Impfausweis-Fälschung doch strafbar? |
Zur Erlangung von digitalen Impfzertifikaten müssen analoge Impfdokumente in der Apotheke vorgelegt werden. Ob die Vorlage von gefälschten Impfpässen auch strafbar ist, ist derzeit juristisch umstritten. / Foto: Imago Images/Bihlmayerfotografie
Eigentlich wollte die Große Koalition im Zuge der Einführung der digitalen Impfnachweise Fälschungen dieser Dokumente per Infektionsschutzgesetz mit einer Geld- oder Haftstrafe versehen. Laut einer aktuellen Feststellung des Landgerichts Osnabrück handelt es sich hierbei aber offenbar um eine Strafbarkeitslücke, wenn Privatpersonen in einer Apotheke gefälschte Impfpässe vorlegen, um ein digitales Impfzertifikat zu erhalten.
Die Unionsfraktion im Bundestag möchte nun rechtlich nachbessern und plant einen entsprechenden Gesetzesantrag in das Parlament einzubringen. Und das Bundesgesundheitsministerium hat inzwischen mitgeteilt, dass einzelne digitale Impfnachweise auch gesperrt werden können. Allerdings hat das Ministerium nicht weiter erläutert, wer und unter welchen Umständen diese Sperrung auch vollzogen werde.
Eine andere Rechtsauffassung haben nun die niedersächsischen Generalstaatsanwälte erklärt. Laut einer gemeinsamen Mitteilung der Generalstaatsanwaltschaften Braunschweig, Celle und Oldenburg soll die Herstellung und Vorlage gefälschter Impfdokumente zur Erlangung eines digitalen Impfzertifikats in Apotheken sehr wohl strafbar sein. Zwar seien die Straftatbestände der Fälschung von Gesundheitszeugnissen nach § 227 Strafgesetzbuch und des Gebrauchs unrichtiger Gesundheitszeugnisse nach § 279 Strafgesetzbuch immer nur dann anwendbar, »wenn die Vorlage zum Zweck der Täuschung gegenüber einer Behörde oder einer Versicherungsgesellschaft erfolgt, nicht jedoch gegenüber einer Apotheke oder anderen privaten Einrichtung«, heißt es in der Mitteilung. Ein Rückgriff auf den allgemeinen Straftatbestand der Urkundenfälschung nach § 267 Strafgesetzbuch sei in einem solchen Fall aber möglich, weil ansonsten nicht zu erklärende Wertungswidersprüche entstünden. In anderen Worten: Gesundheitszeugnisse wie beispielsweise Impfausweise sind Urkunden. Bei allen anderen Urkunden außerhalb der Gesundheitszeugnisse wäre diese Fälschung strafbar, deswegen sei es nicht vermittelbar, warum diese Urkunde anders gehandhabt wird, erklärte ein Pressesprecher der Generalstaatsanwaltschaft Celle gegenüber der PZ.
Damit bestehe kein Anlass zur Annahme einer Strafbarkeitslücke, heißt es in der Mitteilung weiter. Eine solche widerspräche »ganz offensichtlich« dem Willen des Gesetzgebers, erklärten die drei niedersächsischen Generalstaatsanwälte Rust, Lüttig und Heuer. »Wer versucht, mit einem gefälschten Impfzertifikat einen digitalen Impfpass zu erlangen, muss auch künftig damit rechnen, dass er oder sie von der Staatsanwaltschaft verfolgt wird«, so die Staatsanwälte. Auch das BMG betonte gegenüber der PZ, dass mögliche Fälschungen bei den Strafverfolgungsbehörden, also den örtlichen Polizeistellen oder Staatsanwaltschaften gemeldet werden könnten.
Die niedersächsischen Generalstaatsanwälte streben damit eine entsprechende Klärung durch eine »ausstehende obergerichtliche Entscheidung« an. Laut Generalstaatsanwaltschafts-Sprecher sei bislang aber noch kein Verfahren an einem niedersächsischen Oberlandesgericht anhängig. Die Staatsanwaltschaften wollen aber bei entsprechenden Fällen die etwa in einem Freispruch enden, Revision einlegen.
Laut einer Mitteilung der Deutschen Presse-Agentur begrüßte die niedersächsische Justizministerin Barbara Havliza (CDU) die Haltung der Generalstaatsanwälte. »Es ist richtig, dass die Generalstaatsanwälte deutlich machen, dass man die Frage der Strafbarkeit rechtlich unterschiedlich beantworten kann. Das Problem liegt nicht in der Entscheidung des Landgerichts Osnabrück, sondern in der verworrenen Rechtslage«, sagte sie. Solange es keine obergerichtliche Klärung gebe, solle niemand glauben, er könne ohne Risiko Impfausweise fälschen und in einer Apotheke vorzeigen.