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Rx-Versandhandelsverbot

Eine Herzens­angelegenheit

21.03.2018  10:45 Uhr

Von Stephanie Schersch, Berlin / CDU-Gesundheitsexpertin Karin Maag hat keinen Zweifel daran, dass die Große Koalition den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln verbieten wird, das machte sie am Montag in Berlin deutlich. Das Thema dürfte aber frühestens im Herbst auf der Agenda der Bundesregierung stehen.

»Das Rx-Versandhandelsverbot wird kommen«, sagte Maag, die seit Kurzem gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion ist. Auf der Liste der dringendsten Projekte steht das Vorhaben allerdings nicht an erster Stelle. Vor der parlamentarischen Sommerpause wird die Bundesregierung das Thema Maag zufolge auf jeden Fall nicht mehr anfassen. Das Versandverbot habe Zeit bis zum Herbst.

Im Apothekenmarkt wird es damit noch eine Weile bei der Hängepartie bleiben, die seit Oktober 2016 besteht. Damals hatte der Euro­päische Gerichtshof ausländischen Versendern offiziell erlaubt, die deutsche Preisbindung für Rx-Arzneimittel zu ignorieren. Der ehemalige Bundesgesundheits­minister Hermann Gröhe (CDU) hatte da­raufhin einen Gesetzentwurf vorgelegt, der ein Verbot des Versandhandels mit rezeptpflich­tigen Medikamenten vorsah. Eine politische Mehrheit fand sich dafür jedoch nicht.

 

Maag bezeichnete das Verbot als eine Herzensangelegenheit. »Wir haben das Thema nicht umsonst in den Koalitionsvertrag geschrieben.« In der Unionsfraktion werde sich eine Mehrheit dafür finden, sagte sie. Skeptisch zeigen sich hingegen nach wie vor Teile der SPD, die auf mögliche verfassungsrechtliche Hürden verweisen, auch wenn die Partei im Koalitionsvertrag zugestimmt hat, das Verbot grundsätzlich zu unterstützen. Maag zeigte sich optimistisch, dass diese Bedenken am Ende ausgeräumt werden können. »Die Angst vor verfassungsrechtlichen Problemen sollte uns auf jeden Fall nicht daran hindern, das Thema anzugehen«, sagte sie.

 

Unklar ist noch, ob die Parteien für die Umsetzung des Verbots erneut auf Gröhes Gesetzentwurf zurückgreifen werden. Nach der Neuauflage der Großen Koalition steht mit Jens Spahn (CDU) nun ein neuer Minister an der Spitze des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG). Auch der Posten des dort für den Arzneimittel-Versandhandel zuständigen Abteilungsleiters sei neu besetzt worden, so Maag. Dieser werde sich Gröhes Gesetzentwurf anschauen und das Ministerium dann über das weitere Vorgehen entscheiden. Am Ende werde das BMG einen Entwurf vorlegen, »mit dem wir dann ins Feintuning gehen können«, so Maag. Die Große Koalition werde das Vorhaben voraussichtlich noch in diesem Jahr angehen, aber sicher nicht mehr bis Ende Dezember abschließen.

 

Noch vor der Sommerpause will die Bundesregierung hingegen das Thema Pflege in Angriff nehmen. Während man in der letzten Legislaturperiode viel für die Pflegebedürftigen erreicht habe, stünden nun Arbeitsbedingungen und Bezahlung der Pflegekräfte im Fokus, so Maag.

 

Über ein Sofortprogramm will die Regierung 8000 neue Stellen in Pflegeheimen schaffen. Darüber hinaus sollen Kliniken künftig eine gesonderte Vergütung für die Pflegepersonalkosten erhalten. Bislang müssen diese Kosten über die sogenannten Fallpauschalen finanziert werden. Von insgesamt 75 Milliarden Euro, die Kliniken über die Pauschalen bekommen, sollten 18 Milliarden Euro eigentlich in die Pflege fließen. »Dort kommen sie jedoch nicht in vollem Umfang an«, so Maag. So würden rund 3 Milliarden Euro stattdessen für Investitionen ausgegeben – ein Posten, der eigentlich in die finanzielle Verantwortung der Bundesländer fällt. Die Auskopplung der Personalkosten aus den Fallpauschalen soll die Klinikvergütung transparenter machen und dafür sorgen, dass die Gelder wirklich den Beschäftigten zugute kommen.

