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Kammerpräsident Gnekow

Hochpreiser effektiver einsetzen

Hochpreisige Arzneimittel, Lieferengpässe, überlastete Notfallversorgung: Das sind drängende Probleme, bei denen sich die Apotheken mit eigenen Lösungsvorschlägen einbringen sollten, findet Hamburgs Kammerpräsident Holger Gnekow. Die neue Delegiertenversammlung sammelte Ideen.
Daniela Hüttemann
29.02.2024  14:08 Uhr

Die Apothekerschaft ist sich einig: Die geplante Apothekenstrukturreform, wie sie Gesundheitsminister Karl Lauterbach im Sinn hat, wird die Apotheken nicht retten. Einer der Vorschläge ist, den 3-Prozent-Aufschlag der Apotheken auf den Einkaufspreis für das Handling von Medikamenten in zwei Stufen zu senken: 2025 von 3,0 auf 2,5 Prozent und im Folgejahr auf 2,0 Prozent. Das hier gesparte Geld soll auf das Packungshonorar aufgeschlagen werden (von den 8,35 Euro erst auf 8,54 Euro und im Jahr 2026 auf 8,73 Euro).

Damit sollen vor allem größere Beträge, wie sie bei hochpreisigen Arzneimitteln anfallen, gekappt werden, die vor allem den Grünen ein Dorn im Auge seien, berichtete Hamburgs Kammerpräsident Holger Gnekow bei der ersten Delegiertenversammlung am gestrigen Mittwoch in den Räumen der Kammer. Eine entsprechende Kürzung des 3-Prozent-Aufschlags würde alle Apotheken treffen, betonte Gnekow. »Wir hätten einen Rohgewinnverlust  bei jeder Packung ab einem Einkaufspreis von 65 Euro.« 

»Die einmalige Erhöhung des Packungshonorars würde uns kaum helfen«, ergänzte Ehrenpräsident Kai-Peter Siemsen. »Die Apotheken werden weiter ausbluten, sogar noch schneller als jetzt.« Es gebe jetzt schon viele Apotheken, die die Vorfinanzierung von Hochpreisern nicht mehr hinbekommen.

Diesen Eindruck bestätigte Gnekow und verwies darauf, dass das finanzielle Risiko dann bei den anderen Apotheken akkumuliere. Angesichts steigender Zinsen sei bereits die Vorfinanzierung von Packungen für 5000 Euro zunehmend ein Problem. Zudem könnten es in Zukunft mehr sehr teure Hochpreiser werden, die nicht mehr über die Krankenhausapotheken, sondern die öffentlichen Apotheken gehen, warf die Delegierte Jenny Liu ein und nannte als Beispiel die immer öfter verordneten oralen Krebstherapien.

Hochpreiser mit Hilfe der Apotheken effektiver einsetzen

Gnekow plädiert daher dafür, über die Finanzierung hochpreisiger Arzneimittel grundsätzlich nachzudenken. »Es werden immer mehr Hochpreiser und die killen irgendwann unser gesamtes Gesundheitssystem«, befürchtet der Kammerpräsident. Sie machten derzeit nur 0,5 Prozent der abgegebenen Packungen aus, verursachten aber 35 Prozent des Arzneimittelumsatzes für die GKV. »Das können wir gar nicht bei Omeprazol, Furosemid und Simvastatin einparen.«

Es brauche stärkere Begrenzungen bei den Preisen für die Hochpreiser und einen effektiveren Einsatz – hier sollen sich seiner Meinung nach die Apotheken stärker einbringen, um dem System Geld einzusparen. »Um das Thema wird die junge Apothekergeneration gar nicht herumkommen. Irgendwann werden wir auch priorisieren müssen, wer diese Medikamente noch bekommen darf.« Apotheker könnten zum Beispiel stärker darauf achten, dass sie indikationsgetreu eingesetzt werden.

Die Delegierten diskutierten erste Ideen, wie sogenannte Pay-for-Performance-Modelle, bei denen Pharmafirmen erst ihr Geld erhalten, wenn die Therapie auch anschlägt. Eine andere Möglichkeit könnten demnach Hochpreiser als Kommissionsware sein. 

