Pharmazeutische Zeitung online Avoxa
whatsApp instagram facebook bluesky linkedin xign

Homöopathie-Debatte: Placebo-Effekte besser nutzen

 

«Placebo-nahe» Interventionen wie Homöopathie, Akupunktur und manche naturheilkundlichen Ansätze müssen in der Medizin und Pharmazie integriert bleiben. Das fordert Winfried Rief, Professor für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Universität Marburg, der über Placebo- und Nocebo-Effekte forscht, in einem Gastbeitrag in der «Süddeutschen Zeitung». Der Artikel ist eine Reaktion auf den Beitrag von Edzard Ernst, emeritierter Professor für Alternativmedizin an der University of Exeter in England, der knapp zwei Wochen zuvor gefordert hatte, Homöopathie müsse aus den Apotheken verschwinden.

«Placebo-Behandlungen können hoch effektiv und langfristig wirksam sein», hält der Psychologie-Professor Rief dagegen. «Positive Erwartungen bei Patienten und Ärzten, aber auch positive und negative frühere Erfahrungen mit Behandlungen oder allein schon der ärztliche Kontakt tragen zum Behandlungsergebnis bei.» Studien zeigen, dass sich nicht nur subjektive Parameter wie Schmerzen oder depressive Stimmungen unter Placebo-Therapie verbessern, sondern auch objektive Messwerte  wie die Immunaktivität, neuronale Übertragungsprozesse oder die Ausschüttung von Hormonen.

«Der heutigen Medizin sind diese Effekte nichts wert», kritisiert Rief. Nur der vermeintlich ausschließlich auf das Medikament rückführbare Zusatzeffekt zähle. Damit missachte die Medizin wissenschaftlich belegte Wirkfaktoren und überlasse sie der Homöopathie und anderen Alternativtherapien, so der Forscher. «Eine Medizin der Zukunft muss aber auf alle Wirkfaktoren setzen, nicht nur auf den oft nicht so großen Unterschied zwischen Placebo und echter Behandlung.»

Wie minimal die Unterschiede zwischen Placebo und Wirkstoff liegen können, erläutert er am Beispiel der Antidepressiva. Anfang des Jahres hatte eine große Metaanalyse die Wirksamkeit belegt, allerdings waren die Effekte gegenüber Placebo eher gering. Vor dem Hintergrund oft auftretender Nebenwirkungen sowie unklarer Kenntnisse über Langzeiteffekte der Antidepressiva, fordert Rief eine neue Vor- und Nachteilsabwägung im Einzelfall.

Rief zufolge müsse eine Therapie ohne wissenschaftlich nachgewiesenen Wirkmechanismus bevorzugt werden, wenn der klinische Behandlungserfolg da ist oder gar besser ist als unter Standardmedikamenten und weniger Nebenwirkungen auftreten, wie bei der Akupunktur bei chronischen Schmerzen, selbst wenn die klassische Akupunktur nicht besser abschneiden sollte als Placebo-Akupunktur.

Wie bereits aus mehreren Studien bekannt ist, können Placebos auch wirken, wenn der Patient weiß, dass das Medikament keinen Wirkstoff enthält. «Es ist nicht nur der Glaube, sondern ein komplexes biologisches und psychologisches Reaktionsmuster, das zu Placebo-Heilungen beiträgt», so Rief. «Wurden positive Erfahrungen mit Schmerzmedikamenten gemacht, reicht bereits der Akt der Einnahme, damit Sekunden später eine Schmerzreduktion erlebt wird – lange bevor das Medikament an den Synapsen wirkt.» Habe sich der Körper das Reaktionsmuster angeeignet, könne bereits eine deutlich unterdosierte Medikamentengabe oder gar eine Placebo-Gabe Besserung auslösen. (dh)

Lesen Sie dazu auch

Debatte: Homöopathika raus aus der Apotheke?, PZ 34/2018

Antidepressiva: Alle besser als Placebo, PZ 09/2018

Placebo-Effekt: Wirkung ohne Wirkstoff, PZ 46/2017

 

23.08.2018 l PZ

Foto: Fotolia/Ludovic LAN

Frag die KI
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
BETA
Menü
Zeit
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
Zeit
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
Senden
SENDEN
KI
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
KI
KI
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.