Hautscans in die Apotheke holen |
Gut- oder bösartig? Die Auflichtmikroskopie mittels Dermatoskop beim Hautarzt ist die beste Methode, um auffällige Hautveränderungen zu erkennen und Hautkrebs zu diagnostizieren. Künstliche Intelligenz kann unterstützen. / © Paz Ruiz Luque
Ende August ist der Drogerieriese dm in die Gesundheitsvorsorge eingestiegen und bietet in ausgewählten Filialen Haut-, Augen- und Blutchecks an. Die Hautanalyse-Stationen sind der Gesellschaft für Dermopharmazie (GD) ein Dorn im Auge, wurde bei deren Jahrestagung deutlich. »Das Geschäftsmodell kratzt an rechtlichen Tabus. Zudem ist im Falle von auffälligen Befunden die Anbindung an die Facharztpraxis völlig unklar«, sagte die GD-Vorsitzende Professorin Petra Staubach von der Universitätsklinik in Mainz.
In Zusammenarbeit mit niedergelassenen Apotheken könnte ein prinzipielles Haut-Präventionsangebot laut Dermatologin Staubach qualitativ besser laufen. Die Apotheke sei der geeignete Ort, in Sachen Hautgesundheit aktiv zu werden; die von der GD zertifizierten Haut-Apotheken stünden bereits seit Jahren für fachliche Expertise. »Wir müssen die Versorgungsstrukturen nutzen, die bereits vorhanden sind, und nicht krampfhaft etwas Neues aufbauen. Wir sollten uns nicht von anderen Anbietern die Butter vom Brot nehmen lassen, sondern Gegenangebote machen.«
Genau das ist erfolgt: Die GD hat gemeinsam mit dem Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) und dem Deutschen Apothekerverband (DAV) ein Pilotprojekt in der Versorgungsforschung beantragt, bei dem KI-gestützte Hautscans in Apotheken möglich sein sollen. »Durch eine Schulung wird das pharmazeutische Personal in den Hautapotheken eigens für die Hautanalyse geschult und qualifiziert. So könnte man vorhandenes Potenzial und Expertise nutzen – zum Wohle und zur besseren Versorgung der Patienten«, zeigt sich Staubach, die selbst auch PTA ist, zuversichtlich bezüglich der Genehmigung des Projekts.
Bei dm ist an eigenen Hautanalyse-Stationen in bislang wenigen Märkten und über jedes Smartphone ein Hautcheck per KI machbar. Über die einfache Hautanalyse – plus sofortiger Empfehlung dazu passender zahlreicher Pflegeprodukte aus dem eigenen Sortiment mit Warenkorb-Funktion – hinaus bewirbt die Drogeriekette dabei auch den Service ihres Partners Dermanostic, ernsthafte Hauterkrankungen bis hin zu schwarzem Hautkrebs online diagnostizieren zu lassen. »Wer diese Fälle dann im Zweifelsfall vor Ort in der dermatologischen Praxis behandelt, bleibt angesichts voller Wartezimmer offen. Von der Erwartungshaltung der Patienten, dass das auffällige Hautmal von uns kostenfrei herausgeschnitten wird, mal ganz abgesehen«, schilderte die Dermatologin.
In der Tat: Eine nicht unerhebliche Anzahl der Nutzer von Online-Hautchecks kann gar nicht abschließend rein digital versorgt werden, heißt es von Seiten des BVDD. Etwa 30 Prozent der Fälle benötigten eine rezeptpflichtige medizinische Behandlung und mindestens 8 bis 10 Prozent der Anfragen seien überhaupt nicht für eine telemedizinische Konsultation geeignet.
Dass KI-gestützte Programme in der Lage sind, klinische und dermatoskopische Bilder sehr präzise zu analysieren und bei der Hautkrebsvorsorge zu unterstützen, steht außer Frage. Das hat erst kürzlich eine große Studie wieder gezeigt, heißt es etwa in einer Pressemitteilung der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Onkologie. »Prinzipiell stehen die Ärzte innovativen Versorgungsmodellen und digitalen Lösungen offen gegenüber – Hautkrebs-Screening ist eine gute Sache –, aber das Drogerie-Projekt trägt nicht dazu bei, die Versorgung Hautkranker zu verbessern«, betonte Staubach.