Hubmann rechnet mit deutlich niedrigeren Betriebsergebnissen |
Brigitte M. Gensthaler |
07.07.2022 10:30 Uhr |
Deutlich höhere Kosten und weniger Einnahmen: Der Vorsitzende des Bayerischen Apothekerverbands, Dr. Hans-Peter Hubmann, rechnet in 2022 mit erheblichen Einbußen für die Apotheken. / Foto: PZ/Alois Müller
»Die Apotheken haben die Bevölkerung in der Pandemie hervorragend versorgt«, lobte Hubmann bei der gestrigen Mitgliederversammlung des BAV und erinnerte an die Abgabe von circa 440 Millionen Schutzmasken, die Lieferung von 100 Millionen Covid-19-Impfdosen an Arztpraxen, mobile Impfteams und den öffentlichen Gesundheitsdienst sowie die Ausstellung von 97 Millionen Impf- und Genesenenzertifikaten. Aufgrund der Sonderumsätze in der Pandemie lag der Mehrumsatz der deutschen Apotheken 2021 bei etwa 2,5 Milliarden Euro.
Das in 2021 deutlich gestiegene Betriebsergebnis der durchschnittlichen Apotheke – rund 211.000 Euro – gehe auf die Sonderumsätze zurück. Hubmann betonte: »Sondereffekte sind Sondereffekte und sorgen nicht für eine nachhaltige Entwicklung. Diese Sondereffekte waren hart und ehrlich erarbeitet.«
Für das laufende Jahr rechnet er mit massiven Einbußen – unter anderem weil Corona-bezogene Sondererlöse wegfallen. Im klassischen Arzneimittelbereich seien kaum Gewinnsteigerungen, sondern eher Rückgänge zu erwarten. Zudem sei mit deutlich mehr Kosten, vor allem aufgrund der Inflation und der hohen Energiekosten zu rechnen, sagte der BAV-Chef. »Wir müssen 2022 mit einem Rückgang des Betriebsergebnisses der durchschnittlichen Apotheke um mehr als 80.000 Euro auf circa 130.000 Euro rechnen. Wir kämpfen und tun alles, damit die Apotheken nicht weiter belastet werden.«
Das wird schwierig angesichts des kürzlich veröffentlichten Entwurfs des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes, das ein Finanzloch der GKV von 17 Milliarden Euro abfedern soll. Unter anderem ist eine Erhöhung des Kassenabschlags von 1,77 auf 2 Euro vorgesehen. Damit wolle die Bundesregierung in den Jahren 2023 und 2024 insgesamt 170 Millionen Euro einsparen. Laut Hubmann ist das falsch gerechnet. »Nach unseren Berechnungen bedeutet dies eine jährliche Belastung von 120 Millionen Euro, konkret von circa 6500 Euro für die Durchschnittsapotheke.«
Mit Sorge betrachtet der BAV den steten Apothekenschwund. In Bayern sei die Zahl Ende 2021 auf 2967 Apotheken gesunken, berichtete Geschäftsführerin Alexandra Schmidt. »Jede Woche schließt eine Apotheke in Bayern, aber die Leistung insgesamt muss die gleiche bleiben.«
Allmählich entstünden weiße Flecken im flächendeckenden Apothekennetz und weitere Wege für die Patienten, warnte Hubmann. Manche Apotheken müssten aus Personalnot schließen, sprach er den Fachkräftemangel an. »Die Politik muss ein Klima schaffen, in dem junge, gut ausgebildete Apothekerinnen und Apotheker wieder motiviert sind, sich selbstständig zu machen und Apotheken zu übernehmen oder neu zu gründen.«
Auch in diesem Zusammenhang sei die Entwicklung bei den pharmazeutischen Dienstleistungen sehr erfreulich. Gegen teilweise erbitterten Widerstand der Krankenkassen wurden fünf Dienstleistungen, zwei wenig komplexe und drei komplexe Leistungen vereinbart. »Wir haben wie die Löwen gerade für die einfachen Leistungen gekämpft.« Nun müssten die Apotheken sie auch anbieten, ermunterte er die Kollegen: »Sie können sofort starten. Der Finanzierungstopf wird reichen, also keine Angst vor Leistungskürzungen.«
Hubmann ging ausführlich auf die Leistungen der Digitalgesellschaft Gedisa (Gesellschaft für digitale Services der Apotheken mbH) ein, die seit 1. Juli die offizielle Betreiberin des Apothekenportals »mein-apothekenportal.de« ist. Die Mitgliederversammlung stimmte einer Sonderumlage von jeweils 600 Euro pro Jahr zu, die pro Betriebsstätte in den Jahren 2022, 2023 und 2024 erhoben wird. Zuvor hatte sie einer Satzungsänderung zugestimmt, die der Versammlung das Recht zur Beschlussfassung über eine Sonderumlage einräumen soll. Hubmann war sehr erfreut: »Damit nehmen wir einen Teil unserer digitalen Zukunft selbst in die Hand.«
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