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FIP-Report

In vielen Ländern agieren Online-Apotheken ohne Vorschriften

E-Rezepte, Einsicht in digitale Patientenakten, Abgabe von OTC- und Rx-Arzneimitteln, Rabatte: Um die weltweite Tätigkeit von Online-Apotheken genauer analysieren zu können, hat der Weltapothekerverband FIP einen Report vorgelegt. Dessen Fazit: Bei der Regulierung von Online-Apotheken sollten sich die Länder weltweit besser vernetzen. Tatsächlich scheint es bei den nationalen Regelungen keinen roten Faden zu geben.
AutorKontaktCornelia Dölger
Datum 13.01.2022  09:00 Uhr

Eingeladen, an der Studie teilzunehmen, waren demnach 118 Länder in Afrika, Europa, im östlichen Mittelmeerraum, in Nord- und Südamerika, Südostasien sowie im westlichen Pazifikraum, schreiben einleitend die Autoren der Studie »Online pharmacy operations and distribution of medicines« des Weltapothekerverbands FIP. Bis zu 79 Länder machten mit, wobei nicht alle auf jede Frage antworteten. Für die jeweiligen Länder befragt wurden demnach Mitglieder der dortigen Pharmazieverbände oder -gesellschaften, von denen einige im FIP organisiert sind. Der Fokus lag dabei etwa darauf, welche Arzneimittel die Online-Apotheken in den 79 untersuchten Ländern liefern (dürfen) oder ob und wie sie elektronische Rezepte und Patientenakten verwenden.

Was die Regulierung von Online-Apotheken betrifft, hält der Report fest: 51 Prozent der untersuchten Länder verfügen hierzu über keinerlei Vorschriften. 49 Prozent gaben hingegen an, dass es bei ihnen solche Regeln und Vorschriften gebe. In der Gesamtschau kamen dabei teils extreme Unterschiede heraus: Fast drei Viertel der untersuchten Länder in Europa verfügen demnach über verbindliche Regelungen für Online-Apotheken – im Gegensatz zum Beispiel zu Afrika, wo satte 92 Prozent der untersuchten Länder komplett ohne solche Vorgaben auskommen müssen. Auch in Südostasien konnte keins der untersuchten Länder bei der Frage nach Vorschriften für Online-Apotheken mit Ja antworten. Das Thema Sicherheit bei Online-Apotheken ist für den FIP dabei nicht neu. Bereits im vergangenen Frühjahr diskutierten Pharmazeutinnen und Pharmazeuten in einem FIP-Webinar darüber. Tenor: Versender im Internet müssten genau so streng kontrolliert werden wie die Apotheken vor Ort. 

Wenig Regeln, weniger Patientensicherheit

Und so überrascht es nicht, dass nun auch die Autoren der Studie den Mangel an Vorschriften als problematisch bewerten. Zwar böten Online-Apotheken den Kundinnen und Kunden einen komfortablen Zugang zu Arzneimitteln und (Gesundheits-)Dienstleistungen. Gleichzeitig könnten zu laxe oder nicht vorhandene Vorschriften den Weg für illegale Apotheken freimachen und insgesamt die Qualität bei Arzneimitteln und Gesundheitsdienstleistungen beeinträchtigen. Zu den Risiken, die dadurch für die Patientinnen und Patienten entstünden, gehörten etwa gefälschte oder minderwertige Medikamente, fehlerhaft protokollierte Lieferketten und mangelnde Fachberatung zu den Arzneimitteln. Auch ist falsche und riskante Selbstmedikation mit Medikamenten, die über Onlineapotheken erworben wurden, keine Seltenheit. Ein Viertel der Befragten berichtete demnach über solche Fälle.

»Online-Apotheken gibt es seit mehr als 20 Jahren, aber die Covid-19-Pandemie hat den digitalen Handel enorm befeuert, auch im Bereich Pharmazie«, betont Lars-Åke Söderlund, Co-Autor des Reports und beim FIP verantwortlich für die Entwicklung der Offizinen und Klinikapotheken, in einer begleitenden Pressemitteilung. »Digitale Dienste sind nicht mehr wegzudenken, wodurch auch die Bedeutung der Online-Apotheken weiter wachsen wird.« Deshalb müssten alle Heilberufler und Mitarbeitende im Gesundheitssektor mit dafür sorgen, dass alle Kundinnen und Kunden darüber aufgeklärt werden, wie Online-Apotheken funktionieren. Nur so könnten sie hierbei richtige Entscheidungen treffen, so Söderlund.

