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Virologie

Hilft ein Bandwurmmittel gegen Coronaviren?

Wissenschaftler haben einen zelleigenen Recycling-Mechanismus gefunden, der als Angriffspunkt für die Bekämpfung von Coronaviren dienen könnte.
Sven Siebenand
31.01.2020  12:36 Uhr

Forscher des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) an der Berliner Charité, der Uniklinik Bonn und dem Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München stellen im Fachjournal »Nature Communications« aktuell die sogenannte Autophagie und Autophagie-fördernde Wirkstoffe vor. Als Autophagie bezeichnet man einen Prozess, den Zellen nutzen, um beschädigtes Material und Abfallprodukte abzubauen. Die übrigbleibenden Bausteine stehen dann wieder für den Aufbau neuer Zellstrukturen zur Verfügung. Auch Bestandteile von Krankheitserregern wie Viren werden bei der Autophagie als Abfallprodukte erkannt und entsorgt.

Mittlerweile haben aber einige Viren Strategien entwickelt, um dieser »Müllabfuhr« zu entkommen. Zu diesen Viren zählt auch das MERS-Coronavirus (Middle East Respiratory Syndrome), welches 2012 erstmals beim Menschen auftauchte und eine schwere Lungenentzündung hervorrufen kann. Seit der Entdeckung des Virus wurden der Weltgesundheitsorganisation WHO rund 2.500 MERS-Fälle in 27 Ländern gemeldet, etwa ein Drittel der Infizierten starb.

In ihren Untersuchungen konnten die Wissenschaftler zeigen, dass der Autophagie-Prozess in MERS-infizierten Zellen gestört ist. Sie entdeckten zudem einen bisher unbekannten molekularen Schalter, der für den Ablauf der Autophagie wichtig ist: das Protein SKP2 (S-Phase-Kinase-assoziiertes Protein 2). Dem MERS-Virus gelingt es, diesen Schalter zu aktivieren, drosselt damit die Recycling-Maschinerie und entgeht so dem eigenen Abbau.

Im folgenden Schritt behandelten die Forscher MERS-infizierte Zellen mit verschiedenen SKP2-Hemmern, um den Entsorgungsprozess wieder anzukurbeln. Dies war erfolgreich: Die Vermehrung des Virus wurde sehr deutlich reduziert. Positiv ist, dass sich unter den getesteten SKP2-Inhibitoren auch bereits zugelassene Wirkstoffe befinden, zum Beispiel das Bandwurmmittel Niclosamid. Auch dieser Wirkstoff war bei den Versuchen in der Lage, die Vermehrung des MERS-Erregers in den Zellen deutlich zu verringern.

»Unsere Ergebnisse zeigen, dass SKP2 ein vielversprechender Ansatzpunkt für die Entwicklung neuer Wirkstoffe gegen das MERS-Virus und möglicherweise auch gegen andere Autophagie-abhängige Viren ist«, so Privatdozent Dr. Marcel Müller von der Berliner Charité in einer Pressemitteilung. Da SKP2-Hemmer nicht das Virus direkt angreifen, rechnet er bei ihrem Einsatz mit einer geringeren Gefahr der Resistenzbildung. »Für den Einsatz von SKP2-Hemmern als Medikamente fehlen allerdings noch Tests im Organismus. Außerdem ist eine klare Risiko-Nutzen-Abwägung nötig, da auch bereits zugelassene Medikamente Nebenwirkungen haben können«, so der Virologe.

Zusätzlich wollen die Wissenschaftler testen, ob SKP2-Hemmer auch gegen verwandte Coronaviren, etwa den SARS-Erreger, aktiv sind. Aus aktuellem Anlass kündigen sie ferner an, zu prüfen, ob die Mittel auch gegen das derzeit zirkulierende neue Coronavirus 2019-nCoV aktiv sind.

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