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Kein Austritt

26.07.2004  00:00 Uhr

Kein Austritt

Nach Berlin und Stuttgart hat in der letzten Woche auch das Münchner Verwaltungsgericht über die Klage eines Apothekers auf Austritt der Bayerischen Landesapothekerkammer aus der ABDA entscheiden müssen. In einer knapp zweistündigen mündlichen Verhandlung führte der Kläger Thomas Hieble das „undurchschaubare ABDA-Geflecht und die Verwendung der Kammerbeiträge zur Subventionierung der ABDA-Töchter“ als Hauptgründe für seine Klage an. Das Gericht teilte diese Auffassung nicht und wies die Klage ab (siehe Politik).

Die Münchner Richter sind damit zum gleichen Urteil gekommen wie eine Woche zuvor das Verwaltungsgericht Stuttgart, das die Klage von Dietmar Frensemeyer abgewiesen hatte.

Rein sportlich betrachtet steht es nun 2:1 für die ABDA, nachdem das Verwaltungsgericht Berlin vor einigen Wochen zu einem anderen Urteil gekommen war. Das Berliner Gericht begründete sein Urteil auf Austritt der Apothekerkammer Berlin aus der ABDA allerdings nicht mit deren wirtschaftlichen Aktivitäten, sondern mit der geringeren Vertretung der Mitarbeiter im Dachverband und glaubt, ein demokratisches Defizit bei der ABDA entdeckt zu haben.

Die Entscheidungen in Stuttgart und München widersprechen dem Berliner Urteil. Die Stuttgarter Richter machten auch keinen Hehl daraus, dass sie die Berliner Entscheidung für falsch halten, zumal diese nicht mit höchstrichterlichen Entscheidungen untermauert werden könne.

Da von allen drei Gerichten die Revision zugelassen wurde, werden uns die Verfahren noch einige Zeit beschäftigen. Der erstinstanzliche Erfolg für die ABDA ist also noch nicht in trockenen Tüchern. Es ist deshalb zu begrüßen, dass die Mitgliederversammlung der ABDA bereits am 30. Juni, also vor den Entscheidungen in Stuttgart und München, eine Satzungskommission eingesetzt hat, die sich mit einer Reform der ABDA beschäftigen soll.

Unabhängig von dieser Maßnahme lassen sich bei diesen Verfahren Parallelen zur großen Politik erkennen. Dort ist es wegen der Mehrheitsverhältnisse im Bundestag und im Bundesrat zur gängigen Praxis geworden, immer dann, wenn sich die eigene Position nicht durchsetzen konnte, die Gerichte zu beschäftigen. Die Folge: Schnelle Entscheidungen sind unmöglich.

Im mündlichen Verfahren in Stuttgart begründete Frensemeyer seine Klage unter anderem damit, dass er mit der Entscheidungsfindung in der ABDA nicht einverstanden sei und die neue Arzneimittelpreisverordnung, die von der ABDA mit initiiert wurde, ablehne.

Da ich die Meinungsbildung für die neue Arzneimittelpreisverordnung innerhalb der ABDA verfolgt habe, kann ich nur bestätigen, dass unter Einhaltung demokratischer Spielregeln und nach intensiven, sachlichen Diskussionen sich eine große Mehrheit für die neue Preisbildung ausgesprochen hat. Demokratie bedeutet eben auch, mit Mehrheiten zu leben, auch wenn die eigene Meinung eine andere sein sollte. Seiner Minderheitsmeinung über Gerichte Gehör zu verschaffen, ist zwar im Rechtsstaat erlaubt, zeugt aber nicht von einem ausgeprägten Demokratieverständnis. Denn die Handlungsfähigkeit des Verbandes, in diesem Fall der ABDA, wird durch solche Vorgänge behindert, sogar geschwächt. Und das ist in der augenblicklichen Phase der Umstrukturierung und Neuausrichtung des Gesundheitswesens ein Nachteil.

Professor Dr. Hartmut Morck
Chefredakteur
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