Immer mehr Onlineanbieter

Die Menge an digitalen Apotheken ist demnach stark gewachsen – wobei gleichzeitig auch die Zahl der illegalen Anbieter zugenommen hat, inklusive aller damit einhergehenden Risiken für die Patienten. Als illegale Online-Apotheken gelten demnach solche, die weder den nationalen und internationalen Apothekenregelungen gerecht werden noch die Voraussetzungen für andere Zertifizierungen erfüllen. Ihre genaue Anzahl sei allerdings schwer zu beziffern, ebenso sei es kompliziert zu erfassen, wie viele und welche Medikamente darüber online abgegeben werden und welche Qualität die Produkte haben. Insofern sei es schwierig zu ermessen, welchen Einfluss unzulässige Online-Apotheken auf das globale Gesundheitssystem haben, heißt es einleitend in dem Report.

Auch dass viele öffentliche Apotheken in den untersuchten Ländern zudem keinen wirklichen Zugang zu elektronischen Patientenakten hätten, trage nicht gerade dazu bei, dass sie einen effektiven Beitrag zur optimalen Patientenversorgung leisten könnten, hieß es weiter. Dem Report zufolge war dies in fast 60 Prozent der untersuchten Länder der Fall. »Wenn Offizinen Zugang zu digitalen Gesundheitsakten haben, sind sie besser in der Lage, umfassende Bewertungen vorzunehmen, medikationsbezogene Probleme zu erkennen und entsprechende Empfehlungen zu geben«, so Söderlund. Das spiele mithin besonders für online gekaufte Medikamente eine Rolle.

In den meisten der untersuchten Länder sind elektronische Verordnungen demnach gesetzlich verankert – mit 64 Prozent hat Europa hierbei die Nase vorn. Gleichzeitig gaben demnach fast 60 Prozent der Länder an, dass ihre öffentlichen Apotheken keinen oder nur teilweise Zugang zu elektronischen Patientenakten hätten. Nur knapp ein Viertel teilte mit, einen Zugang zu haben. Unter den Ländern, die einen solchen Zugang bieten, sind demnach Belgien, Tschechien, Dänemark oder die Niederlande. Auch Japan, Australien und China gehörten dazu. In Deutschland gibt es allerdings sowohl für das digitale Großprojekt elektronische Patientenakte (EPA) wie auch für das E-Rezept bekanntermaßen erhebliche Verzögerungen (einen Überblick über den EPA-Start finden Sie hier sowie hier einen internationalen Vergleich über die Nutzung des E-Rezepts).

Zugang ist nicht gleich Zugang

Zugang ist aber nicht gleich Zugang, sondern die Qualitäten unterscheiden sich. Dem Report zufolge haben nur öffentliche Apotheken in der Sonderverwaltungszone Hong Kong einen vollständigen Zugang zu den E-Akten, inklusive Leserecht für alle Bereiche, wohingegen andere Länder mit Zugang zum Beispiel nur die Medikationshistorie einsehen können. In nur zehn Prozent aller untersuchten Länder besteht für Apotheken demnach die Option, selbst etwas in die Patientenakten einzutragen; in den meisten europäischen Ländern haben Apotheken demnach zwar Lese-, aber keine Schreibrechte. Alle Befragten aus Afrika oder dem östlichen Mittelmeerraum gaben an, dass ihre Apotheken keinerlei Zugang zu digitalen Patientenakten hätten.

Wie Kundinnen und Kunden OTC-Arzneimittel digital erwerben können, ist in den untersuchten Ländern ebenfalls sehr unterschiedlich geregelt. Den Angaben zufolge ist das in den meisten Ländern nur über lokale Apotheken möglich, die eine Versanderlaubnis haben (61 Prozent). In 15 Prozent der Länder können Kunden demnach OTC bei eigenständigen Online-Apotheken bestellen, die nicht an lokale Apotheken angeschlossen sind. Ein Viertel kann OTC über die digitalen Vertriebskanäle zum Beispiel von Supermärkten beziehen. In 19 Prozent der untersuchten Länder aber ist der Online-Kauf von OTC komplett untersagt.

