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PZ-Innovationspreis für Bortezomib

04.10.2004  00:00 Uhr

Deutscher Apothekertag 2004

PZ-Innovationspreis für Bortezomib

Seit zehn Jahren verleiht die Pharmazeutische Zeitung den Innovationspreis für einen herausragenden neuen Arzneistoff. In diesem Jahr ging der Preis an das Zytostatikum Bortezomib (Velcade® Infusion).

Die Jury wählte das Krebsmedikament aus 20 neuen Arzneistoffen aus, erklärte PZ-Chefredakteur Professor Dr. Hartmut Morck. Bei einer Pressekonferenz im Rahmen des Deutschen Apothekertages in München überreichte er den Preis an Jaak Peeters, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Janssen-Cilag GmbH.

Die Reihe der prämierten Arzneistoffe begann 1995 mit dem Gerinnungshemmer Abciximab. Auch das Neusser Unternehmen war schon einmal vertreten: 1999 erhielt das Antiepileptikum Topiramat den begehrten PZ-Preis. Fünf Jahre später konnte sich nun Bortezomib den ersten Platz sichern, was Peeters als Ansporn und Auszeichnung für das forschungsorientierte Unternehmen wertete. Weiteres Zeichen der Innovationskraft des von Dr. Paul Janssen gegründeten Unternehmens: Etwa 40 Prozent seines Umsatzes gehen auf das Konto von Arzneistoffen, die nicht älter als fünf Jahre sind, betonte Peeters.

Der Arzneistoff, der im April 2004 von der EMEA zugelassen wurde, gebe Patienten mit multiplem Myelom, deren Krankheit trotz Therapie voranschreitet, neue Hoffnung, erklärte Morck in München. Auf Grund guter Phase-II-Studiendaten habe Bortezomib eine beschleunigte Zulassung durchlaufen. Zudem gebe es deutliche Hinweise, dass der Stoff auch bei anderen Tumoren hilfreich ist.

Einen wichtigen Grund für die Auswahl von Bortezomib sah die Jury unter Leitung von Professor Dr. Ulrich Schwabe, Heidelberg, im neuen Wirkprinzip des Arzneistoffs. Dieser hemmt reversibel das Proteasom in Säugetierzellen und in der Folge den Proteinabbau, den Zellzyklus und damit die Zellproliferation. Da Tumorzellen sich sehr rasch teilen und ein hochaktives Proteasom haben, sind sie von dessen Hemmung besonders betroffen. Wie bei anderen Zytostatika werden aber alle schnell proliferierenden Zellen in Mitleidenschaft gezogen, was die hohe Nebenwirkungsrate erklärt. Am häufigsten sind periphere Neuropathie, Thrombozytopenie, Diarrhöe und Müdigkeit.

Überlebenszeit verlängert

Das multiple Myelom, eine maligne hämatologische Systemerkrankung, wird jährlich bei etwa 3500 Patienten in Deutschland diagnostiziert. Europaweit rechnet man mit 15.000 Neuerkrankungen pro Jahr, berichtete Professor Dr. Hartmut Goldschmidt vom Uniklinikum Heidelberg. Die mittlere Überlebenszeit betrage trotz Chemotherapie nur zwei bis acht Jahre. In einer Phase-II-Studie (Summit-Studie) war der Proteasom-Inhibitor einer Standardrezidivtherapie mit Dexamethason deutlich überlegen. Die Zeit bis zum Tumorprogress war doppelt so lang und das Gesamtüberleben verlängerte sich, erklärte der Referent.

In eine große Phase-III-Studie (Apex-Studie) wurden 670 Patienten aufgenommen, die trotz erheblicher Vorbehandlung an einem refraktären oder rezidivierten Myelom litten. Die zweite geplante Zwischenanalyse habe bei den Patienten mit Bortezomib bereits eine signifikante Verlängerung der Zeit bis zum Fortschreiten der Krankheit gezeigt, berichtete Dr. Ralf Angermund, Leiter der Klinischen Forschung Onkologie bei Ortho Biotech, Janssen-Cilag GmbH. Daher wurde die Studie vorzeitig beendet und die Patienten der Dexamethason-Gruppe konnten auf den neuen Arzneistoff umsteigen. Der Überlebensvorteil sei bereits nach 60 Tagen deutlich zu erkennen.

Wirksam bei soliden Tumoren

Auch in der Primärtherapie zeigt Bortezomib Erfolge. In Pilotstudien erreichten 83 Prozent der Myelom-Patienten eine komplette, partielle oder minimale Remission, sagte Goldschmidt. Die Kombination mit Glucocorticoiden, Thalidomid oder Zytostatika könne die Effektivität noch steigern.

Weitere Indikationsbereiche werden derzeit entwickelt. Die Zulassung von Bortezomib bei Patienten mit Mantelzell- und niedrig malignem Non-Hodgkin-Lymphom werde für 2007/08 erwartet, sagte Angermund. Bei Patienten mit nicht kleinzelligem Bronchialkarzinom habe man in Einzelfällen sogar mit einer Monotherapie gute Erfolge gesehen. Jedoch werde Bortezomib die größte Bedeutung in der Kombination mit anderen Zytostatika oder Dexamethason haben. Studien bei soliden Tumoren wie Mamma-, Prostata- oder Bronchialkarzinomen laufen bereits oder sind geplant.

 

Kommentar: Vielversprechend Mit Proteasom-Inhibitoren hat eine neuartige Therapiestrategie in die Krebsbehandlung Eingang gefunden. Die Einführung des Wirkstoffs Bortezomib bedeutet vor allem für bereits vortherapierte Patienten mit multiplem Myelom einen deutlichen Fortschritt der Behandlungsmöglichkeiten. Zwar ist die Krankheit nach wie vor nicht heilbar, doch kann Bortezomib die Krankheitsprogression verlangsamen, aufhalten oder zurückbilden. So ist es als positiv zu bewerten, dass im Rahmen der SUMMIT-Studie rund ein Drittel der Patienten, die in der Mehrzahl bereits eine Stammzelltransplantation und Thalidomid-Therapie erhalten hatten, noch auf eine Behandlung mit Bortezomib ansprachen.

Vielversprechend ist zudem, dass Bortezomib auch bei anderen Tumorentitäten wirksam ist. Die Zulassung für Patienten mit niedrig malignem Non-Hodgkin-Lymphom wird für 2007/2008 erwartet. Aber auch für solide Tumoren, wie das Bronchial-, Mamma- und Prostatakarzinom laufen bereits Studien.

Seine größte Bedeutung wird Bortezomib jedoch voraussichtlich in der Kombination mit anderen Zytostatika haben, da die Substanz ersten Hinweisen zufolge die Wirkung anderer Zytostatika steigert.

Dr. Kerstin A. Gräfe
PZ-Redakteurin

 

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