Wettbewerb zu fairen Rahmenbedingungen |
26.09.2005 00:00 Uhr |
Hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen des GMG seien die Erwartungen der ABDA eingetreten. Der Anteil der Arzneimittelkosten sank von knapp 16 Prozent auf 14,5 Prozent. Allerdings wurden die Einsparungen nicht zur Beitragssatzreduktion, sondern zur Schuldentilgung verwendet, konstatierte Seitz. Zudem sei der aktuelle Schuldenstand der GKV bis heute nicht verbindlich erklärt worden. Die sonst so häufig geforderte Transparenz im Interesse der Versicherten wäre sicher auch hier wünschenswert. Trotz der gestiegenen Arzneimittelausgaben werde die GKV auch 2005 Überschüsse erzielen. Diese könnten sogar noch größer sein, wenn die gesetzlichen Krankenkassen ihrer GMG-Verpflichtung, die Verwaltungskosten zu reduzieren, auch nachkämen. Aber das Gegenteil sei der Fall: Die Nettoverwaltungskosten der GKV sind im 1. Halbjahr um 2,2 Prozent und bei den Betriebskassen sogar um 11 Prozent gestiegen.
Apotheker erzielen Einsparungen
Mit der neuen Arzneimittelpreisverordnung hätten Apotheker und Großhandel erhebliche Einsparungen erzielt. Im Gegensatz zu vielen anderen GMG-Maßnahmen sei dies ein dauerhafter und nicht auf ein Kalenderjahr begrenzter Effekt, betonte Seitz. Zudem habe das nun vom Arzneimittelpreis abgekoppelte Vergütungssystem die Glaubwürdigkeit hinsichtlich einer unabhängigen Betreuung und Beratung deutlich gestärkt.
Die Forderung seitens der Kassen, weiterhin die gesetzliche Pflicht der Apotheker zur Rabattweitergabe an die GKV, lehnte Seitz entschieden ab. Apotheken gewährten mit einem Abschlag von 2 Euro pro Packung den Kassen bereits einen Rabatt in Höhe von 25 Prozent der Apothekenvergütung. Dies sei ein Mehrfaches von dem, was sie selbst in Form von Rabatten und Skonti erhielten. Dennoch sei vorherzusehen, dass das Thema Rabatte weiterhin auf der Agenda bleiben werde und die GKV erhebliche Möglichkeiten habe, die von ihr so genannten »Wirtschaftlichkeitreserven« in ihrem Sinne zu erschließen. Hier gelte es, aktiv zu bleiben.
Bei der Diskussion um Fremd- und Mehrbesitz sollte es wieder zu einer Versachlichung kommen. Zu fragen sei, was sinnvoller Wettbewerb im Gesundheitswesen sei. Eine Aufhebung des Verbots würde zu einem Wegfallen des freiberuflichen und eigenverantwortlichen Mittelstandes zugunsten von Oligopolen führen. Dies hätte sowohl für den Patienten als auch den Staat negative Auswirkungen. Die ABDA werde auch zukünftig deutlich machen, dass der Ansatz des freiberuflichen Apothekers kein Anachronismus, sondern der beste Garant für eine unabhängige und flächendeckende Versorgung sei.
Hinsichtlich der Abschaffung des Kreisgrenzenprinzips konnte die ABDA eine Kompromisslösung erzielen. Der Wegfall des Prinzips wird durch eine detaillierte pharmazeutische Leistungsbeschreibung inklusive kurzfristiger Arzneimittelbereitstellung kompensiert, die durch die versorgende Apotheke aus eigenen Räumen mit eigenem Personal erbracht werden muss. In der Konsequenz könne der Leistungskatalog nur durch eine krankenhausnahe Apotheke erfüllt werden, eine Trennung von Belieferung und Beratung finde nicht statt.
Die neuen Vertragsformen der Integrationsversorgung böten den Apothekern völlig neue Chancen, ihre pharmazeutische Kompetenz einzubringen. Vor allem die Kombination »neues Vergütungsmodell plus neue Vertragspolitik« eröffne niedergelassenen Apothekern gute Möglichkeiten. Die Kassen hätten deutlich signalisiert, dass die Apotheken und nicht der Versandhandel ihre präferierten Vertragspartner seien. Diese Chance sollten die Apotheker nutzen, auch wenn die Einbindung in den Integrationsvertrag mehr Arbeit bedeute.
Die ABDA sehe nach wie vor eine größere Gefahr in assoziierten Erscheinungen des Versandhandels wie Pick-up-Stationen oder Auktionsportalen als im Versandhandel selbst. Stellvertretend könne hier die 14. AMG Novelle erwähnt werden. Auch in Zukunft werde sich die ABDA massiv gegen Ausnahmeregelungen einsetzen.
Mit der konstruktiven Rolle in der Telematik zeigten ABDA und Apotheker eindrucksvoll, dass sie sich als Partner der Patienten verstehen. Die finalen Architekturentscheidungen zur Telematik fielen zwar erst Ende dieses Jahres, aber Qualität gehe vor Schnelligkeit. Die ABDA werde hier weiter an ihren zentralen Leitlinien festhalten. Dazu zählten primär, dass der Patient Herr seiner Daten sei und es keine zentralen Datenspeicher geben dürfe.
Wie geht es weiter? Allein mit Kostendämpfung könne das Problem der GKV nicht gelöst werden. Neben der Einnahmenproblematik werde auch die Ausgabenseite in der Diskussion bleiben. Dies gelte vor allem für den Arzneimittelbereich als einen der transparentesten Sektoren der GKV-Ausgaben. Vor dem Hintergrund, dass der Sachverständigenrat dem deutschen Gesundheitswesen »keine überbordende Ausgabendynamik«, sondern eher »Unauffälligkeit« auf der Ausgabenseite bescheinigt, bestehe die Chance, dass die Einzelmaßnahmenpolitik der Vergangenheit ein Ende hat. »Die Apotheker sind insofern gut beraten, sich nicht zurückzulehnen, sondern ihren aktiven und engagierten Weg konsequent fortzusetzen«, sagte Seitz.
Die Apotheker seien zu einer engen Kooperation mit der Politik bereit. Diese müsse aber bereit sein, die Apothekerleistung wieder verstärkt als Ganzes zu betrachten. Dazu zählten zum Beispiel die flächendeckende Versorgung und Beratung, der apothekeneigene Home-Service, die 24-stündige Erreichbarkeit im Notdienst sowie die AMK und das ZL. Die Qualität und der Umfang dieser Dienstleistungen müssen konsequent ausgebaut werden. Die ABDA wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass dies zu fairen Wettbewerbsbedingungen möglich ist. Als starke Interessenvertretung werde sie auch in Zukunft mit klaren Botschaften und Fakten informieren, mit Berechenbarkeit, Durchhaltevermögen und hoher Glaubwürdigkeit.
© 2005 GOVI-Verlag
E-Mail: redaktion@govi.de