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Intoleranz

Lactose als Hilfsstoff in Arzneimitteln

Datum 28.04.2009  12:00 Uhr

Tabelle: Lactosegehalt ausgewählter Milchprodukte (9)

Lebensmittel Lactose [g/100 g]
Eiscreme 5,1-6,9
Kuhmilch 4,8-5,0
Magerquark 4,1
Kaffeesahne (10-15% Fett) 3,8-4,0
Joghurt 3,7-5,6
Dickmilch 3,7-5,3
Kefir 3,5-6,0
Buttermilch 3,5-4,0
Rahm- und Doppelrahmfrischkäse 3,4-4,0
Desserts, Fertigprodukte wie Pudding, Milchreis 3,3-6,3
Schichtkäse (10-50% Fett i.Tr.) 2,9-3,8
Schmelzkäse (10-70% Fett i.Tr.) 2,8-6,3
Sahne, Rahm (süß, sauer) 2,8-3,6
Hüttenkäse 2,6
Molke, Molkegetränke 2,0-5,2
Crème fraîche, Crème double 2,0-4,5
Quark (10-70% Fett i.Tr.) 2,0-3,8
Frischkäsezubereitungen (10-70% Fett i.Tr.) 2,0-3,8
Butter 0,6-0,7
Hart-, Schnitt- und Weichkäse lactosefrei oder geringe Mengen

Im Vergleich zu Lebensmitteln handelt es sich bei der Einnahme von Medikamenten um deutlich geringere Lactosemengen, denen eine von Lactoseintoleranz betroffene Person ausgesetzt ist. Eine Untersuchung in Großbritannien zum Lactosegehalt von Arzneimitteln zur Therapie gastrointestinaler Erkrankungen belegt, dass sich der Anteil bei den meisten untersuchten Präparaten im Bereich von unter 100 mg pro Tablette oder Kapsel bewegt, sodass auch bei maximaler Tagesdosis selten mehr als 400 bis 500 mg Lactose aufgenommen werden (10). Bei einigen der untersuchten Arzneimittel lag die bei maximaler Tagesdosis aufgenommene Lactosemenge jedoch bei 800 bis teilweise über 1000 mg pro Tag. Dies war meistens dann der Fall, wenn die zum Erreichen der maximalen Tagesdosis einzunehmende Anzahl mit acht und mehr Tabletten oder Kapseln relativ hoch war.

 

Mehrere Arbeiten haben sich mit der Frage befasst, ob die Aufnahme von Lactose in dieser Größenordnung bei Patienten mit Lactoseintoleranz zu gastrointestinalen Symptomen führt. In einer randomisierten Doppelblindstudie an 77 Patienten mit Lactosemalabsorption (Kriterium: Anstieg der Wasserstoffkonzentration im H2-Atemtest um mehr als 20 ppm nach Belastung mit 20 g Lactose) wurde untersucht, ob nach Einnahme einer Kapsel mit 400 mg Lactose oder Placebo ein Anstieg des Wasserstoffgehalts und/oder klinische Symptome zu verzeichnen waren (8). Verum- und Placebogruppe unterschieden sich jedoch in beiden Endpunkten nicht signifikant. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass ein Lactasemangel nicht zwangsläufig eine Kontraindikation für die Einnahme lactosehaltiger Arzneimittel sein sollte. Ähnliche Ergebnisse zeigte eine randomisierte Doppelblindstudie, für die 30 Probanden ausgewählt wurden, die sich selbst als hochgradig lactoseintolerant bezeichneten und gastrointestinale Symptome nach Aufnahme von weniger als 240 ml Milch berichteten (7).  Die Probanden erhielten während der Studiendauer täglich entweder 240 ml Milch oder lactosefreie Milch. In beiden Gruppen wurde nur über minimale gastrointestinale Symptome berichtet, es war kein signifikanter Unterschied zwischen Verum und Placebo erkennbar.

 

Fazit

 

Nur ein sehr kleiner Teil der Patienten hat eine so niedrige Lactaseaktivität, dass bereits bei Exposition mit geringsten Mengen Lactose gastrointestinale Beschwerden auftreten. In der Regel ist die in Tabletten oder Kapseln enthaltene Lactosemenge so niedrig, dass die meisten Patienten diese Arzneimittel ohne Symptome vertragen. Eine Lactosemalabsorption sollte daher nicht zwingend als Kontraindikation für die Einnahme lactosehaltiger Arzneimittel betrachtet werden. Als therapeutisches Problem ist jedoch ein Nozebo-Effekt (glaubensbedingte Wahrnehmung eines gesundheitsabträglichen Effektes) zu berücksichtigen. In Einzelfällen kann es also durchaus nötig sein, auf eine lactoesefreie Arzneiform auszuweichen, schon allein aus dem Grund, um die Compliance der Patienten nicht zu gefährden. Falls keine lactosefreie Alternative zur Verfügung steht und es bei Einnahme lactosehaltiger Medikamente zu Beschwerden kommt, kann das Enzym Lactase in Form eines entsprechenden Präparats substituiert werden.

Literatur

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Reich CM, Arnould PM. Evolution of Pinnipedia lactation strategies: a potential role for a-lactalbumin?  Biol. Lett. 2007; 3:546-49

Laktoseintoleranz: Eine häufige Ursache von gastrointestinalen Beschwerden. Grogg Pharma, www.groggpharma.ch

Rusynyk RA, Still CD. Lactose intolerance. J Am Osteopath Assoc 2001; 101:S10-2

Lomer MCE, Parkes GC, Sanderson JD. Lactose Intolerance in Clinical Practice - Myths and  Realities. Aliment Pharmacol Ther 2008; 27:93-103

Matthews SB, Waud JP, Roberts AG, Campbell AK. Systemic lactose intolerance: a new perspective  on an old problem. Postgrad Med J 2005; 81:167-73

Vernia P, Di Camillo MD, Marinaro V, Caprilli R. Effect of predominant methanogenic flora on the outcome  of lactose breath test in irritable bowel syndrome patients. Eur J Clin Nutr 2003; 57:1116-9

 Suarez FL, Savaiano DA, Levitt, MD. A comparison of symptoms after the consumption of milk or lactose- hydrolyzed milk by people with self-reported severe lactose intolerance. N Engl J Med 1995; 333:1-4

Montalto M, Gallo A, Santoro L, D´Onofrio F, Curigliano V, Covino M, Cammarota G, Grieco A,  Gasbarrini A, Gasbarrini G. Low-dose lactose in drugs neither increases breath hydrogen excretion nor  causes gastrointestinal symptoms. Aliment Pharmacol Ther 2008; 28:1003-12

Kasper H, Wild M, Burghardt W. Ernährungsmedizin und Diätetik. 10. Auflage. Urban & Fischer bei  Elsevier, München, 2004

Eadala P, Waud JP, Matthews SB, Green JT, Campbell AK. Quantifying the ‘hidden‘ lactose in drugs used  for the treatment of gastrointestinal conditions. Aliment Pharmacol Ther 2009; 29:677-87

 

Anschrift des Verfassers:

Dr. Herbert Plagge

Universitätsspital

Spital-Pharmazie

Spitalstraße 26

CH-4031 Basel

hplagge(at)uhbs.ch

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