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Zytostatika

Herstellung in der Apotheke

10.01.2018  09:26 Uhr

Von Annette Mende / Nach dem Skandal um den Bottroper Zyto-Apotheker wurde vielfach die Frage laut, wie so etwas überhaupt möglich sein kann. Die Antwort lautet: mit krimineller Energie und unter Umgehung aller Vorschriften. Denn diese sind gerade für Zytostatika herstellende Apotheken sehr detailliert.

Wie die Herstellung von Parenteralia in der Apotheke abzulaufen hat, regelt § 35 der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO). Daneben sind diverse Vorschriften zu beachten, etwa die der Arzneibücher und arbeitsschutzrecht­liche Bestimmungen. Sie alle bilden die Grundlage von zwei Leitlinien der Bundesapothekerkammer (BAK) zur Herstellung und Prüfung applikationsfertiger Parenteralia, eine für Substanzen mit karzinogenen, mutagenen oder repro­duktionstoxischen Eigenschaften (CMR) und eine für Nicht-CMR-Ausgangsstoffe.

 

Jede Apotheke, die gebrauchsfertige Parenteralia herstellt, muss in ihrem Qualitätsmanagementsystem (QMS) Standardarbeitsanweisungen für die einzelnen Arbeitsschritte haben. Die BAK-Leitlinien machen Empfehlungen dazu, welche Arbeitsschritte hierbei berücksichtigt werden sollten. So soll einerseits sichergestellt werden, dass die hergestellten Par­enteralia die erforderliche Qualität haben und dass andererseits die mit der Herstellung betrauten Mitarbeiter nicht mit den CMR-Gefahrstoffen in Kontakt kommen.

 

Die Zubereitung von gebrauchs­fertigen Zytostatika-Lösungen muss in einem separaten Raum erfolgen, der ausschließlich dafür beziehungsweise gegebenenfalls noch zur Herstellung anderer Steril-Zubereitungen genutzt wird. Bevor das Zyto-Labor in Betrieb genommen wird, muss es von der Aufsichtsbehörde abgenommen sein. Es muss bestimmte Mindestanforderungen erfüllen, etwa glatte Oberflächen von Wänden, Decken, Böden und Arbeits­flächen, fugenlose Bodenbeläge und eine Belüftungsanlage mit wirk­samen Filtern.

 

Reinraum der Klasse A


Das Zyto-Labor muss ein Reinraum sein, das heißt es gibt bestimmte Obergrenzen für die zulässige Zahl an Partikeln und Mikroorganismen in der Luft. Die Herstellung selbst muss in einem Bereich der Reinraumklasse A stattfinden, also etwa unter einer Sicherheitswerkbank mit Laminar Air Flow. Der umgebende Raum muss in diesem Fall mindestens ein Reinraum der Klasse C sein, besser noch B. Wird zur Herstellung ein sogenannter Isolator genutzt, der ein in sich geschlossenes System darstellt, muss der umgebende Reinraum weniger hohen Anforderungen genügen (mindestens Klasse D).

Infusionsbeutel, Spritzen und andere patientenindividuelle Parenteralia dürfen nur von ausreichend geschultem und qualifiziertem pharmazeutischem Personal hergestellt werden; nicht-pharmazeutisches Personal darf lediglich unterstützen. Die Mitarbeiter müssen eine spezielle Bekleidung tragen, die nur im Herstellungsbereich verwendet wird und täglich zu wechseln ist. Die aseptische Arbeitsweise der Mitarbeiter muss regelmäßig validiert werden, auch müssen alle, die im Zyto-Labor arbeiten, über notwendige Maßnahmen im Fall eines Unfalls Bescheid wissen. Ein sogenanntes Spill-Kit zur sicheren Aufnahme und Entsorgung von versehentlich ausgetretenen CMR-Stoffen muss vorhanden sein.

 

Wie bei allen anderen Rezepturen auch, muss die Apotheke die angeforderten Zytostatika-Zubereitungen vor der Herstellung zunächst einer Plausibilitätskontrolle unterziehen. Eventuelle Bedenken oder Unklarheiten sind vor der Herstellung in Rücksprache mit dem behandelnden Arzt auszuräumen. Aufgrund der eindeutigen Verordnung wird dann eine individuelle Herstellungsanweisung erstellt, die der zuständige Apotheker freigibt. Die in der Herstellungsanweisung vorgesehenen Berechnungen, Einwaagen und Ausgangsprodukte müssen von einer zweiten Person oder einem validierten elektronischen Verfahren kontrolliert werden.

 

Nach der Herstellung sollen die Berechnungen wiederum durch eine zweite Person oder ein entsprechendes elektronisches Verfahren geprüft werden. Zudem wird neben der ­Prüfung auf Unversehrtheit des Behältnisses und der Sichtprüfung die Wägung von Stichproben empfohlen. Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Herstellung, Prüfung und Abgabe liegt beim zuständigen Apotheker.

 

Prüfung durch den Amtsapotheker

Ob die Apotheke alle Anforderungen erfüllt, wird im Rahmen der normalen Revision geprüft. Deren Organisation ist in Deutschland Ländersache und kann deshalb von Bundesland zu Bundesland verschieden sein. »In der Regel werden die Apotheken alle zwei bis drei Jahre einer Revision unterzogen, bei Bedarf auch in kürzeren Zeitabständen«, sagt Pharmazierat Christian Bauer, Sprecher der Apotheken des Landkreises Schwandorf, der PZ auf Nachfrage. Hinzu ­kämen noch regelmäßige Personalkontrollen beziehungsweise Nachkontrollen.

 

»Ich prüfe dabei nicht nur das QMS, sondern sehe mir auch das Zyto-Labor an, lasse mir den Ablauf genau erklären und überprüfe die Lagerung der Zytostatika und deren Anbrüche«, berichtet Bauer. Auch die Aufzeichnungen über die Plausibilitätskontrollen sowie die Herstellungsprotokolle würden stichprobenartig überprüft. Die Kontrollen sind gründlich: »Bei der Revision eines Zyto-Labors wird bei uns in Bayern ein Revisionsbogen von acht Seiten abgearbeitet. Das dauert mehrere Stunden«, sagt Bauer. Manipulationen, wie sie im Bottroper Fall vermutet werden, in denen nur ein Bruchteil des vorgeschriebenen Wirkstoffs verwendet wurde, seien allerdings bei der Revision sehr schwer beziehungsweise nicht festzustellen. »Das geht nur über Probenziehung«, so Bauer.

 

»Ich bin nach wie vor überzeugt, dass der größte Teil der Zyto-Labors ordnungsgemäß und mit hohem Verantwortungsbewusstsein arbeitet«, betont der Pharmazierat. Gegen »hochkriminelle Machenschaften« sei auch eine intensivere Überwachung aussichtslos oder zumindest sehr schwierig. »Eine Person mit solcher krimineller Energie wird immer Wege finden, ihr Tun zu verschleiern.« /

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