 

Auch bei einem anderen Thema muss die Koalition aufs Tempo drücken. Ab Januar 2019 sollen Arbeitgeber und ihre Angestellten wieder Kassenbeiträge in gleicher Höhe zahlen, so steht es im Koalitionsvertrag. Damit diese Änderung rechtzeitig in Kraft treten kann, muss hier noch vor der Sommerpause etwas passieren.

 

Apotheker einbinden

 

Bis zum Ende der Legislaturperiode soll darüber hinaus endlich die elektronische Patientenakte kommen. Weil es bei diesem Thema zuletzt nur schleppend voranging, haben Krankenkassen wie die AOK inzwischen eigene Lösungen entwickelt. Diese Projekte könne man sicher nicht zurückdrehen, sagte Maag. Aufgabe der Politik sei es nun, einheitliche Vorgaben zu definieren, die jede Akte grundsätzlich erfüllen muss. Zudem müsse man dafür sorgen, dass die Systeme miteinander kompatibel seien. Mit Blick auf den elektronischen Medikationsplan sprach sich Maag dafür aus, dem Patienten künftig die Wahl zu überlassen, ob Arzt oder Apotheker das Dokument für ihn erstellt. Bislang liegt diese Aufgabe allein bei den Medizinern. »Da müssen wir nochmal ran«, so Maag.

 

Während sich der Koalitionsvertrag an vielen Stellen mit den Problemen der Gesetzlichen Krankenversicherung befasst, fehlen konkrete Pläne für die Private Krankenversicherung. Dabei gebe es auch hier großen Reformbedarf, sagte Maag, die damit auf einer Linie mit Bundesgesundheitsminister Spahn ist. Es könne nicht sein, dass man 10 Prozent der Versicherten mit ihren Sorgen schlichtweg ignoriere. So müsse man etwa das Problem der steigenden Beiträge im Alter zeitnah in Angriff nehmen.

 

Darüber hinaus will Maag dafür sorgen, dass Gesetze im Gesundheitswesen künftig nicht mehr so leicht unterwandert werden können. So sei der Wille des Gesetzgebers zuletzt mehrfach schlichtweg ignoriert worden, sagte sie. Als Beispiel verwies die CDU-Expertin unter anderem auf die Impfstoffversorgung. In diesem Bereich sind Rabattverträge inzwischen verboten, damit sich möglichst viele Unternehmen an der Versorgung beteiligen und so das Risiko von Lieferengpässen sinkt.

 

Grippeimpfstoffe

 

Vor Kurzem hatte nun die AOK Nordost mit den zuständigen Apothekerverbänden einen Maximalpreis für quadrivalente Grippeimpfstoffe in der Saison 2018/2019 vereinbart. Lediglich ein Hersteller soll bislang zugesichert haben, zu diesem Preis zu liefern. Damit übernehme letztlich wieder nur ein Unternehmen die Versorgung der Versicherten, so Maag. Eine solche Regelung sei zwar legal, verkenne aber das eigentliche Ziel des Gesetzgebers. »Das ärgert mich.« Die Apotheker sehen das allerdings anders.

 

Maag möchte nun künftig strenger vorgehen. So könne man etwa auch im Impfstoffbereich Festbeträge einführen, sagte sie. Zudem kann sich die CDU-Politikerin vorstellen, in Gesetzen künftig stets eine Evaluierung festzuschreiben, die Umsetzung und Folgen von Gesetzesänderungen kritisch überprüft. /

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