Dann könnten die Apotheken sich häufigere Mittel wieder mehr ans Lager legen. Überschüssige Ware kann bei diesem Modell später ohne eigene Kosten zurückgegeben werden. Grundsätzlich müsse auch geregelt werden, wer das Risiko trägt bei Bruch, Schwund oder Retaxierungen solcher Packungen. 

Apotheken-Notdienst neu denken

Die Politik werde auch dankbar sein, wenn die Apotheken sich mit besseren Lösungen für die Notfallversorgung einbringen würden, glaubt Gnekow. Gemäß Eckpunktepapier der Regierung soll es demnächst gemeinsame »Notfall-Tresen« der Krankenhäuser und niedergelassenen Ärzte geben, wo eine Triage durchgeführt wird. In den integrierten Notfallzentren soll nach Willen der Politik die Arzneimittelabgabe vor Ort sichergestellt werden.

Damit das nicht in einem Dispensierrecht für die Ärzte münde, müssten die Apotheken hier Gegenvorschläge machen, meint Gnekow. »Denken wir mal anders herum aus Sicht der Patienten: Warum sollte das Medikament nicht von der notdiensthabenden Apotheke zu ihm kommen?«

Das könnte mit dem E-Rezept einfacher werden und sei zumindest für eine Großstadt wie Hamburg denkbar. »Wir brauchen eine zeitgemäße, schnelle Versorgung der Bevölkerung, bei der nicht zu viele von uns unnötig nachts herumstehen und nichts zu tun haben. Dafür werden auch Änderungen diverser Vorschriften nötig sein.«

Andere Ideen der Delegierten waren eine Hotline für Ärzte und Patienten, welche Apotheke das benötigte Medikament vorrätig hat, oder auch eine digitale Lösung hierfür sowie der flexiblere Einsatz angestellter Apotheker in anderen Apotheken. Matthias Wriedt erklärte, in der Schweiz gebe es eine Art Genossenschaftsmodell: Dort betreiben die umliegenden Apotheken eine gemeinsame Räumlichkeit am Notfallzentrum, wo die Apotheker abwechselnd Notdienst leisten statt in der eigenen Apotheke.

Als erste Schritte will die Kammer nun den Notdiensttausch vereinfachen und eine Abfrage starten, wie häufig der Apothekennotdienst in Hamburg derzeit in Anspruch genommen werde, zu welchen Uhrzeiten und wie sich der Anteil von Rx- und NonRx-Artikeln verhält.

»Wir brauchen mehr pharmazeutische Dienstleistungen«

Die Apotheken müssten aber auch noch deutlicher zeigen, dass sie mehr als nur Logistik können. Hier würden sie zunehmend durch KI und Abgabeautomaten ersetzbar, nicht aber in der empathischen Beratung. »Wir brauchen mehr pharmazeutische Dienstleistungen«, so eine weitere These Gnekows. Die bestehenden Möglichkeiten müssten unbedingt weiter ausgeschöpft und dann erweitert werden. Das dafür bereitgestellte Geld sei eine einmalige Chance.

Jede Apotheke sollte zumindest mit den »kleineren« Dienstleistungen sofort anfangen. Hier sei der Aufwand so gering, dass es auch mit wenig Personal gehe. Es gibt nach Aussage einer Delegierten sogar immer noch Apotheken, die wüssten nicht, dass und wie sie zum Beispiel Inhalatorschulungen abrechnen könnten. Hier will die Kammer noch mehr Aufklärungsarbeit leisten und alle Apotheken zum Mitmachen animieren.

Statement der Kammer zur Rechtsstaatlichkeit

Wichtig war es den Delegierten auch angesichts der gesamtpolitischen Lage in Deutschland, ein Zeichen für die Demokratie zu setzen. Daher verabschiedete sie ein entsprechendes Statement:

Des Weiteren wurde über die Finanzierung der Renovierung des ZL-Gebäudes in Eschborn diskutiert, die demnächst ansteht und von allen Apothekerkammern einen Beitrag erfordert. Zudem besprachen die Delegierten, wie die Bezirksversammlungen gemäß der neuen Satzung durchgeführt werden können, um möglichst viele der rund 2700 Hamburger Apothekerinnen und Apotheker zu erreichen. Zudem ist im Sommer eine allgemeine Mitgliederversammlung mit Austausch und Information geplant.

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