Unterschiedlich ist auch die Situation bei den Rx-Arzneien. In 41 Prozent der untersuchten Länder können verschreibungspflichtige Medikamente nur über lokale Apotheken mit entsprechender Versandlizenz abgegeben werden. In mehr als einem Drittel der Länder ist es generell verboten, Rx-Arzneimittel online zu verkaufen, während in einem (nicht konkret genannten) Land in der Region Westpazifik Rx-Mittel sogar über Drogerien und Supermarktkanäle online abgegeben werden dürfen.

Wie ist die Online-Abgabe von Rx-Medikamenten in den Ländern weiter geregelt? In einem Viertel der Länder ist dafür die Vorlage eines digitalen Rezepts vorgeschrieben, wobei 55 Prozent dieser Länder in Europa liegen. Anders sieht es in Nord- und Südamerika sowie in der Region Westpazifik aus: Hier kann es auch ausreichen, ein Foto der Verschreibung hochzuladen (in 16 Prozent der untersuchten Länder) oder das Rezept per Post an die Online-Apotheke zu schicken (9 Prozent). In einigen wenigen Ländern in Europa und auf dem amerikanischen Kontinent reicht es sogar, wenn Kundinnen und Kunden einen entsprechenden Fragenkatalog ausfüllen.

Die Frage der Echtheit

Um möglicherweise gefälschte Rezepte zu erkennen, gehen Online-Apotheken in den untersuchten Ländern ebenfalls unterschiedlich vor. In knapp einem Drittel der Länder können sie sich bei der Überprüfung auf eine Liste von registrierten Medizinern stützen, um die Echtheit des Rezepts zu verifizieren. So ist es in vielen europäischen Ländern üblich. Insgesamt verlassen sich aber fast 60 Prozent der untersuchten Länder auf andere Systeme, etwa eine dem Apotheker auferlegte Prüfpflicht.

Um wiederum die Authentizität und Legalität der Online-Apotheken an sich zu prüfen, haben fast 40 Prozent der untersuchten Länder keinerlei Handhabe. In ihren Ländern existierten dafür keine etablierten Systeme, heißt es. Etwas über ein Drittel der Länder gab an, dass die Kundinnen und Kunden dies selbst über eine Liste an registrierten Online-Apotheken herausfinden könnten/müssten. Einige europäische Länder bieten zudem eine spezielle Website zur Echtheitsbescheinigung an. In anderen Ländern läuft es über Lizenzen, über die Adresse der dazugehörigen Vor-Ort-Apotheke, über ein Logo oder über regionale Apothekenaufsichtsbehörden. Für unabdingbar halten es 80 Prozent der untersuchten Länder, dass die Online-Apotheken eine feste physische Adresse haben.

Viele wissen nicht, ob es Regeln für Rabatte gibt

Um Rabatte auf Online-Medikamente im Zaum zu halten, hat fast die Hälfte der untersuchten Länder keinen gesetzlichen Ansatzpunkt; in 40 Prozent der Länder gibt es dafür demnach keine Regulierung. Unter den untersuchten Ländern in Europa halten aber fast 30 Prozent solche Vorschriften vor. Auffällig: Mehr als ein Drittel aller untersuchten Länder gab an, nicht zu wissen, ob die Rabattierungen in ihrer Region geregelt sind. 45 Prozent sagten aber, dass die Werbung für solche Rabattierungen durchaus geregelt sei, die meisten davon sind Länder in Europa. Die Hälfte der untersuchten afrikanischen Länder hingegen gab an, dass in ihren Regionen keine Regelungen oder Beschränkungen bestünden.

»Die Kunden verlangen heute mehr Annehmlichkeiten, Innovationen und eine individuelle Ansprache«, erläuterte die FIP-Vorstandsvorsitzende Catherine Duggan in der Mitteilung zum Report. Insofern gelte es, die Digitalisierung auch für die lokalen Apotheken als Chance zu begreifen. Apotheken müssten ihre elementare Rolle als Medizin-Fachleute festigen und ausbauen. Die Pandemie habe gezeigt, wie wichtig digitale Gesundheitsservices seien. So seien die Apotheken gefordert, ihrer Kundschaft, die mehr und mehr in Onlinekanäle wechsele, einen Mehrwert zu bieten, etwa durch persönliche und individuelle Beratung und Services. Nur so könne die Digitalisierung für lokale Apotheken die Chance bieten, ihren Stellenwert vor Ort, mitten in der Gesellschaft, zu stärken, so Duggan.

 

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