Geiz ist gaga |
08.03.2004 00:00 Uhr |
Sie wundern sich? Ich mich auch, aber exakt auf diesem Niveau berichten die Medien zurzeit über den ausbleibenden Preiskampf in Apotheken. Neben dem Stern (Ausgabe 11/04, Seite 178) und verschiedenen Tageszeitungen echauffierte sich in der vergangenen Woche auch das WDR-Verbrauchermagazin „Markt“. Statt wie von Ulla Schmidt angekündigt, die Preise auf nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel zu senken, müssten Kranke in Apotheken weiterhin Mondpreise für ihre benötigte Medizin auf den Tisch legen. Erstaunlich, welcher Einfluss der Gesundheitsministerin zugestanden wird. Ärgerlich, dass der Preis immer mehr zum einzig wichtigen Kriterium für ein Produkt wird.
In vielen Medien waren in den vergangenen Wochen übrigens auch zwei andere Berichte nachzulesen: Im Einzelhandel gehen nach den Rabattschlachten der vergangenen Monate endgültig die Lichter aus und wegen des enormen Kostendrucks bringen deutsche Automobilhersteller immer häufiger Autos mit Mängeln auf den Markt. Beides sind keine guten Argumente für Dumpingpreise.
Die Apotheker sind ohne Frage auf dem richtigen Weg, wenn sie mehrheitlich der Verlockung widerstehen, mit aggressivem Preismarketing kurzfristige Erfolge zu feiern. Nur so können sie die Qualität der Arzneimittelversorgung langfristig gewährleisten. Die Gaga-Philosophie „Geiz-ist-geil“ in Apotheken würde Arzneimittel nicht sicherer und Beratung nicht besser machen.
Zu allem Überfluss springen jetzt auch noch Teile der Pharmaindustrie auf den Zug auf. Der Bundesverband der pharmazeutischen Industrie wirft den Apothekern nur wenig verklausuliert vor, sie seien zu teuer und berieten zu schlecht (siehe hier). Die Existenzangst mittelständischer Pharmaunternehmen ist sicher nachvollziehbar. Es aber dennoch nicht klug, einen wichtigen Marktpartner zu attackieren, um die eigene Haut zu retten.
Die konzertierte Aktion für Preissenkungen bei OTC-Arzneimitteln wird an den Apothekern nicht spurlos vorübergehen. In Zukunft werden häufiger Kunden in der Offizin nach Preisnachlässen fragen und nach Sonderangeboten Ausschau halten. In den kommenden Monaten wird sich zeigen, ob die Apotheker diesem von Dritten erzeugten Druck standhalten können.
Von einer konservativen Preispolitik würden am Ende nicht nur die Apotheken profitieren. Der Start der Hausapotheke zeigt, dass es gerade für die wirklich Kranken wichtigere Dinge gibt als billige Schnupfen- oder Kopfschmerzmittel. Diesen Menschen hilft eine intensive Betreuung in der Hausapotheke. Wenn Apotheker allerdings mit aller Macht getrieben werden, dem Smart-Shopper ASS zum Einkaufspreis zu offerieren, dann entziehen sie sich die ökonomische Basis für die tatsächlich wichtigen Aufgaben.
Daniel Rücker
Stellvertretender Chefredakteur
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