierten Herstellungsvorschriften zu geben.
Wolf zeigte sich zuversichtlich: "Das kriegt man hin".
Das "Schreckgespenst der aufgeblähten Meldepflichten" wollte Dr. Jürgen Hild als
Vertreter der Behörde, relativieren. Er verwies auf Übergangsvorschriften, die
Spielraum sowie die Möglichkeit gäben, sich auf die neuen Vorgaben einzustellen.
Allerdings sah auch Hild Probleme für kleine Hersteller, die nur gelegentlich
produzieren. Hild betonte, daß er Kulanz seitens der Behörden bei bekannten,
unproblematischen Standardrezepturen für denkbar halte.
Erfreut über die Änderung der Kosmetik-Richtlinie zeigte sich Professor Dr. Volker
Wienert, Aachen. Durch Führung des Wirksamkeitsnachweises sei es nunmehr
möglich, die Spreu vom Weizen zu trennen. Wienert hatte im Vorfeld der Diskussion
Möglichkeiten des objektiven Wirksamkeitsnachweises von Kosmetika geschildert.
In Artikel 7a der 6. Änderung der EG-Kosmetik-Richtlinie werden Nachweise der
angepriesenen Wirkungen gefordert. Für die Wirksamkeitsprüfung kosmetischer
Präparate seien Hautfeuchtigkeit, Hautfettgehalt, Oberflächenstruktur und Elastizität
wichtig.
Professor Dr. Peter Elsner zeigte auf, daß Unverträglichkeitsreaktionen gegenüber
Kosmetika nicht selten sind. Niederländische Studien hätten eine Häufigkeit von
anamnestischen Kosmetika-Unverträglichkeiten bei 10 Prozent der Bevölkerung und
bei über 25 Prozent der Kunden von Kosmetikinstituten nachgewiesen
Die Unverträglichkeitsreaktionen umfassen ein Spektrum subjektiver und objektiver
Hautveränderungen, wobei allergische und irritative Reaktionen am häufigsten sind.
Irritationsreaktionen, so Elsner, machen wahrscheinlich über 90 Prozent aller
Kosmetikaunverträglichkeiten aus, führen jedoch den Patienten selten zum Arzt, so
daß in den dermatologischen Patientenkollektiven in der Regel Kontaktallergien aus
Kosmetika überwiegen.
Tests auf Hautverträglichkeit werden zunehmen
Irritationsreaktionen können eingeteilt werden in klinisch objektivierbare, akute und
chronische Kontaktdermatitiden sowie in subjektive Irritationen. Bei letztgenannten
Reaktionen geben die Patienten subjektives Mißempfinden nach Applikation
bestimmter Produkte an, ohne daß klinische Veränderungen faßbar wären, erklärte
Elsner. Allerdings hätten neuere Untersuchungen gezeigt, daß die betroffenen
Personen tatsächlich verstärkt auf bestimmte Irritantien reagieren.
Bei den Kontaktallergien auf Kosmetika stehen die Reaktionen auf
Salbengrundlagen und Konservierungsstoffe im Vordergund. Als seltene, aber
wichtige Ereignisse nannte Elsner photoallergische Reaktionen insbesondere auf
Lichtschutzmittel. Mit geeigneten Testverfahren könne heute die Hautverträglichkeit
vor Markteinführung eines Produktes sehr gut abgeschätzt werden, betonte er. Die
Untersuchungen würden durch die regulatorischen Vorschriften auf europäischer
Ebene in Zukunft an Bedeutung gewinnen.
PZ-Artikel von Christiane Berg, Düsseldorf


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