HNO-Ärzte wollen Kinder-OPs aus Protest aussetzen |
Eine neue Form des Protests kündigen nun die Hals-Nasen-Ohren-Ärzte an. In einer Mitteilung vom gestrigen Montag rufen der Deutsche Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte (BVHNO) sowie die Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie (DGHNO) dazu auf, aus Protest bestimmte ambulante Operationen an Kindern auszusetzen. »Durch die jahrelange Unterfinanzierung des ambulanten Operierens ist es im gesamten Bundesgebiet zu einem eklatanten Versorgungsnotstand mit monatelangen Wartezeiten auf dringend benötigte Operationen bei kleinen Kindern gekommen. Die jüngste Kürzung der GKV-Erstattungsbeträge für die Eingriffe zum Jahresbeginn hat das Fass zum Überlaufen gebracht«, erklären die Präsidenten der Verbände, Jan Löhler und Orlando Guntinas-Lichius. Es bleibe nichts anderes übrig, als mit einem Aussetzen der Operationen auf die Lage aufmerksam zu machen. »Wir erwarten eine hohe Beteiligung der Kolleginnen und Kollegen an der Aktion. Viele Operateure in OP-Zentren und Kliniken haben bereits das Handtuch geworfen und die Eingriffe aus ihrem Leistungsspektrum gestrichen«, erklären die Verbände.
Konkret geht es insbesondere um die Eingriffe Adenotomie mit Paukenröhrchen, bei der die Rachenmandel (kindliche Polypen) entfernt und die Belüftung des Mittelohrs verbessert werden, sowie um die Tonsillotomie, die operative Teilentfernung der Gaumenmandel. Beide Eingriffe werden laut den Verbänden in der Regel bei Kindern zwischen dem zweiten und achten Lebensjahr vorgenommen. Die Bedeutung dieser Eingriffe für die Patienten ist den Medizinern sehr wohl bewusst. Guntinas-Lichius dazu: »Je länger eine Mittelohrerkrankung bestehen bleibt, umso mehr steigt die Gefahr, dass sich eine bleibende Hörstörung ergibt. Bei kleinen Kindern kann sich die Sprachentwicklung verzögern. Beides ergibt einen neuen und langfristigen Therapiebedarf.«
Zum Hintergrund: Im Dezember 2022 hatten der GKV-Spitzenverband und die Kassenärztliche Bundesvereinigung den Verbänden zufolge eine Teilreform des ambulanten Operierens beschlossen. Mit dem Beschluss wurden Eingriffe der Kategorien N1 bis N3 in der Vergütung abgesenkt. Aus Sicht der Mediziner sind die Eingriffe aber nicht mehr wirtschaftlich darstellbar: »Die meisten Operateure haben die kleinen Patienten bisher trotz der unzureichenden Finanzierungsgrundlage versorgt und mitunter sogar bei den Operationen Geld draufgezahlt. Damit ist nach der Entscheidung, ab 2023 die Bewertung der Eingriffe abzusenken, jedoch Schluss.« Die Entscheidung sei von den ambulanten Operateuren mit Fassungslosigkeit aufgenommen worden, so Löhler. Der Aufruf, die Adenotomie und die Tonsillotomie nicht mehr anzubieten und keine entsprechenden Termine mehr zu vergeben, gelte so lange, bis es eine gesicherte Zusage für eine deutliche Anhebung der Bezahlung gebe, kündigten die Verbände an. Ziel sei es, als Sofortmaßnahme die Vergütung der Kinder-Operationen aus dem Honorarkatalog der Mediziner (EBM) auszugliedern.