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Studieren in Pandemiezeiten
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Herausforderung für Unis und Studenten

Wie studiert man Pharmazie in Pandemiezeiten? Momentan überschlagen sich die Informationen. Von einem koordinierten Vorgehen kann keine Rede sein. Das macht ein Planen für Studierende und Hochschullehrer sehr schwierig.
AutorKontaktTheo Dingermann
Datum 17.03.2020  10:26 Uhr

Dass man in absehbarer Zeit mit einer gewissen Spontanität bei der Entscheidungsfindung zur Umorganisation des Pharmaziestudiums rechnen muss, wird deutlich, wenn man nachfragt. So antwortete Professor Dr. Manfred Schubert-Zsilacevz, Vizepräsident der Goethe-Universität Frankfurt am Main und dort auch pharmazeutischer Hochschullehrer, auf die Frage, wie es konkret mit dem Pharmaziestudium in Pandemiezeiten weitergeht, dass »man dies momentan noch nicht genau sagen« kann. Und er fügt hinzu, dass in dieser Hinsicht seine Heimat Österreich im Vorteil ist, da dort die Österreichische Hochschulkonferenz das Pharmaziestudium koordiniert. Hier in Deutschland hingegen haben die 16 Bundesländer das Sagen.

Wie schnell die Frage nach der Studierbarkeit von Pharmazie konkret werden kann, zeigt sich am Beispiel Sachsen-Anhalt. Dort hat am 12. März der Wissenschaftsminister »in Absprache mit den Leitungen der Hochschulen des Landes entschieden, den Beginn des Lehrbetriebs im Sommersemester – wie in mehreren anderen Bundesländern – auf den 20. April 2020 zu verschieben […]. Zudem sollen auch Prüfungen, die in den kommenden Tagen und Wochen geplant sind, verschoben werden«. Dies hatte zur Folge, dass die Prüfungen des Ersten Pharmazeutischen Staatsexamens nur teilweise in den Räumen der Martin-Luther-Universität Halle stattfinden konnten. Für den letzten Prüfungstag war man somit gezwungen, das Staatsexamen abzusagen. Die vierte Prüfung muss nachgeholt werden.

Meldungen aus den Landesministerien

Ab Dienstag, den 10. März, liefen reihenweise Meldungen ein, wie einzelne Bundesländer den aktuellen Hochschulbetrieb regeln. All diese Maßnahmen zielen darauf ab, einer weiteren Ausbreitung des Coronavirus entgegenzuwirken. Diesem klar und einheitlich definierten Ziel steht ein chaotisch anmutendes Bild an ministeriellen Empfehlungen und Anordnungen gegenüber. Dabei den Überblick zu behalten, wird zur Herausforderung.

Anweisungen kommen zudem auch von den einzelnen Hochschulen. Und auch hier überschlugen sich die Ereignisse. Wurde beispielsweise am Freitagmittag von einem Dekanat noch mitgeteilt, dass laufende oder geplante Blockveranstaltungen wie Praktika und Seminare sowie Klausuren unter Berücksichtigung der derzeitigen behördlichen Empfehlung weiterhin durchgeführt werden können, folgte am Wochenende die Nachricht, dass alle im Moment laufenden oder geplanten Praktika einzustellen beziehungsweisen auszusetzen sind.

Föderale und nationale Aspekte

Zwar ist unser Bildungssystem föderal organisiert. Doch insbesondere das Pharmaziestudium ist wegen der einheitlich geltenden Approbationsordnung auch stark national beeinflusst.

Hinzu kommt, dass circa 40 Prozent des Pharmaziestudiums in Form von Laborpraktika organisiert ist. Lassen sich für Vorlesungen und vielleicht auch mit Einschränkungen für Seminare online-Formate organisieren, ist dies für Praktika natürlich nicht denkbar. Somit ist klar, dass es unter den gegebenen Bedingungen zu Verschiebungen im Ausbildungsbetrieb kommen muss. Und ebenso ist klar, dass auch die Prüfungstermine verschoben werden. Das mag für das zweite und dritte Staatsexamen noch einigermaßen gut zu regeln sein. Problematisch wird es im Falle des ersten Staatsexamens, das deutschlandweit einheitlich durchgeführt wird. Da stellt sich die Frage, wie dieses Problem konkret gelöst wird.

Komplexe Terminfindung

Eine Nachfrage beim Institut für Medizinische und Pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) schafft zunächst keine Klarheit. Professor Dr. Klaus Höcherl, der neue Leiter des Fachbereichs Pharmazie, erklärt auf Nachfrage, dass das IMPP bezüglich der Terminsetzung keine Zuständigkeiten besitzt. Dies sei Sache der Landesprüfungsämter. Diese müssen sich Höcherl zufolge zu gegebener Zeit auf einen Termin verständigen. Es bleibt zu hoffen, dass dies mit ausreichend Vorlauf erfolgt. Denn die Studierenden brauchen Terminsicherheit, um sich unter fairen Bedingungen auf das wichtige erste Staatsexamen vorbereiten zu können.

In Sachsen-Anhalt etwa steht man nun vor dem Problem, eine Teilprüfung des ersten Staatsexamens nachholen zu müssen. Dass dazu ein neuer Fragenkatalog zu erarbeiten ist, steht außer Frage. Dies jedoch ist eine massive Abweichung von dem Prinzip des einheitlichen Prüfprinzips für das erste Staatsexamen in Deutschland.

In einer E-Mail an die pharmazeutischen Hochschullehrer formuliert der Vorsitzender der Konferenz der Fachbereiche Pharmazie, Professor Dr. Bernd Clement, sehr treffend, dass »die Approbationsordnung keinen ›Notfallparagraphen‹ oder ähnliches kennt«. Daher gilt es, nach relativ spontanen, aber dennoch mit allen Stakeholdern sorgfältig abgestimmten Lösungen zu suchen. Denn schließlich droht einer ganzen Kohorte von Studierenden, ihr Studium mindestens ein halbes Jahr später zu beenden.

Der 3. Ausbildungsabschnitt

Natürlich ist auch der dritte Ausbildungsabschnitt betroffen. Hier ist seit letzter Woche zumindest für Hessen klar, dass die begleitenden Unterrichtsveranstaltungen als Webinare stattfinden werden. Das ist allerdings keine triviale Umstellung: »Vielmehr ist der organisatorische Aufwand enorm«, betont die Präsidentin der LAK-Hessen Ursula Funke. Trotz des hohen Aufwands werden womöglich auch andere Apothekerkammern diesen Weg beschreiten, sodass nach heutigem Stand von diesem Teilaspekt des Pharmaziestudiums keine Verzögerung der Ausbildung nicht zu erwarten ist.

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